Kapitel 3

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Katie

« Oh Mann, was war das denn? » Mary schaute mich ungläubig an. « Keine Ahnung, ich weiß nur, dass das der mieseste Test war, den ich je abgegeben habe. » « Ja, das geht mir ähnlich. », antwortete sie.

Da Kunst unsere letzte Stunde für diesen Tag war, gingen wir missmutig zum Parkplatz, um nach Hause zu fahren. Wir verabschiedeten uns und ich stieg in den nächsten Bus. Langsam rückte mein 18. Geburtstag näher, was bedeutete, dass ich dann endlich hin und wieder mit dem Auto zur Schule fahren konnte und somit nicht mehr die schreienden Kinder im Bus ertragen muss. Denn mal ehrlich: wer will sich das früh morgens schon freiwillig antun? Ich beneidete Mary dafür, dass sie bereits jetzt schon mit dem Auto fahren konnte. Allerdings konnte sie mich leider nicht mitnehmen, da sie in der entgegengesetzten Richtung wohnte.

Zu Hause angekommen ging ich schnurstracks in mein Zimmer, pfefferte meinen Rucksack in die nächstbeste Ecke und schmiss mich auf mein Bett. Oh Mann, was ein Tag. Zum Glück waren meine Eltern noch nicht zu Hause, denn ich hatte gerade absolut keine Lust dazu ihnen zu erklären wieso ich so mies drauf war. Erst der blöde Test, dann der Tagtraum und dann auch noch die Tatsache, dass ich es bei Mr. Jones vollkommen vergeigt hatte. Er hat mich angesehen, als wäre ich der größte Abschaum, der ihm je untergekommen ist oder als hätte ich ein todbringendes Virus in mir, womit ich ihn anstecken könnte.

Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte entschied ich dazu runter in die Küche zu gehen um etwas zu essen. Wie auf Kommando grummelte mein Magen.

Ich machte mir Sandwiches und machte es mir damit vor dem Fernseher im Wohnzimmer gemütlich. Ich zappte durch die Programme und blieb bei einer Folge von Grey's Anatomy hängen. Ich liebte diese Serie einfach, weil ich durch das ganze Drama, für eine Weile meine Probleme auf die Seite schieben konnte. Als die Folge zu Ende war räumte ich mein Geschirr weg und ging wieder in mein Zimmer. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und begann meine Hausaufgaben für Englisch zu erledigen. Diese waren zwar öde, fielen mir aber immer leicht und so dauerte es nicht lange bis ich damit fertig war.

Plötzlich musste ich an Mr. Jones' merkwürdigen Blick und seine Reaktion denken, als ich seinen Ring begutachtete. Aus irgendeinem Grund kam mir das ziemlich komisch vor, auch wenn es mich nicht weiter beschäftigen sollte.

Ich hörte von unten Stimmen. Mom und Dad müssen nach Hause gekommen sein. Es ist ziemlich praktisch, dass sie in der gleichen Firma arbeiten, da sie so meistens zusammen hin- und zurückfahren konnten. Trotzdem besaßen wir zwei Autos, was mir bestimmt zugute kommen würden, wenn ich endlich 18 war. Sie arbeiteten bei Barclays, eine der größten Banken in Großbritannien.

Ich ging die Treppe herunter und begrüßte meine Eltern. « Hallo Schatz. Wie war es heute in der Schule? » Ächz. Immer die gleiche Frage. « Gut », antwortete ich wie immer. « Seit wann bist du zu Hause? », fragte Dad. « Ähh, seit ca. 16 Uhr, wieso? » « Wieso ist dann noch nicht gesaugt? Die Spülmaschine solltest du auch ausräumen. Ich schätze mal den Müll hast du auch nicht rausgebracht? » Na toll. Das hatte ich ganz vergessen. Ich warf meiner Mutter einen flehenden Blick zu. « Michael... », fing meine Mutter an. « Nein Caitlin, sie muss ihren Part im Haushalt erledigen. » « Tut mir leid, ich...ich hab's einfach vergessen. », sagte ich wahrheitsgemäß.              « Vergessen? Weil du so beschäftigt warst? » « Ich hatte Hausaufgaben zu erledigen... » Er musste ja nicht wissen, dass ich schnell damit fertig war. Ich versuchte nur die Situation zu entschärfen. « Dann solltest du an deinem Arbeitstempo arbeiten! » « Michael!», fauchte ihn meine Mom an.   « Es reicht! » Ich warf meiner Mutter einen kurzen dankbaren Blick zu und starrte meinen Vater noch ein paar Sekunden aus zusammengekniffenen Augen an, ehe ich mich an die Arbeit machte. Widerstand war zwecklos. Meine Eltern, naja zumindest meine Mutter, gab sich immer Mühe für mich da zu sein, was allerdings sehr schwer war, weil beide so von ihrem Job eingespannt wurden. Sie fuhren auch häufig weg, manchmal sogar eine ganze Woche. Ich hatte schnell gelernt für mich allein zu sorgen, da ich auch keine Geschwister hatte, aber ich schätze so läuft das einfach wenn die Eltern einen gut bezahlten, aber auch zeitaufwändigen Job haben.

