Der Mitbewohner

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Mit schmerzenden Gliedern erwachte Ayano und öffnete langsam ihre Augen. Sie war in einem ihr unbekannten Raum, welcher recht schlicht eingerichtete war. Wie war sie hier her gekommen?
Benebelt von den Schmerzen fasste sie sich an ihren brummenden Kopf und setzte sich vorsichtig auf. Sie lag auf einem schmalen Bett neben welchem sich ein Schreibtisch und ein Stuhl befanden. Nichts deutete darauf hin wer hier wohl eigentlich wohnte. Es gab einen Kleiderschrank welcher aber wohl leer war so wie sie es grade einschätzen konnte. Da ihr Arm zu sehr schmerzte senkte sie diesen wieder und sah dann zu ihrer Überraschung, dass dieser bandagiert war. Was war passiert? Warum war sie verletzt und warum war sie hier? Es schien als könnte sie sich nicht daran erinnern. Alles was sie noch wusste war das sie zum Kendo Turnier gefahren war. An mehr jedoch erinnerte sie sich nicht. Weder ob sie gewonnen hatte, noch wie viel zeit seit dem wohl vergangen war. Durch das schmale Fenster konnte sie sehen wie es langsam schon dämmerte. Es war also am späten Nachmittag. Aber welches Datum war wusste sie nun wirklich nicht mehr.
Als sie grade aufstehen wollte vernahm sie Schritte vor der Tür und eine Frau trat ein. Geschätzt vom äußeren her war sie Mitte 20 anfang 30. Ihre blonden gewellten Haare gingen bis zur ihrer Brust. Die Frau sah zum Bett und schien überrascht. „Oh du bist schon wach? Das ist gut. Ich werde dann gleich Bescheid sagen. Komm mit du hast sicher hunger." Auch wenn die Frau nicht lächelte, so hatte sie doch eine freundliche Stimme und wartete geduldig bis Ayano aufstand. „Ja, was zu essen wäre nicht schlecht.." Stimmte sie zu folgte der Frau einen schmalen Flur entlang. Das Haus in welchem sie sich befanden schien alt, aber nicht Marode. „Du kannst mich übrigens gerne Vermouth nennen." Sprach die Frau während sie eine Treppe runtergingen und eine kleine aber gemütliche Küche betraten. „Setz dich, ich schau mal was wir dahaben." Meinte die Frau die sich selbst Vermouth nannte und ging zum Frühstück. Etwas unsicher sah sich Ayano um während sie sich dann setzte. Ihr taten die Beine weh. Als sie an sich heruntersah war sie verwirrt. Sie trug weder ihre Schuluniform, noch ihre Kendokleidung oder insgesamt Kleidung die ihr bekannt war. Es war eine schwarze weite Hose und ein lockeres top. Ihre Gedankengänge warum sie hier war und das wie, wurden durch einen Teller unterbrochen der vor sie gestellt wurde. „Hier, es sind zwar nur Sandwiches, aber für den Anfang immerhin etwas. Ich hole die anderen in der Zeit." Und schon ließ die frau das verwirrte Mädchen mit den Sandwiches alleine. Die Frau kannte sie schon mal nicht dass konnte sie ermitteln, aber für den Rest gab es noch immer keine Erklärungen. Wurde sie entführt? Nein, sicher nicht dann wäre man nicht so freundlich zu ihr. Nachdenklich fing sie an, erst zögerlich, und dann gierig, die Sandwiches zu verspeisen.

Sie widmete sich grade dem letzten auf dem Teller als sie auch schon Schritte hörte. Ayano hob den Blick und sah zwei schwarzgekleidete Männer, gefolgt von Vermouth eintreten. Der eine der Männer hatte langes Silber/graues Haar und stechend grüne Augen die jedoch durch einen Hut etwas verdeckt wurden, und doch konnte sie diesen durchdringenden Blick wahrnehmen. Der Mann daneben, war etwas kleiner, breiter und verdeckte seine Augen mit einer schwarzen Sonnenbrille. Der größere der beiden schien Ayano kaum zu beachten und setzte sich ihr gegenüber auf einen Stuhl, überschlug die Beine, lehnte sich zurück und zündete eine Zigarette an, während die anderen zwei stehen blieben. Etwas unsicher sah Ayano von dem Mann zu Vermouth welche leicht genervt von dem Verhalten des Mannes schien. Jedoch sagte keiner etwas, ehe sich der Mann mit der Sonnenbrille schließlich räusperte. „Es ist gut das du wach bist Ayano. Wir...haben uns schon Sorgen gemacht ob es vielleicht doch etwas Schlimmeres war." Verwundert sah sie zu dem Mann welcher sie durch die Sonnenbrille hindurch anzusehen schien. Er wusste wie sie hieß, also kannte sie wenigstens ihn. „Entschuldige....Sie kennen meinen Namen...aber ich kann mich leider nicht an Ihren erinnern..." Meinte sie entschuldigen und unsicher in welcher Beziehung sie zueinander standen. „Das ist doch kein Problem. Bei so einem Unfall kann es öfter mal passieren dass man eine Amnesie erleidet. Also der Mann hier mit der Sonnenbrille ist Wodka und der andere neben dir ist Gin. Ihr wart zusammen unterwegs, jedoch hat dich ein Auto angefahren wodurch du auch die Verletzungen und den Gedächtnisverlust her hast."
Ayano sah Vermouth nur nickend an. Ja, das erklärte so einiges. Aber dennoch wusste sie nicht woher sie die Männer kannte, auch wenn sie ihr bekannt vorkamen. Die Alkoholischen Namen waren wohl Spitznamen unter Freunden, wahrscheinlich Lieblingsgetränke. Wodka unterbrach ihre Gedankengänge. „An was kannst du dich denn noch erinnern?" Er schien neugierig was aber bei einem Gedächtnisverlust nichts Verwunderliches war. „Ich weiß nur noch dass ich auf dem Weg zum Kendoturnier war, allerdings erinnere ich mich nicht an die Kämpfe selbst...." Erklärte Ayano nachdenklich und legte dabei etwas den Kopf schief. „Wie lange war ich denn Bewusstlos?" Wodka sah erst Ayano an und sah dann zu Vermouth welche auch das Sprechen übernahm. „Nur einen Tag..." sprach sie. Ayanos blick glitt zu Gin rüber welcher Stumm seine Zigarette rauchte und das Mädchen kein Stück aus den Augen lies. Ertappt von seinen Blick sah sie schnell auf den Teller vor sich. Sie kannte die Männer also, aber woher? Hatten sie sich beim Turnier kennengelernt oder erst danach? Sie war sich sicher, davor sicher nicht aber sie war ihnen dankbar dass sie sie aufgenommen haben während sie nicht fähig war alleine zu sein. Während sie nachdachte breitete sich eine unangenehme Stille aus.

„Na komm wir sollten jetzt zum Chef. Er wird sich freuen das du endlich wach bist. Als er gehört hatte das du einen Unfall hattest war er betrübt." Sprach Vermouth um die Stille zu durchbrechen und räumte den Teller weg, während Gin aufstand und seine, mittlerweile zweite, Zigarette im Aschenbecher ausdrückte. „Komm!" Mehr brachte seine kalte, leicht rauchige Stimme nicht hervor ehe er auch schon den Raum verließ. Bildete sie es sich ein oder war er mehr als genervt von der momentanen Situation? Eilig folgte Ayano ihm dann, gefolgt von Vermouth und Wodka. Sie betraten eine Garage welche direkt vom Haus aus begehen werden konnte. Dort standen ein Motorrad und ein Auto. Besser ein Schwarzer Porsche. Auch wenn sie sich nicht richtig erinnern konnte so wusste sie genau dass sie das Auto kannte. Schließlich war so ein Wagen in den Straßen Japans nicht alltäglich. Sie stieg mit den Männern ins Auto und nahm auf der sehr schmalen Rückbank Platz. Vermouth jedoch setzte sich ein Helm auf und stieg auf das Motorrad, eine Harley-Davidson. Wodka setzte sich ans Steuer während Gin es sich auf den Beifahrersitz gemütlich machte. Somit Hatte er über den Rückspiegel Ayano perfekt im Blick welche hinter ihn saß. Die fahrt verlief schweigsam, während Vermouth ihnen hinterherfuhr. Jedoch anstatt in die Stadt zu fahren, blieben sie eher auf ländlichen Straßen wo alles gleich aussah. Ayano hatte zig Fragen im Kopf, schwieg aber lieber da Gin eh schlechte Laune zu haben schien. Nach gefühlten zwei Stunden hielten sie dann vor einer alten Villa. Weit und breit sah sie nur Felder und Wald. „Na komm wir haben nicht ewig Zeit!" Raunte Gin sie an. Sie hatte nicht bemerkt dass die Männer schon ausgestiegen waren und ungeduldig auf sie warteten. Etwas unsanft stieß er ihr in den Rücken nachdem sie ausgestiegen war, damit sie sich beeilte und Vermouth, welche vorging, in das Haus folgte.

Unsicher betrat sie das Haus mit den anderen drei und sah sich um. Es war recht dunkel gehalten und doch konnte man sehen dass es recht luxuriös eingerichtet war. Sie gingen durch die Eingangshalle zu einer recht großen Treppe und gingen diese hoch einen Flur entlang. Wodka klopfte an die Tür am Ende des Ganges und ging dann rein, dicht von den anderen gefolgt. Ayano die zwischen Gin und Vermouth war, fühlte sich recht unwohl zumal Gin stets hinter ihr blieb und sie nicht aus den Augen ließ. In den Raum den sie betraten war es dunkel und man konnte nur Bildschirme, einen Schreibtisch und einen Stuhl erkennen auf welchen eine Person saß. Vermouth stellte sich an der Tür hin, während sich Gin und Wodka seitlich neben sie stellten. „Sehr schön. Du bist endlich wach. Wie geht es dir Ayano?" Die Stimme klang Männlich und recht alt, es könnte aber auch täuschen durch eine Maske. „Danke..soweit geht es ich..." sie kam nicht weiter da Gins Stimme sie unterbrach. „Sie hat Amnesie. Sie weiß nichts mehr bis zu dem Turnier und auch nicht mehr wer wir sind." Sprach er mit leicht abfallendem Tonfall und grinste dabei etwas, als würde es ihn freuen. „Ich verstehe komm her kleines." Sie zögerte etwas zu der ausgestreckten Hand zu gehen, jedoch schubste Gin sie unsanft nach vorne so dass sie etwas stolperte und ihre Hand unsicher in die des Mannes legte. Vom Gefühl der Haut her würde sie schätzen dass er mindestens Anfang 50 ist. „Wir tun dir nichts hab keine Angst. Aber wie Gin und Wodka dir schon erzählt hatten, was aber sicher durch die Amnesie vergessen wurde, brauchen wir deine Fertigkeiten bei uns in der Organisation. Deine Auffassungsgabe ist sehr nützlich dafür und auch deine Art Sachen zu lernen. Wir wollen nur das Beste für die Menschen. Willst du uns helfen und uns beitreten?"
Ayano zögerte etwas. An sich klang es nicht falsch und irgendwie kam ihr die Erklärung bekannt vor. Sie überlegte etwas ehe sie nickte. „Gut, ich werde euch helfen. Was muss ich denn machen?" Der Mann lachte und ließ ihre Hand los. „Das werden wir dir noch früh genug sagen. Du musst dich nur erst einmal einen Gesundheitstest durchziehen. Wir wollen ja schließlich dass du gesund bleibst. Gin bringt dich gleich hin. Und noch etwas, damit niemand weiß das du für uns arbeitest und dir was antun kann um unser Vorhaben zu verhindern, musst du deinen Namen ablegen und wirst ab heute Cidre heißen. Bist du damit einverstanden?" Etwas komisch kam es ihr schon vor aber sie nickte dennoch. Beim FBI war es ja schließlich auch so das man unter Decknamen arbeitete oder? „Ja, ich bin damit einverstanden und stimme zu"
„Dann geh jetzt mit Gin mit. Er wird dir alles weiter zeigen und erklären..." Meinte er, ehe sie auch schon unsanft am Arm gepackt wurde. „Trödel hier nicht so lange rum! Es gibt noch eine Menge zu tun!" Meinte der langhaarige und würdigte sie dabei keines Blickes ehe er sie mit sich zog. Sie gingen den Flur runter und die Treppe hinab, jedoch bleiben sie nicht im Erdgeschoß. Er ging In einen anderen Raum wo eine Treppe nach unten führte. Ohne drauf zu achten ob sie Schritt halten konnte zog er sie am Arm mit in den Keller und schob sie dann in einen hellen, weißen, sterilen Raum, wo auch schon allen Anschein nach Ärzte warteten.
„Wie ist dein Name?" fragte eine der Ärzte sofort während die anderen schon alles vorbereiteten. „Mein Name ist Aya....Cidre...ich heiße Cidre." Korrigierte sie schnell als sie Gins finsteren blick sah, der ihr zu drohen schien. Der Arzt setzte sich an den PC und tippte etwas ein. „Gut leg dich auf die Liege. Wir fangen Sofort an." Meinte er ehe Ayano auch schon gehorchte und zur Liege ging während Gin rausging und es vorzog vor der Tür zu warten.

Es dauerte eine ganze Weile ehe er sie holen konnte. Es wurde schließlich alles überprüft. Herz, Lunge, Niere, Leber, Gehirnfunktionen. Zumal bekam sie auch mehrere Spritzen. Auch wurden ihr natürlich Körpergröße und aktuelles Gewicht abgenommen sowie Fingerabdrücke und anderweitiges. Nichts wurde bei diesen Untersuchungen ausgelassen. Insgesamt dauerte das alles vier Stunden was Gin anpisste. Er musste in ihrer Nähe bleiben und konnte in der Zeit nicht einmal rauchen, da es Rum vorzog dass das Gebäude rauchfrei blieb. Nachdem der Arzt durch das Fenster das Zeichen gab, betrat der skrupellose Killer den Arzt Raum und ging auf das Mädchen zu welches sich grade ihre Kleidung richtete.
„Befehl von Rum, du darfst zwar in deiner Wohnung bleiben, ich soll aber bei dir einziehen solange bis deine Einweisung vorbei ist." Meinte er angepisst und fügte auf ihren fragenden Blick hinzu: „Rum ist dem Mann dem du vorhin begegnet bist." Er sah sie nur irritiert nicken wobei das rote Haar etwas hin und her schwang. Nachdem ihre Kleidung halbwegs an Ort und Stelle saß, ging er los aber diesmal ohne drauf zu achten ob sie ihn folgte oder nicht. Seine Laune war auf dem Tiefpunkt angekommen. Er durfte Babysitter spielen für ein potenzielles neues Mitglied. Als wäre das nicht schlimm genug ist es auch noch dieses Mädchen welches ihn in der Bar so neugierig gemacht hatte und sein Interesse geweckt hatte.
„Damit das klar ist du wirst mir in der Zeit nicht auf den Sack gehen, mich nicht mit Fragen lochen und mir keine Last sein ist das klar?!" Fragte er sie nachdem sie zum Auto gegangen waren und er sich hinter das Lenkrad gesetzt hatte. Er beobachtete wie sie sich unsicher auf die Beifahrerseite setzte und wartete nicht ab bis sie angeschnallt war ehe er schon losfuhr. „Ich habe dich gefragt ob du es verstanden hast?!" Brachte er dann genervt, aggressiv hervor nachdem er keine Antwort von ihr erhalten hatte. „J..ja verstanden...." Meinte sie eingeschüchtert. Er verstand es nicht. Warum war sie plötzlich so eingeschüchtert. Als er sie gesehen hatte machte sie den Anschein dass sie schlagfertig war und sich so leicht nichts bieten lassen würde. „Auch wenn unsere Arbeit viel Zeit in Anspruch nimmt, du wirst weiterhin zur Schule gehen und zum Kendo Training. Den Rest der Zeit wirst du uns helfen. In der Schule und im Training verwendest du dein Namen auf dem Personalausweis. Du sagst niemanden, dass du in einer Organisation bist. Wenn doch...wirst du sehen was du davon hast." Kurz sah er von der Straße zu ihr. Ihre blauen Augen sahen ihn überrascht an ehe sie den Blick senkte als sie sah dass er sie anstarrte. „Ja ist gut...aber...was genau machen wir eigentlich...also wie gehen wir vor?"
Gin musste etwas grinsen ehe er sich nebenbei eine Zigarette anmachte. Ihm war es egal ob es sie störte oder nicht. Es war schließlich sein Auto, also seine Regeln. „ Das wirst du früh genug sehen Cidre. Heute Abend wird erst einmal dein Training losgehen. Chianti wird dir alles über Schusswaffen beibringen und damit werden wir sehen ob du dafür geeignet bist wenigstens ein Revolver zu halten." Erklärte er ihr spöttisch. Ja, darauf freute er sich schon. Chianti würde sie nicht mit Samthandschuhen anfassen. Und ehe die kleine bemerken würde wo sie da rein geraten war, wird es für sie eh kein entkommen mehr geben. Nur die Kooperation oder den Tod. Er hatte von Rum den Befehl, sollte sie nicht kooperieren, dürfte er sie eigenhändig erschießen. Und das würde er mit Freude tun. Es würde nervig werden sie dazu zu bringen mitzumachen, aber wenn man Rums Worten glauben schenken sollte, dann würde es der Organisation einen entsprechenden Vorteil bringen. Grinsend fuhr er die Straße ins Zentrum entlang. Ja, darauf freute er sich in der tat. Rauchend und seine grünen Augen auf die Straße geheftet, fuhr er zu ihr. Dort konnte sie sich dann nochmal ausruhen und er könnte alles weitere mit Chianti und Korn abklären. Noch kurz sah er zu dem Mädchen auf seinen Beifahrersitz. Ihr Gedächtnisverlust war ihnen nur zu gute gekommen, und den Vorteil würden sie weiter nutzen. Wer würde denn auch ein 17 Jähriges Mädchen verdächtigen in der Organisation zu sein.

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