26/Gemma

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Wir hatten Glück und ergatterten noch die letzten Plätze.
Hektisch sieht sich Harry immer wieder um, auf der Suche nach unseren Eltern. Auf der Suche nach einem weiteren Stück Heimat.
Frustriert senkt er den Blick und stand wie alle anderen Menschen auf.

„Das wird schon.”

Sprach ich sanft auf meinen Jüngeren Bruder ein.

„Meinst du?”

Flüstert er Tonlos vor sich hin und schenkt seinen Schuhen mehr Beachtung als mir, was ich auch vollkommen nachvollziehen kann, denn ich wäre wahrscheinlich auch so niedergeschlagen, würde ich meine Eltern nicht in der Kirche finden. Klar, sie sind nicht da, aber trotzdessen weiß ich, dass wir Sie bald wieder sehen werden und es nur eine Frage der Zeit ist, wann wir unsere Arme um ihre schließen können.
Harry hat so viel erlebt und so viel durchgemacht, dass es mir im Herzen weh tut zu wissen, dass er mehr zerbricht, umso mehr Zeit verstrich.
Es ist armselig, dass ein einziger Mensch, dessen Leben gerade erst begonnen hat, eine reine Qual ist. Dass dieser Mensch leiden muss, bis er nach der gewünschten Erlösung sucht.  Dass hat niemand verdient, vorallem jedoch nicht Harry. Er ist ein Mensch, dessen Leben er aufgeben würde, wenn es dafür jemanden retten würde. Er ist es, der mit Lächelndem Gesicht anderen hilft ihre Fehler auszubügeln, doch niemand merkt, dass auch er Fehler macht, jedoch versucht er sein bestes diese zu vertuschen.
Fast hätte er es geschafft jeden reinzulegen, jeden. Bis auf mich. Schließlich kenne ich ihn seit über Vierundzwanzig Jahren.

„Du bist der beste, Bruder Herz.”

Dieser Name klang alles andere als  gut, dennoch war es mein damaliger Spitzname für ihn, weil er ihn abgrundtief hasste. Weshalb ich es um so mehr benutzte um ihn zur Weißglut zu bringen.

Schnaubend legt er seinen Kopf auf meine Schulter und lauscht gespannt den Worten des Pastors, welcher mit einer solchen Leidenschaft voll dabei war. Anders wie in anderen Kirchen. Deswegen ist diese Kirche so begehrenswert.

4:46 pm

„Gott segne sie und ihre Familie.”

Ergreift Harry das Wort und schüttelt respektvoll die Hand des Mannes.

Harry konnte es noch nie lassen jeden einen Segen zu geben, denn er mochte es die Menschen ein einziges Mal richtig lächeln zu sehen, vorallem wenn er der Grund dafür ist.
Josh zerrt an meinem Kleid, welches leicht zerknittert.
So ungeduldig.

„Wir müssen jetzt wirklich gehen Harry.”

Leicht lächel ich die Frau, welche Harry gegenüber steht an und gab auch ihr meinen Segen, sowie es Harry die ganze Zeit tat.
Verständlichkeit macht sich in seinem Gesicht breit, als er zu seinem Neffen sieht. Sofort hob er ihn hoch und verabschiedet sich nun von der Familie, die er gegenüber steht.

„Komm, Gemma.”

Lächelt Harry und streckt seine große warme Hand nach meiner aus.
Ich ergriff sie und lasse mich von meinem Bruder mitziehen.

„Ich bin so froh wieder hier zu sein.”

Wispert er und schüttelt lächelnd seinen Kopf, weshalb seine Locken in der Luft hingen.
Josh kichert. Er mag es, wenn Harry's locken durch die Luft wirbeln, wie es Sprungfedern tun.

„Ich auch.”

Glückselig drücke ich seine Hand ein wenig fester, damit er merkt wie auch ich froh bin, endlich zuhause zu sein. Endlich dort zu sein, wo wir hingehören.

6:04 pm

„Hoffentlich haben sie das Schlüsselloch nicht umgetauscht.”

Hauche ich während ich meine Hände ineinander reiben ließ. Es war ziemlich kalt.

Mit einer eleganten Handbewegung dreht Harry den Schlüssel einmal nach rechts, weshalb es klickte und sich die Tür öffnen ließ.
Wohlig seufze ich auf und betrat nach meinem Bruder unsere alten vier Wände.
Zuhause ist es immer noch am schönsten.

„Endlich.”

Erschöpft ließ sich Harry auf unsere Couch fallen, welche sich nach all den Jahre kaum veränderte.
Noch immer stand alles haargenau so wie wir es verlassen hatten.

Ich nicke und ließ mich ebenfalls auf die Couch sinken. Diese Reise hat uns jeden nerv geraubt.

„Soll ich uns etwas zu essen machen?”

Fragt Harry und schmunzelt amüsiert auf als ich wie wild meinen Kopf umher schnellen lasse.
Nach all den Jahren konnte ich noch immer nicht kochen, weshalb es jedes Mal Harry tätigte.

„Also gut, komm Josh.”

Sanft nimmt er seinen fünf Jährigen Neffen an die Hand und ging in die Richtung der Küche. Zumindest dort hin wo er vermutet sie würde dort sein, dort wo sie früher einmal gewesen war.
Anscheinend hat er sie gefunden, denn zurück kam er auf jeden Fall nicht.

Es ist viertel nach Sechs, Abends. Und noch immer sind wir nicht auf unsere Familie gestoßen. Anscheinend sind sie nicht zuhause, weil wir sie nicht auffanden.
Nie wurften wir unsere Hausschlüssel weg und jetzt hatten wir Glück und konnten ohne weitere Probleme in unser altes Haus gelangen.
Und jetzt sind wir hier, meine zwei lieblings Jungen in der Küche und ich sitzend im Wohnzimmer auf der Couch.

Miracles happen-Zarry StylikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt