Kapitel 1

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16 Jahre zuvor

Sie fühlte wie die Wut in ihr aufstieg, je näher sie dem kleinem Dorf hinter dem kam. Rache. Es kreiste zornig durch ihren Kopf, immer und immer wieder. Sie würde sich an den Dorfbewohnern rechen, dafür, dass sie ihre Freunde getötet haben. Ihre grünen Schlangenhaare zischten wütend schwingten hin und her. Neue Steinstatuen für ihre Sammlung.
Steine waren schön, sie waren ruhig, schwiegen und flüsterten nicht hinter deinem Rücken. Von weitem hörte sie schon die vor Angst schreienden Menschen. Furcht. Sie liebte die vor Schreck geweiteten Augen der schreienden Menschen, wenn sie in ihre Augen schauten und sich in Stein verwandelten. Elegant wie eine Königin glitt sie durch den warmen Sand und betrachtete ihre neuen Statuen. Stille breitete sich aus und empfing sie wie ein alter Freund. Doch auf ein Mal durchbrach ein quängelter Schrei die Stille.

"Das kam aus dem Haus. ", zischte eine ihrer Schlangen auf ihrem Kopf und deutete auf ein Haus nicht weit entfährnt. Medusa glitt über den Sand zwischen den Statuen hindurch auf das Haus zu, aus dem der Schrei kam. Die Sonne ging schon langsam unter und die Dämmerung färbte den Sand orange. Sie glitt in die Dunkelheit des Hauses, doch dank der untergehenden Sonne fiel noch schwaches Licht ins Haus. Sie sah eine Gestalt neben einer Wiege stehen, die sich über die Wiege beugte, aber nicht versteinert war. Wie kann es sein, dass dieser erbärmliche Mensch noch lebte?, fragte sie sich und kroch Näher. Es war eine junge Frau die sehr dürr und abgemagert war und etwas leise in die Wiege flüsterte.

"Knie vor mir nieder menschliches Weib.", sagte sie hochnäsig und hob ihren Kopf elegant wie eine Königin.
"Bitte nicht. Nicht mein Kind.", flüsterte
die Frau weiter in die Wiege ohne den Kopf zu heben. Medusa kam näher an die Frau ran.
"Vielleicht ist sie blind?", flüsterte eine ihrer Schlangen ihr zu. Doch dann erhob die Frau sich mit einem Bündel aus Stoffen im Arm und blickte sie mit einem Lächeln an. Der Fluch der Medusa wirkte sofort und die Frau begann sich in Stein zu verwandeln. Was in Hades Namen war das gewesen?, fragte sie sich.

"Was ist das?", fragte eine andere Schlange und deutete auf das Bündel im Arm der Frau. Das Bündel war nicht wie der Rest der Frau in Stein geworden, sondern war unerklärlicher Weise verschont geblieben. Gequängel drang aus dem Bündel und fing an sich zu regen. Vorsichtig näherte sich Medusa der Statue der Frau und dem sich bewegenden Bündel. Langsam streckte sie ihre grüne schuppige Hand aus, welche leicht zitterte.
Ich bin eine Gorgonin. Eine von drei Töchtern des Phorkys. So etwas wie Angst und Furcht kenne ich als Königin der Schlangen nicht. Sie zog den obersten Stoff ab und ein rosiges Gesicht kam zu Vorschein. Die Lippen des Babys waren leicht offen und sie hörte das ein und aus Atmen. Die Augen des Babys schienen durch sie hindurch zu sehen. Die Dunkelheit muss mir einen Streich spielen, denn die Augen des Babys konnten doch nicht weiß sein.
Vorsichtig hob sie das Baby aus den versteinerten Händen der Frau und glitt mit ausgestreckten Händen zur Tür.

Medusa zog den zerrissenen Vorhang der Tür zur Seite und glitt nach Draußen. Sie hielt das Baby ausgestreckt in das Licht der Dämmerung und schnappte erschrocken nach Luft. Beim heiligen Kronos! Die Augen des Babys waren nicht nicht weiß, sondern leicht gräulich.

"Es ist blind.", zischte eine Schlange aufgeregt.
"Sollen wir es hier liegen lassen?", fragte eine andere.
"Die wilden Tiere können es fressen.", flüsterte eine.
"Aber es ist so hilflos.", warf eine andere ein.
"Aber die wilden Tiere sind hungrig.", zischte eine zurück.
Das Baby lachte und streckte seine kleinen Händchen Medusa entgegen.
Die Schlangen stockten in ihrer Diskussion und sahen das Baby erschrocken an. Ein warmes Händchen legte sich auf Medusas grüne Wange und ein Schauer lief ihren Rücken hinunter wie kalter Regen. Gefühle, die sie seit langer Zeit in der hintersten Ecke ihres steinernen Herzens eingesperrt hatte, regten sich wieder und Wärme durchströmte ihren Körper.
"Wir nehmen es mit.", sagte Medusa schroff in die Stille hinein. Sie hatte es entschlossen. Obwohl es ein schwaches Menschenbaby war, war es hilflos und zugleich noch blind. Es würde nie die Wärme von Liebe fühlen, nie lachen können und Freude empfinden. Einfach nur schutzlose Kälte fühlen und an einem schmerzvollem Tod sterben, wenn sie es hier liegen lassen würde.
Dann räusperte sie sich und und glitt mit dem Baby im Arm in den sich demärnden Abend. Die Schlangen schwiegen und keiner Stritt Medusas Handeln ab. Sie suchte in mehreren Häusern nach einem Korb, um das Baby hinein zu legen.
Am Ende ihrer Suche fand sie im letzten Haus einen Weidenkorb, in welches sie das Baby reinlegte.
Dann glitt sie, den Korb um ihren Arm, wieder zum Haus, indem sie das Baby gefunden hatte um eine Decke aus der Wiege zu holen.

Die Dunkelheit der Nacht machte ihr nichts aus. Im Gegenteil. Sie fühlte sich sicher und geborgen, in der Dunkelheit von Nyx, der Sternengöttin, vor Zeus und den anderen Göttern des Olymps. Sie verabscheute Zeus und Poseidon tiefgründig. So tief wie der Tartaros war. Poseidon war dafür verantwortlich, dass sie ihr jetziges grauenvolles Aussehen bekam und jeder sich bei ihrem Anblick in Stein verwandelte. Weshalb sie von ihren beiden Schwestern, Stheno und Euryate, wegging.
Aber auch dafür verantwortlich, dass ihr Herz zu Stein wurde.
Er hatte sie missbraucht und ausgenutzt und Athena hatte "sie" dafür bestraft und nicht ihn. Warum auch. Er war der Gott des Meeres und Sohn von Rhea. Doch Poseidon war nicht wie sein Bruder Zeus, der mit allem schlief, was schön war. Aber trotzdem trug sie an Allem keine Schuld. Sie gestand, dass sie in ihrem früherem Leben eine Sterbliche von schöner Natur war und Neptun sich in sie verliebt hatte.
Doch er hatte sie damals im Tempel der Athena missbraucht. Da war sie noch eine Priesterin der jungfräulichen Göttin gewesen umd sie hatte ihr ihre Jungfräulichkeit geschworen. Nun. Athena hatte bekommen was sie wollte. Götter sind so egoistisch, hinterhältig und widerwärtig. Noch schlimmer als die Menschen. Am meisten Poseidon und Zeus. Doch dieses Baby weckte in ihr Gefühl wie Lieben und Wärme. Gefühle, die sie seit hunderten von Jahren verloren geglaubt hatte. Vorsichtig, um nicht das Baby im Korb zu wecken welches in einem ruhigen Schlaf gefallen war, glitt sie den Waldweg entlang, der zum führte.

Der Weg zu ihrer Höhle zu Erst gerade, stieg dann aber steil an. Ihre Höhle befand sich in der Nähe einen Plattaue. Von welchem man tagsüber ein atemberaubend Ausblick auf die bräunlichen Wälder, grauen Hügel und kleinen Dörfer hatte, die um den Berg lagen. Als sie zwischen den Steinstatuen vor ihrer Höhle entlang glitt, fielen die ersten dicken Regentropfen. Es folgten mehrere Donnerschläge und grelle Blitze zerrissen den dunklen Himmel. Mit was war Zeus nun wieder nicht zufrieden? Das ich das Baby mitgenommen hatte. Oder gehorchte ihm wieder ein Sterblicher nicht. Ach egal. Das war nicht ihre Angelegenheit. Sie musste schnellst möglich das Baby in ihre Höhle sonst,...
Doch den Gedanken konnte sie nicht beenden, den Zeus öffnete die Himmelsschleusen und Wassermassen stürzten auf die Erde und Medusa herab. Danke Zeus!, dachte sie wütend und blickte zornig zum Himmel. Das Baby fing wieder an zu quängeln. Der Regen und das Donnern hatten es wohl geweckt. Medusa glitt noch schneller über den rauen Boden zwischen den grauen Statuen hindurch.

Als sie an ihrer großen Höhle in der Felswand ankam, schleuderte Zeus wütend zwei Blitze in die Nähe der Höhle. Athena hatte sich wieder in seine Angelegenheit eingemischt und nun war Medusa nicht mehr alleine und herzlos. Sie hatte "Mitleid" mit Medusa gehabt.

In der Höhle zündete Medusa mehrere Fackeln an, die an den steinernen Wänden der Höhle befestigt waren. Von der Decke hingen spitze Tropfsteine, von denen der Regen tropfte. Aus dem Boden ragten Steine, die mit verschiedenen Edelsteinen beschmückt waren. Kleine Pfützen bildeten sich auf dem Boden und erinnerten an kleine Spiegel. In der hintersten Ecke der Höhle lag ein Haufen Stroh mit einem Daunenkissen und einer Decke drauf, daneben stand ein Holztisch, der sehr zerbrechlich wirkte. Sie stellte das Körbchen neben ihren Schlafplatz und setzte setzte sich selber auf ihren Schlafplatz. Dann nahm sie das Baby aus dem Korb und betrachtete es. Das kleine Baby in ihren Händen, welches ein Baby zu sein schien, lachte und strahlte sie an. Sie überlegte kurz, und wusste es. Ihr Name würde ehrenhaft und mutig sein. Alle Welt würde wissen, dass sie Großes voll bringen würde.
"Von nun an heißt du Dealana."

Tochter der Medusa - Das Orakel der DelphiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt