One Year

Kapitel 4

Zuerst einmal musste ich aber die Geschichtsstunde hinter mich bringen und obwohl die meisten Geschichte für ein langweiliges Fach hielten, mochte ich es sehr. Ich sagte zwar nur sehr selten etwas im Unterricht, aber die Lehrerin wusste, dass ich mich mit dem Stoff gut auskannte. Oft unterhielten wir uns noch nach dem Unterricht über ein paar der angesprochenen Themen.

Aber als ich beim Klassenzimmer von Miss Hunter ankam wollte ich gleich wieder gehen. Musste er mir denn auch Geschichte vermiesen? Am Pult stand kein anderer als Sebastian Brandon und unterhielt sich, mit einem verführerischen Lächeln, mit unserer jungen Geschichtslehrerin. Miss Hunter war Ende zwanzig und eine wahre Schönheit. Immer perfekt gestylt und in Rock und Bluse saß sie jetzt auf ihrem Schreibtisch und hörte Sebastian fasziniert zu. Was er ihr wohl da erzählte? Jetzt lehnte sie sich sogar vor und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Flirtete sie etwa mit ihm? Ja, es sah ganz danach aus. Na toll, er war gerade mal einen Tag da und wickelte schon alle um den Kleinen Finger. Sogar Mia, die eigentlich überhaupt nicht in diesem Kurs war, stand etwas abseits und sah Sebastian dabei zu, wie er mit einer anderen flirtete. Noch ein wenig und bei beiden, Miss Hunter und Mia, würde der sabber kommen. Und auch die anderen, die bereits da waren, unterhielten sich nicht, so wie es normalerweise der Fall war, sondern hörten gespannt Sebastian zu. Hatten die denn alle den Verstand verloren? Was war den an ihm so besonders, ich verstand es einfach nicht.

Schlecht gelaunt ging ich an allen anderen vorbei zu meinem Tisch, nur um dann überrascht festzustellen, dass der übliche leere Platz neben mir, jetzt gar nicht mehr so leer war. Auf dem Sitz lag eine Tasche und ich konnte mir bereits denken von wem sie war.

Was sollte das. Ich hatte ihm doch gesagt, dass ich nicht neben ihm sitzen wollte und trotzdem schien ihn das nicht davon abzuhalten.

Wütend warf ich mich auf den Stuhl und meinen Rucksack daneben.

Ich würde ihm nicht noch einmal sagen, dass er sich einen anderen Platz aussuchen sollte, es würde ja doch zu nichts bringen. Trotzdem wunderte es mich doch ein wenig, wie es denn sein konnte, dass er auch in diesem Kurs mit mir zusammen war. Natürlich kam es ab und zu einmal vor, dass man mit ein paar Schülern in den selben Kursen war, aber das war eher selten. Mein letzter Kurs, nach Geschichte, wäre dann Französisch und wenn er dort auch sein würde, dann wäre das doch recht merkwürdig. Ich sollte wirklich aufhören so paranoid zu sein. Selbst wenn er genau die selben Kurse hätte wie ich, müsste das ja nichts heißen. Vielleicht hatten wir auch einfach die gleichen Interessen. Sowas sollte ja auch vorkommen.

Und während ich so darüber nachdachte, bemerkte ich wie Sebastian mir immer mal wieder einen Blick zuwarf. Fast schon so, als wollte er schauen wie ich mich verhielt. Was, dachte er etwa ich würde zu den Mädchen gehören, die ihm hinterher schwärmen würden? Nein, davon gab es auf dieser Schule schon genug. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie die Mittagspause heute aussehen würde.

Wir waren nicht viele Schüler und die Tatsache, dass wir einen Neuen hatten, hatte sich jetzt schon wie ein Lauffeuer verbreitet. Er wäre also sicher das Gesprächsthema Nummer eins.

Meredith und ihre Freunde würden sich beim Mittagessen sicher voller Vorfreude darauf stürzen. Wie sehr ich mich schon darauf freute.

Seufzend lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück und sah aus dem Fenster neben mir nach draußen. Es war angenehm warm draußen und die Sonne schien fröhlich vor sich hin, was so überhaupt nicht zu meiner eigenen Stimmung passte. Das College an sich war in Ordnung und viele der Fächer machten mir auch Spaß, aber manchmal (oder eher öfters) gab es einfach Momente wo ich keine Lust mehr hatte.

Ich war gut in der Schule und würde, wenn ich dran bliebe, auch sicher ein Stipendium für eine Uni bekommen, aber momentan schien auch das noch in weiter Ferne.
"Worüber denkst du nach?"