Kapitel 6

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Sebastian biss sich auf die Unterlippe und sah mich dann an. Verdammt, er versuchte schon wieder mich um den kleinen Finger zu wickeln. Er wusste doch sicher, wie das bei Frauen ankam.

"Weißt du Theresa, ich denke nicht daran aufzugeben. Du brauchst mich auch gar nicht so anzusehen, es ist nicht nur wegen des Geldes. Ich finde dich ehrlich interessant. Du bist eine der wenigen Frauen die sich nicht durch mein aussehen oder die Vorstellung von Reichtum einwickeln lassen. Das macht die Sache für mich noch einmal wesentlich spannender. Es wird sicher ein vergnügen für mich dich zu verführen." Schon wieder glitzerten seine Augen diabolisch und ich musste mir ein quicken verkneifen. So immun gegen sein Aussehen, wie er dachte, war ich überhaupt nicht, schließlich war ich auch nicht blind. Trotzdem wusste ich, dass ich bei ihm keine reelle Chance hatte, egal wie sehr er mir auch zu schmeicheln versuchte. In dieser Hinsicht war ich einfach realistisch. Wieso sollte jemand wie er jemanden wie mich mögen, wenn er nichts davon hätte?

"Mich verführen? Mach dich nicht lächerlich." Meine Verlegenheit zu überspielend, richtete ich meine Brille.

"Das war aber kein Scherz, meine Schöne. Ich werde hier noch eine ganze Weile bleiben und in der Zeit, werde ich alles tun um dich doch für mich zu gewinnen."

Seine Stimme klang mal wieder schnurrend und ich wunderte mich, wie es sein konnte, dass er so einfach seine Stimmung wechseln konnte. Es schien fast so, als hätte unser Gespräch von gerade eben für ihn nie stattgefunden. Ich wusste nicht ob ich es dreist oder beeindruckend finden sollte.

Plötzlich ging das Licht im Klassenzimmer wieder an und Miss Hunter beendete den Film. Hatten wir etwa die gesamte Zeit damit verbracht zu reden? Da es nun endgültig hell war, konnte ich sehen, wie nah Sebastian und ich eigentlich beieinander saßen und ich rutschte hastig weg von ihm. Hoffentlich hatte das niemand bemerkt...

Von der Seite konnte ich erkennen, wie Sebastian schmunzelte und sich lässig zurück lehnte. Na wenigstens hatte er seine Freude daran!

"Ich hoffe ihr hattet alle eine produktive Stunde und konntet viel erledigen. Nächste Stunde werden wir uns mit dem englischen Königshaus befassen, also wer sich darauf vorbereiten möchte um seine mündliche Leistung zu verbessern, dem steht es frei dies zu tun.", sagte Miss Hunter und lächelte dabei.

Während ich sie verblüfft ansah merkte ich, wie Sebastian versuchte sich ein Lachen zu verkneifen. Na ganz toll. Jetzt musste ich mich auch noch in Englisch mit seinen Leuten befassen. Als ob ich nicht schon genug damit zu tun hätte. Und dann kommt noch das produktiv sein dazu. Ich hatte gerade, dank Sebastian und meiner Neugier, eine Doppelstunde verschwendet, in der ich meinen Essay hätte fertig schreiben können. Jetzt müsste ich das daheim machen.

Mürrisch begann ich meine, leider ungenutzten Sachen, wieder in meinen Rucksack zu packen.
"Wieso denn dieser mürrische Gesichtsausdruck Prinzessin?", fragte mich Sebastian und sah mir dabei zu, wie ich meine armen Hefte malträtierte.

"Prinzessin? Kannst du mich nicht einfach Theresa nenne, wie jeder andere normale Mensch auch?", murrte ich.

Es war mehr als ungewohnt für mich von irgendjemandem, außer meinen Eltern, Kosenamen zu bekommen.

"Oh, gefällt dir Prinzessin nicht? Ich bin noch am überlegen welchen ich nehmen soll. Ich hätte noch Baby, Kleines, Darling, Mylady."

Beim letzten sah Sebastian mich vielsagend an.

"Hmm, ich wäre für Theresa.", erwiderte ich trocken, aber er winkte bloß ab.

"Nichts da. Ich brauche einen Kosenamen für dich, sonst wäre ich ja kein guter Freund, nicht wahr? Und komm mir jetzt nicht wieder mit "Du bist aber nicht mein Freund", diese Unterhaltung führe ich jetzt nicht mehr mit dir. Was haben wir als nächstes? Französisch?"

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