Tallulah und der kleine Elch Sugo

Wir befinden uns in Schweden in einem der vielen großen Nadelwälder, abseits eines großen Nationalparks auf einer Lichtung – es ist September. Vor uns ein verfallenes kleines Haus .... nicht verfallen wie eine Bruchbude, aber eben alt.Sehr alt um genau zu sein – die Treppe ist vermoost und halb eingestürzt, die Holzbretter, mit denen das Haus verschalt ist, sind den Wind und Wetter zum Opfer verfallen. Allgemein macht das Haus unter dem Stabilitätsaspekt nicht den besten Eindruck. Es ist irgendwie schief ... aber es wirkt trotzdem bewohnt und strotzt nur so vor Behagen. Hinter den angeschlagenen Fensterscheiben huschen ab und zu Schatten vorbei. Ein kleiner Menschlicher und ein ein großer Undefinierbarer – könnte eine Koralle sein?! Und der Schornstein qualmt.

Hier wohnen die Hexe Tallulah und seit Mai noch der kleine Elch Sugo in einer Art WG zusammen. Wie sie zusammen gefunden haben? Nun ja, Sugo verbrachte sein erstes Lebensjahr mit seiner Zwillingsschwester bei seiner Mutter,traditionell verlassen sie diese aber nach einem Jahr , kurz bevor sie ihren nächsten Elchkälber gebärt. Die jungen Elchkühe schließen sich meist einer Herde an und die Elchbullen streifen als Einzelgänger durch die Wälder. In der Regel anfangs noch ziemlich planlos, so ganz allein.

Also machte sich auch Sugo nach einem Abschiedskuschler auf den Weg, doch er bemerkte relativ schnell, das er allein sein, gar nicht toll fand. So geschah es, dass er an Tallulahs Lichtung vorbeikam, er ihr seine Geschichte erzählte und sie ihn kurzerhand aufnahm. Sie waren ein richtig gutes Team. Sie kochten zusammen, stellten einen Putzplan auf (Sugo liebte es, sich Bürsten unter die Hufe zu schnallen und damit wie ein Eiskunstläufer über die Dielen zu schlittern) und Tallulah fand schnell heraus, das sich Sugos Geweih wunderbar als Kleider- und Handtuchhaken eignete. Eines Tages, als Sugo draußen Holz rückte, kam er nur mit einer Genweihhälfte zurück. Er hatte sie aus Versehen bei einer kleinen Auseinandersetzung mit einer alten Tanne abgeschlagen. Tallulah war entsetzt und Sugo fluchte, weil es nun fast unmöglich war die Balance zu halten und auch nur annähernd gerade zu laufen. So war er gezwungen die andere Hälfte auch noch loszuwerden und rannte mit einem Affenzahn nochmals gegen einen Baum. Nun sah er ziemlich kahl aus und hatte auch viele tolle Eigenschaften verloren, die ihm ein Geweih verleiht hatte. Er war schrecklich traurig und wusste das ihm spätestens im neuen Frühjahr ein neues wachsen würde. Aber Tallulah als Hexe hatte schnell ein paar Ideen für Zaubersprüche und Tränke, die Abhilfe verschaffen könnten. So bat sie Sugo den großen gusseisernen Kessel vom Küchenschrank zu holen und begann ...3 Spinnenbeine, eine Hand voll Hagebuttenkerne, 15 Kaninchenkrallen, 2 Haare von der betroffenen Person oder besser gesagt dem betroffenen Elch und eine Tasse Milch. Sie schmierte die Paste mit den Worten,,Schaufeln wachset, Gehörn verzweigt, es ist nicht mehr weit -Sugos schönstes Kleid'' an die abgebrochenen Geweihenden.

Keine Veränderung! So ging das die nächsten Monate ... sie versuchte echt die verrücktesten Sachen. Eine Woche trug Sugo einen Filzhut mit Federn, in der Hoffnung das abgefallene Geweih würde neidisch werden und wieder anwachsen. So wurde es Frühjahr .... und das Geweih wuchs von allein, prächtiger und größer denn je. Tallulah war begeistert ... sie wusste nichts von der regelmäßigen Erneuerung des Elchgeweihs. Als Sugo das bemerkte, spielte er mit und bedankte sich herzlichst bei mir für ihre Engagement und Durchhaltevermögen, denn die kleine Hexe war so inspiriert von sich selbst. Das hätte er unmöglich zerstören können.