Hera

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Cerasus, 2002

"Denk daran was dir die Schüler angetan haben.", redete mir mein Verstand ein. "Sie haben dich erniedrigt. Blamiert. Verletzt.", fuhr sie fort. "Sogar deine Familie hat dich im Stich gelassen.".

Ich hielt mir die Ohren zu, als würde es dann aufhören. Doch es klappte nicht. Mir flossen Tränen. "Hör auf!", sprach ich zu mir selber. Dabei rutschte ich die Wand hinter mir runter. Meine Augen waren geschlossen, als würden die Stimmen mich dann in Ruhe lassen.

"Alles in Ordnung?", fragte mich ein Mädchen. Ich sah ihr ins Gesicht. Sie sah mich so bemitleidend an. Schließlich sah ich mich um, nur um zu bemerken, dass die meisten in den Schulgängen mich anstarrten. Als wäre ich durchgedreht.

"Sie sollen aufhören. Sie sollen aufhören zu flüstern."

*****

"Die Welt ist ein verlogener Ort.", sprachen die Stimmen wieder. Es klang wie ein düsteres Flüstern. So düster, dass es einem unter die haut geht. "Du wirst nie geliebt werden. Keiner liebt dich. Nicht mal deine Eltern."

Ich war stumm. Ich weinte bloß. "Ich gib dir einen Rat, Hera.". Dieser Satz zog meine Aufmerksamkeit an. "Steig auf das Dach der Schule. Wir wollen dir was zeigen.". Ohne groß drüber nachzudenken, ging ich vom Schulhof auf das Dach.

Ich sah hinab. Schüler und Lehrer überall. Sie redeten und lachten. Spielten Fußball, verletzten sich dabei, doch es war ihnen egal. Als hätten sie keinerlei Schmerzen.

Nun sah ich nach oben. Vögel. Sie flogen so Sorgenlos...als würde die Welt ihnen gehören. "Du könntest genau so fliegen."

"Wie?", fragte ich neugierig und wartete auf eine Antwort. "Geh zum Rand des Daches.", befohlen mir die Stimmen. Gesagt, getan.

"Schließ die Augen und lasse dich fallen. Du wirst fliegen können, vertrau uns.".

Ich hörte von unten Stimmen, die nach mir riefen. Schüler und Lehrer. Aber die Welt ist verlogen und die Menschen mit ihr auch. Ich breitete meine Arme aus. "Ich werde fliegen.", flüsterte ich mir selber zu. Ich ließ mich fallen und hatte das Gefühl wie ein freier Vogel zu sein.

*****

Cerasus, 2019

"17 Jahre ist es her, dass sich die junge Schülerin Hera Manson das Leben nahm.", sprach der Nachrichtensprecher. "Die damals 17-jährige hörte Stimmen die ihr Diverse Dinge befahlen oder einfach nur auf einredeten, meint ihre Heimbetreuerin..."

"Happy Birthday, Schatz.", betrat meine Mum die Küche. Nachdem sie meine Wange küsste, setzte sie sich mir gegenüber. "Was unternimmst du heute mit deinen Freunden?", fragte sie mich neugierig. "Weiß ich noch nicht. Das wird eine spontane Sache.", antwortete ich. Sie sah kurz zum Fernseher und schließlich wieder zu mir.

"Das arme Mädchen. Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten.", sagte sie.

"Ja. Außerdem bin ich zufälligerweise genau an ihrem Todestag geboren und habe den selben Vornamen. Das ist einfach nur gruselig. könnten wir die Nachrichten ausschalten?". Sie nickte und wechselte den Sender.

"Hey, Schwesterherz.", tauchte Ares, mein 2 Jahre jüngerer Bruder auf und reicht mir ein Paket. "Es ist ein Geschenk von uns allen.", kam auch Dad dazu.

Neugierig öffnete ich es. Es war eine Spiegelrelexkamera "Das wäre doch nicht nötig gewesen. Danke.", bedankte ich mich lächelnd und umarmte alle nacheinander. "Lasst uns ein gemeinsames Foto machen.", schlug ich vor.

Ares warf seinen Arm um mich und hinter uns waren Mum und Dad. Wir lächelten alle in die Kamera, bis ich schließlich abdrückte. Eine kurze Weile betrachteten wir das Foto.

Schließlich setzten uns alle an den Tisch und begannen zu Frühstücken. "Thalia, schalte doch die Nachrichten ein. Die sind spannender.", sagte Dad zu meiner Mum.

"Es wird überall über das selbe berichtet. Das Mädchen, dass sich vor 17 Jahren umgebracht hat.", teilte Ares mit. Ich fand dieses Thema mehr als beunruhigend.

"Die Gemeinsamkeiten zwischen Hera und dem Mädchen sind total gruselig. Ist euch wenigstens kein anderer Name eingefallen?", fragte der Braunhaarige.

"Was ist den am Namen so verkehrt. Hera ist die-", "Die Gattin und Schwester von Zeus und Wächterin der ehelichen Sexualität. Wissen wir, Mum.", schnitt ich ihr das Wort ab.

" Wenn ihr uns unbedingt nach den Göttern benennen wolltet...Wie wäre es denn mit Athene oder Artemis?", fragte mein Bruder.

"Wir wollten es eben bei vier Buchstaben belassen.", meldete sich Dad, mit einer billigen Ausrede und einem grinsenden Gesichtsausdruck.

*****

In der Schule wurde mir von allen Seiten gratuliert. Doch überall hingen auch Bilder von dem Mädchen, dass vom Dach sprang. Natürlich war sie auch auf der Schule.

"Suizid ist keine Lösung.", "#HeraManson", "#nievergessen", solche Sachen standen auf den Bildern.

Im Psychologieunterricht wird einmal im Jahr über sie geredet. Und dieses Jahr auch.

"Heute vor 17 Jahren verloren wir eine junge Seele. Sie nahm sich das Leben hier in dieser Schule. Hera Manson war krank, aber eine sehr gute Seele. Ich bitte euch, sollte jemand von euch oder jemand den ihr kennt Suizidgedanken haben, meldet es. Es gibt immer einen Ausweg. Suizid ist keine Lösung.", Während der ganzen Rede sah Mrs. Barks zu mir, als würde Hera Manson im Raum sein und nicht Hera Drimakis.

Ich sah nach kurzem Blickkontakt auf die Innenseite meines Armes. Unter meiner Hand war mein Leberfleck, das viele an ein Semikolon erinnerte. Mich eingeschlossen.

Der Unterricht fuhr fort, genau wie meine Langeweile. Mit meiner Hand fuhr ich mir durchs Haar und sah schließlich aus dem Fenster. Für eine Sekunde dachte ich jemand würde in der Entfernung stehen und mich dabei ansehen. Mit einem Wimpernschlag verschwand es auch wieder.

Hello,

also das war das erste Kapitel. Wie findet ihr den Einstieg? Wenn ihr Verbesserungsvorschläge am Schreibstil oder sonst was haben solltet, könnt ihr mir gerne privat Schreiben. Ich werde versuchen nächsten Sonntag das nächste Kapitel fertig zu schreiben.

...Und bis dahin schön die Schlüppis tighten! XD

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