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Am nächsten Tag in der Schule kam Mary ganz aufgeregt auf mich zugerannt. « Katie, wir müssen unser Abschlussballkleid kaufen gehen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt! » « Wo hast du vor hinzugehen? », fragte ich. Zugegeben, ich hatte ziemlich Lust mir ein schönes Kleid auszusuchen und mich mal richtig schick zu machen. « Im Harrods gibt es so schöne! » « Ja Mary, dort kostet das günstigste aber auch 2.000 Pfund, wenn es gut läuft. » Unsere Eltern besaßen zwar ziemlich viel Geld, aber ich fand, dass man es einfach nicht übertreiben sollte. « Hm, da hast du auch wieder recht. Wie wär's mit Dynasty London? » « Klingt gut. » « Super, treffen wir uns nach Geschichte auf dem Parkplatz? Heute haben wir ja nur bis 13 Uhr. », fragte sie. « Klar,  abgemacht. », antwortete ich ihr und wir machten uns auf den Weg in den Kunstunterricht, welcher mir unheimliche Bauchschmerzen verursachte. Hoffentlich würden wir den Test heute noch nicht zurückbekommen.

Pünktlich auf die Sekunde betrat Mr. Jones den Kunstraum. Aber er war nicht allein. Gespannt warteten wir auf eine Erklärung. « Meine Damen und Herren, darf ich vorstellen: Scott Asher. Er kommt aus Southhampton und geht ab heute auf diese Schule. Bitte heißt ihn herzlich willkommen. » Ein Schulwechsel mitten im Halbjahr? Merkwürdig. Ich betrachtete ihn genauer. Dunkelbraune Haare, markantes Gesicht und Augen...oh Mann, diese Augen. Sie waren leuchtend grün. Katie!, ermahnte ich mich selbst. Solche Gedankengänge kannte ich gar nicht von mir. Klar, ich fand hin und wieder einen Typen ganz süß, aber noch nie habe ich einen so gemustert. Hastig wand ich den Blick von ihm ab und schaute Mary an, die mit den Augenbrauen wackelte und anzüglich grinste. Mist. Hatte sie gesehen wie ich ihn gemustert habe? Später konnte ich mir sicher was anhören.

Mr. Jones bedeutete Scott sich auf den freien Platz neben Miranda zu setzen. Anscheinend war ich nicht die einzige Person in diesem Raum, die sich von ihm angezogen fühlte, denn Miranda lief knallrot an, als er sich neben sie setzte und sich höflich vorstellte. Wow. Gutaussehend und Manieren. Nicht schlecht. Jetzt reicht's aber!, ermahnte ich mich erneut. Was war nur los heute?

Wenigstens wurde mein Gebet erhört und Mr. Jones hatte unsere Tests tatsächlich noch nicht fertig korrigiert. Schließlich fing er an eine neue Epoche anzusprechen, doch ich hörte nicht richtig zu, da meine Gedanken dauernd abschweiften und ich das Bedürfnis hatte Scott anzusehen, was von meinem Platz aus sehr gut möglich war. Ich ertappte mich insgesamt dreimal dabei, wie ich zu ihm herüberschielte. Der Grund weshalb ich nicht noch öfter zu ihm sah war, dass er mich beim letzten Mal dabei erwischte wie ich ihn musterte. Einer seiner Mundwinkel bewegte sich nach oben und dann schaute ich schnell weg. Wie peinlich. Danach wagte ich es einfach nicht noch einmal herüberzusehen.

Die nächsten Stunden zogen sich wie Kaugummi und ich war heilfroh, als es endlich 13 Uhr war. Shoppen mit Mary war eine gute Ablenkung, die ich mehr als willkommen hieß.

« Hey, na, wie gefällt dir der Neue, Katie? » Verdammt. « Sieht ganz okay aus. », log ich. Das war ja wohl die Untertreibung des Jahrhunderts.« Ok, Katie, hör zu, du bist meine beste Freundin, du kannst mir nichts vormachen. Ich habe gesehen wie du ihn mit Blicken ausgezogen hast. » Jetzt musste ich schmunzeln. « Mit Blicken ausgezogen? Nun übertreib mal nicht. » « Okay, okay, aber du weißt was ich meine. Ich kann es dir allerdings nicht verübeln. » Sie zwinkerte mir zu. Ich verdrehte die Augen. « Wollen wir? », fragte ich, um sie auf andere Gedanken zu bringen. « Klar ». Sie strahlte. « Auf geht's! »

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