3

78 6 2
                                    

Je länger ich den unbekannten Jungen ansah, desto mehr fiel mir auf, wie gut er aussah. Wie ein Model, mit langen dunklen Wimpern, einer perfekt sitzenden Frisur und einem guten Style.

Wie lange kannten die beiden sich wohl schon? Und wo hatten sie sich kennengelernt?

Ich fühlte wie mir innerlich ziemlich warm wurde und ich hatte das Bedürfnis den Jungen alles zu fragen, aber ich hielt mich zurück. Er hatte mittlerweile aufgehört zu telefonieren und spielte an seinem Handy herum.

Ob Tess mich überhaupt sehen wollte? Vielleicht hatte sie gar keine Lust auf mich und würde mich direkt anschreien und wieder rausschmeißen. Oder sie erinnerte sich gar nicht mehr an mich.. Wie würde ich mich wohl an ihrer Stelle fühlen? Wenn ich im Krankenhaus liegen würde und plötzlich jemand vor mir steht, den ich seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte? Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Sollte ich nachhause gehen? Ich möchte sie zu nichts drängen. Vielleicht möchte sie einfach nur ihren Verehrer sehen und ihre Ruhe haben.

Die Gedanken nagten an mir und ich wurde unsicher. War das eine gute Idee gewesen? Ich wollte gerade aufstehen und gehen, weil ich Tessia nicht bedrängen wollte, als die Zimmertür aufging und Tessias Mutter gemeinsam mit einer Ärztin aus dem Raum kam. Sie warf dem Jungen einen flüchtigen Blick und ein schmales Lächeln zu, bis sie zu mir kam und mit dem Kopf in Richtung Zimmer nickte. "Du kannst reingehen, sie ist bei Bewusstsein. Ich habe ihr noch nichts von dir gesagt."

Perplex stand ich da, bis ich langsam nickte und in das kleine Zimmer schlurfte. Ich sah noch aus dem Augenwinkel wie Tessias Mutter sich mit dem anderen Jungen unterhielt, bis ich die Tür leise schloss.

Mein Blick wanderte über die leeren Wände, an denen zwei Betten standen. Es war relativ ruhig im Raum, eine Wanduhr tickte leise und Geräte piepten. Große Fenster gaben den Blick auf den Krankenhausgarten frei, in dem sich ein kleiner Teich befand.

Ich hatte Angst in das Bett zu schauen. Ich wollte Tess nicht sehen, nicht in so einem schrecklichen Zustand. Ich wollte sie glücklich und lachend sehen. Zögernd näherte ich mich dem Bett und sah Tessia darin liegen. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig. An ihrer Hand hingen Schläuche und ein Monitor zeichnete ihre Herzschläge auf.

Leise setzte ich mich auf einen Stuhl und zog ihn etwas näher zum Bett. Tessia hatte sich einfach nicht verändert. Ihre blonden Haare waren etwas zerzaust, aber man erkannte die typischen Locken, die sie damals immer getragen hatte. Ihre Haut war blass und sie wirkte so zerbrechlich, wie sie in dem weißen Krankenhausbett lag. Das einzige, was sich verändert hatte, war der kleine Nasenring, den sie vor zwei Jahren noch nicht getragen hatte.

Vorsichtig nahm ich ihre kleine Hand und streichte mit meinem Daumen über ihre weiche Haut. Wie konnte das hier nur passieren? Ich schnaufte durch meine Nase und schüttelte den Kopf. Ich hätte niemals gedacht, dass wir uns jemals wieder begegnen würden und erst recht nicht unter solchen Umständen.

Tessias Finger zuckten etwas und sie begann sich raschelnd zu bewegen. Mein Herz fing an zu klopfen. Was, wenn sie mich gleich anschreien würde? Oder um Hilfe rufen?

Langsam öffneten sich ihre Augen und sie schaute zuerst auf unsere Hände, bevor sie stirnrunzelnd in mein Gesicht schaute. Ich erkannte wie sie erstarrte und ihre Finger steif wurden. Ihr Mund öffnete sich, schloss sich aber nach ein paar Sekunden wieder.

"Hey", sagte ich leise und versuchte ein Lächeln zustande zu bringen, was mir nicht wirklich gelang.

Seufzend schloss Tessia ihre Augen wieder und rieb sich mit ihrer freien Hand über das Gesicht. Ihre Augen gingen wieder auf und sie schaute mich an. "Taddl", sagte sie mit kratzender Stimme und ich wusste nicht, ob ihre Reaktion positiv oder negativ war. Ihre Hand schloss sich fest um meine und eine kleine Träne rollte ihr plötzlich übers Gesicht. "Was machst du hier?", fragte sie mit zittriger Stimme und wischte die Träne weg.

"Ich arbeite hier in der Umgebung", sagte ich tonlos und war verunsichert. Wollte sie mich doch nicht sehen? Mein Magen verkrampfte sich kurz und ich war kurz davor aufzustehen. "Soll ich lieber gehen?"

"Nein!" Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen und Tessia sah mich eindringlich an. "Bitte, bleib bei mir", flüsterte sie leise und lies sich ins Kissen sinken.

Es war still im Zimmer, ich hörte draußen Menschen reden und Kinder rumschreien. Tessia hatte ihre Augen geschlossen, ihre kleinen Finger übten leichten Druck auf meine Hand aus.

„Ist er auch da?", fragte sie nach ein paar Minuten und ich runzelte die Stirn. Wer? Ihr Vater? „Der Junge mit den dunklen Haaren."

Ich würde nervös. „Ja, es ähm.. Es ist ein Junge draußen auf dem Flur, er hatte sich vorher mit deiner Mutter unterhalten. Willst du ihn sehen?" Ein Stich fuhr mir durchs Herz, wenn ich daran dachte, dass sie ihn sehen wollte. Wie sie sich glücklich umarmen und küssen würden, wie ihre Augen funkeln würden. Ich schüttelte meinen Kopf. Realistisch bleiben!

„Ich hab Angst, Taddl", sagte Tessia ganz leise, ich hätte es fast nicht gehört. Sie ignorierte meine Frage und sah mich mit Tränen in den Augen an. „Geh nicht!" Ihre Lippe zitterte und mein Herz brach dabei sie so zu sehen.

Ich war kurz davor sie vorsichtig in meine Arme zu nehmen, als die Tür aufging und besagter junger Herr in den Raum trat. Erschrocken wischte sich Tessia über die Augen und ich sah wie der Blick des Jungen stirnrunzelnd auf unsere verschlungenen Hände fiel.

Lächelnd sah er zu Tessia und kam näher. „Hey Babe, wie geht es dir?"

Ein Schauder lief über meinen Rücken, es fühlte sich unbeschreiblich komisch an ihn zu hören wie er Tessia ‚Babe' nannte, während ich ihre Hand hielt. In meinem Gehirn ratterte und ratterte es, bis ich aufstand und Tessias Hand los ließ. Ich legte eine Visitenkarte von mir auf ihren Nachttisch und verabschiedete mich mit einem knappen, gezwungenen Lächeln und sah im letzten Moment noch, wie mich der böse Blick des Jungen verfolgte.

Wer zum Teufel war das?

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 07, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Back To You | Bodyguard 2.0Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt