Eine eiskalte Gänsehaut überkam meinen ganzen Rücken.
Lass dir ja nicht anmerken wie aufgeregt du wegen dem Arschloch bist!
Unruhig tippte ich mit meinen schwarzen Stiefeletten auf dem feuchten Asphalt, während ich meine ausgefranste Sporttasche auf die andere Schulter wechselte.
Mein Kopf explodierte vor Fragen.
Wie sah er aus, oder sah ich ihm vielleicht sogar etwas ähnlich?
War er wie ich? Konnte er mir mehr über Mom erzählen?
Hatte er Familie?
Hatte er Kinder, um die er sich wenigstens gekümmert hat?Und schon wieder kam die Wut von heute Früh auf.
Genervt packte ich morgens nämlich meine Sachen zusammen und schmiss eine Vase nach der anderen zu Boden, was mich im Endeffekt noch mehr frustrierte, da sie aus Plastik waren und nichtmal zersprangen.
Und da Weinen sowieso nichts für mich war, schrie ich gefühlte Stunden im mein kleines Kissen.
Aufjedenfall ging es mir scheiße, weil ich heute Morgen vor Übelkeit nichtmal etwas essen konnte. Und noch nie hatte ich eine Mahlzeit ausgelassen, das kann ich versprechen.Ich atmete tief durch und wischte meine nassen Hände an meiner schwarzen Hose trocken.
Als sich die grellen Scheinwerfer in meine Augen brannten, dachte ich nur noch eins.
So schnell wie möglich verschwinden.
Auf der Straße leben, einen Job finden und mich über Wasser halten, sparen und Auswandern.
Undzwar ganz weit weg.Doch es war zu spät, denn der schwarze Wagen stand bereits wenige Zentimeter vor mir. Die Scheiben waren dazu noch verdunkelt, weswegen ich von der Seite nichts erkennen konnte, bis die Fahrertür mit einem Mal aufgeschleudert wurde.
Grüne Augen musterten mich genauso tief, wie ich es tat. Nur strahlten seine eine familiäre Wärme aus. Freute er sich etwa das ungewollte Kind zu sehen? Das ich nicht lache.
Völlig reglos blieb ich stehen und sah, wie der große, dunkelhaarige Mann mit einem langen, beigen Trenchcoat auf mich zu kam. Seine weißen, geraden Zähne blitzen auf, als er versuchte mich aufheiternd anzulächeln. Doch man merkte ihm sein großes Unbehagen an.
Trotzdem blieb mein Blick stur in seine Augen gerichtet. Warum waren sie gleich, aber dennoch so unterschiedlich?Zeit zum überlegen blieb mir aber nicht, da er mich meiner Meinung nach etwas zu lang in die Arme schloss.
Zum Glück löste er sich von mir.
»Lucian. Mein Name ist Lucian Carter.«
Oh, danke für die Info.
»Mein Name kennst du ja warscheinlich, Lucian«, sagte ich kratzbürstig.
Nicht mal im Traum wäre mir eingefallen ihn Dad, Papa oder Vater zu nennen, da er für mich bis jetzt einfach nur ein fremder Mann ist, der mich mit nach Hause nehmen will. So komisch es auch klingt, aber ich wäre lieber die letzten zwei Jahre im Heim geblieben und hätte dann von mir aus sogar gearbeitet, anstatt zu versauern.
Doch ich wollte nicht bei jemandem sein, dem ich vom Prinzip her ja eigentlich egal war.Obwohl? Eigentlich war ich ja jedem egal, also sollte es mich einen Dreck kümmern.
Mom war ich egal, sie hätte sonst ja noch nicht mal mit dem Drogen nehmen angefangen.
Lucian hatte es warscheinlich nicht nötig sich zu melden, als ich mit sechs vollig abgemagert die Polizei rief, weil sie sich einfach nicht mehr bewegte.
Angehörige hatte ich nicht, da meine Mutter soweit ich wusste Einzelkind war und meine Großeltern tot sind.Beschämt wendete er seinen Blick ab und räusperte sich. Anschließend ging er zu seinem Auto und ich folgte wie ein Schoßhündchen.
Meine Tasche schmiss ich auf den Rücksitz und nahm in dem weichen Leder Platz. Warscheinlich hatte er soviel Geld, das er es wortwörtlich zum Fenster rauswerfen könnte. Aber das kümmerte mich gerade einen Dreck, da ich auf mein Zuhause fixiert war.
Zwei Jahre hatte ich in keinem anderem Heim ausgehalten. Und selbst wenn ich nicht jeden dort mochte, verbinde ich die meisten Erinnerungen mit diesem gelbem, versifftem Gebäude.
Langsam entfernte ich mich und konnte nur noch von weitem das Schild mit der Aufschrift »Children's home; 31st Street« lesen.
Und ungewollt verlor ich eine klitzekleine Träne.***
Ein kurzes Kapitel, aber irgendwie fand ich den Cut total passend und ich wollte diesen Moment einfach nicht zerstören.
xoxo josephine
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Pinky Promise.
Teen FictionVon Kinderheim zu Kinderheim. So sieht Alice' Leben aus, seitdem ihre Mom sich den goldenen Schuss gab. Ihr war alles gleichgültig. So auch ihr Verhalten, weshalb sie mehr als nur einmal die Einrichtung wechseln musste. Ihr Vater? Bis vor 24 Stund...