Kapitel 2

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Trotz der Tatsache, dass es jedes Jahr das Gleiche war, war Kovu dennoch erneut erschrocken. Sein Handy zeigte 19:03, doch der Himmel war bereits dunkelblau. Ein heller Schein umgab die Lampen des ehemaligen Schrottplatzes und Kovu schlüpfte in seine Cordjacke. Herbst war eine dieser Jahreszeiten, auf die man sich zwei Wochen lang freut, aber nach dem vierten kalten Tag hat man schon keine Lust mehr. Der Sommer war ihm zu warm, der Winter zu kalt und Frühling sowie Herbst waren unberechenbar. Man packt sich warm ein, wenn es dann doch plötzlich 18°C sind.
»Ich geh jetzt nach Hause.« Renee zog den Reißverschluss ihrer Jacke zu und warf sich den Rucksack auf den Rücken. »Es ist zwar dunkel, aber noch nicht spät«, sagte der Rothaarige, als er die Uhrzeit auf seinem Handy nochmals prüfte. »Ich muss noch lernen, wir schreiben morgen doch Englisch, hast du das vergessen?« Kovu schaute von seinem Handy auf und sah seine Freundin an, als hätte sie etwas kontroverses gesagt. »Du musst dich dringend mal besser sortieren. Wenn du immer nur am Abend vorher lernst, dann wird das nichts. Oder hast du etwa ein fotografisches Gedächtnis?« Er schüttelte den Kopf, steckte sein Handy in den Rucksack und sprang von der Motorhaube des Wagens, um sich mit Renee auf den Weg nach Hause zu machen. Sie liefen zu ihren Fahrrädern, die an einem Baum gelehnt waren. Ihre Häuser lagen ziemlich nah beieinander, weshalb Kovu und Renee viele Strecken gemeinsam fuhren.

»Kommst du mit? Ich geh noch ein bisschen für Englisch lernen.« Evie zeigte mit dem Daumen über ihrer Schulter zum leeren Tisch, an welchem bereits ihre Tasche stand. »Nimm es mir nicht übel, aber ich kann mich da nicht wirklich konzentrieren. Du kannst ruhig lernen, aber ich glaube, ich schau mal, wo Renee steckt.« Evie nickte und lächelte ihm noch kurz zu, bevor sie sich an den Tisch setzte.

Das Schulgelände war groß und auch wenn Kovu sich bereits auskannte, hatte er trotzdem Schwierigkeiten, seine Freundin zu finden. Er versuchte nicht ganz so verloren auszusehen während er nach ihr suchte und holte sein Englischbuch raus. Er nutzte es nicht wirklich um zu lernen, er hielt es bloß nutzlos in der Hand, während er Ausschau nach Renee hielt. Er sah sie erst auf dem zweiten Blick, die weiten Klamotten kamen ihn dann doch sehr bekannt vor. Sie lief gerade die Stufen hoch, welche zum kleineren Schulhof führten. Er beschleunigte seinen Schritt und sie hatte einen verwirrten Gesichtsausdruck, als sie ihn entdeckte. »Du verbringst doch nie die Pause mit mir? Warum kommst du zu mir?« Sie versuchte ihre Haare hinters Ohr zu schieben, aber sie fielen ihr wieder ins Gesicht. »Evie will noch lernen, aber ich finde es da zu laut. Ich glaube, ich tue mir keinen Gefallen, wenn ich jetzt noch versuche, zu lernen. Wohin gehst du?«

»Nia hatte Bio und ich hole sie ab, wie jeden Donnerstag.« Nia war Renees Freundin, welche er vor einigen Wochen kennengelernt hatte. Er hatte sie auf dieser Schule noch nie wirklich vorher gesehen, obwohl sie bereits vor zwei Jahren aus Texas hierher gekommen war. Er redete nicht oft mit ihr, da er selten die Gelegenheit dazu hatte, aber er konnte voll und ganz verstehen, warum Renee sie so toll fand.  Sie war einer dieser Menschen, dessen Art einfach so herzerwärmend ist, dass man sie direkt ins Herz schloß. Ihre Haare waren um einiges lockiger als die von Renee und sie trug andauernd kräftige Farben, die bei ihrer dunklen Haut immer richtig gut aussahen. Kovu wusste nicht, wie lange die beiden schon ein Paar waren, aber er konnte sich noch sehr gut an den Moment erinnern, als Renee es ihm erzählte. Sie hatte vorher noch nie etwas von ihrer Sexualität erwähnt und als er eines Tages in ihrem Zimmer saß, erzählte sie es ihm unter Tränen. Sie wusste einfach, dass er sie niemals verurteilen würde und dies war auch der Grund, warum er der Erste war, dem sie es erzählte. Eigentlich auch der Letzte. Evie hatte sie es auch erzählt, aber sie empfand nicht den Drang, ein großes Ding draus zu machen, da es ja auch keins war. Sie fingen an, händchenhaltend über den Schulhof zu laufen und wer kurz drüber nachdachte, konnte darauf kommen, dass sie zusammen waren. Anfangs tuschelten einige, allerdings verstanden sie zum Glück schnell, wie normal das eigentlich war und wie gut die beiden zusammenpassten. Sie waren eines der beliebtesten Schulpärchen, da man die Chemie zwischen ihnen einfach spürte.

Die gelben Spangen in ihrem Haar waren das erste, das Kovu auffiel, als sie lächelnd auf sie zugelaufen kam. Renee umarmte sie, gab ihr einen Kuss und redete kurz mit ihr über die Pläne des anstehenden Wochenendes. »Schön, dass du auch mal bei uns bist, Kovu.« Sie lächelte und legte den Kopf etwas schief, während sie mit ihm redete. »Sehe ich auch so.«

KovuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt