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"Taehyungie du musst aufstehen!", höre ich eine Stimme neben mir, während an meiner Schulter geschüttelt wird. Murrend öffne ich meine Augen und sehe in das Gesicht meiner Mutter, welche bereits wieder aus dem Zimmer läuft. Wenn es nur so einfach wäre, wie sie sagt... Jeden Tag ist es eine Qual überhaupt mein Bett zu verlassen. Außerhalb meines Zimmers warten sowieso nur Menschen, die ständig darauf warten, dass sie mich noch trauriger machen können, als ich sowieso schon bin. Doch manchmal sind mir diese Personen tatsächlich lieber, als mit den Dämonen, welche in meinem Kopf leben, alleine zu sein. Lustlos rapple ich mich also auf und beginne so wieder einmal den Start in einen nutzlosen Tag.

Wie jeden Tag hatte ich es geschafft meine Mutter in dem Glauben zu lassen, dass ich bloß müde sei und es mir gut gehe, bevor ich fertig angezogen das Haus verlassen hatte. Mit meiner Tasche auf dem Rücken laufe ich auf dieses Gefängnis, eher bekannt als Schule, zu. Bevor ich das Gelände betrete atme ich noch einmal tief durch und setzte schließlich mein Lächeln auf. Gespielt gut gelaunt begebe ich mich in mein Klassenzimmer, wo ich von mehreren Leuten begrüßt werde. Keiner von ihnen kann ahnen, wie es in mir aussieht. Für sie bin ich der immer gut gelaunte Taehyung, der allen mit seinem breiten Grinsen ein Lächeln auf das Gesicht zaubert. Niemand weiß, dass dieser Taehyung schon vor so langer Zeit gestorben ist. Nein das stimmt nicht ganz. Im Grunde genommen wurde er von diesen schrecklichen Dämonen in meinem Kopf getötet. Langsam und Stückchen für Stückchen. Richtige Freunde sind das Alles sowieso nicht. Ich kenne sie, aber sie kennen mich nicht.

Die ersten beiden Unterrichtsstunden sind bereits vorbei und ich mache mich auf den Weg zu meinem Spind. Dort tausche ich einige Bücher aus, als plötzlich meine Spindtür zugeschlagen wird. Erschrocken zucke ich zusammen. Sofort wandert mein Blick nach links, wo ich in Jeon Jungkooks eklig grinsendes Gesicht sehen muss. "Na los, drück deinen Spruch raus. Dann haben wir es hinter uns und ich kann gehen", sage ich genervt. Auch wenn ich immer gespielt gut gelaunt bin, so hat Jungkook es doch geschafft zu erkennen, dass ich anders bin und dies nutzt er natürlich als Angriffsfläche. Glücklicherweise gehöre ich nicht zu der Gruppe der beliebten Schüler, dafür aber wohl mehr in die Kategorie der Außenseiter mit komischen Interessen. Doch meine wahre Schwachstelle ist wohl meine Sexualität. "Ja verschwinde lieber, sonst steckst du mich noch mit deiner Schwulheit an, so eklig will ich nicht auch sein", meint Jungkook gespielt angeekelt und lacht während er sich entfernt. Kopfschüttelnd begebe ich mich wieder in mein Klassenzimmer und lasse mich auf meinen Platz fallen. Leider ist Jungkook die einzige Person die weiß, dass ich schwul bin und dies nutzt er natürlich voll und ganz aus. Zwar macht oder sagt er nichts abgrundtief Schlimmes doch nervig ist es schon. Eigentlich möchte ich nicht, dass jemand in mein Inneres sehen kann, doch Jungkook liest mich wie ein offenes Buch. Mir ist unerklärlich wie das möglich ist, doch er schafft es. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich eine andere Person neben mich setzt. Verwundert blicke ich neben mich, da sonst nie jemand neben mir sitzt. Zwar sind alle immer freundlich zu mir und ich zu ihnen, aber da mich niemand wirklich kennt und ich zu keinem von ihnen Kontakt außerhalb der Schule habe, stehe ich nun mal niemandem so nah, dass ich ihre erste Wahl als Sitznachbar wäre. Sie haben untereinander kleine Gruppen gebildet in welchen sie sich hauptsächlich aufhalten, aber ich gehöre nun mal keiner dieser Gruppen an. Verwirrt sehe ich also auf den Platz neben mir. Sofort streifen sich mein Blick und der des Jungen, welcher mich freundlich ansieht. Scharf ziehe ich die Luft ein und mein Herz beginnt sofort schneller zu schlagen. "Alles in Ordnung?", fragt der Junge besorgt als er meine geweiteten Augen und zusammengepressten Lippen sieht. Schnell nicke ich bevor mein Kopf wieder nach vorne schnellt wo ich auf den Tisch starre. Ein verwirrtes:" Okay?", ist zu hören, bevor Stille herrscht. Warum setzte genau er sich neben mich? Diese eine Person, die ich tatsächlich gut leiden kann, ohne engeren Kontakt mit ihr zu haben. Eigentlich ist das falsch. Ich kann ihn gut leiden obwohl ich grade das erste Mal mit ihm geredet und ihm in die Augen gesehen habe. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht einmal sicher, ob er zuvor wusste, dass ich existiere. Obwohl wir Fremde sind beginnt mein Herz jedes Mal schneller zu schlagen wenn ich an ihn denke, seine Stimme höre oder ihn sehe. Ohne mich wahrzunehmen schafft er es mich fühlen zu lassen. In dem Moment verschwindet diese Leere, sowie die Taubheit aus meinem Körper. Stattdessen fühle ich Wärme und Freude, was sonst nie der Fall ist. Eben genau diese Person, die dies schafft, hat sich gerade neben mich gesetzt. Allerdings ist in meinem Leben nichts Schöne einfach oder ohne einen Haken. So ist es auch bei dem Jungen, welcher nun neben mir in seinem Rucksack herumkramt. Es handelt sich dabei um niemand anderen als Park Jimin, den besten Freund von Jeon Jungkook.

I'm Fine {Vmin FF}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt