Ich spüre das kühle,beruhigende Metall meines Messers unter meinen Fingerspitzen und lächle. Es ist soweit. Es sind nun schon mindestens zwei Stunden vergangen, seit ich hier bin. Die Gespräche der anderen Frauen langweilen mich und die Musik geht mir langsam aber sicher auf die Nerven. Ich kann nicht verstehen, wie diese Frauen es hier solange aushalten. Es wird Zeit, dass ich meinen Auftrag erfülle. Ich vergewissere mich
noch einmal,dass mein Fluchtweg zum Fenster frei ist und fixiere dann mein Opfer. Sie sitzt am anderen Ende der langen Tafel. Die Königin unterhält sich lächelnd mit ein paar anderen Frauen und lacht gekünstelt auf. Wahrscheinlich unterhalten sie sich über den neusten Klatsch und Tratsch bei Hof. Ihre Wachen stehen hinter ihrem Stuhl und wirken ziemlich gelangweilt. Niemand rechnet mit dem, was gleich passieren wird. Langsam ziehe ich mein Messer aus der extra für es angefertigten, von außen unsichtbaren, Tasche. Es kann mich jetzt niemand mehr aufhalten. Nachdem ich das Messer geworfen hatte, würde ich zum Fenster sprinten und hinaus in die Freiheit flüchten. War ich erst einmal draußen, würde mich niemand mehr fangen können. Endlich war mein Messer frei und lag schwer in meiner Hand. Ich hebe meine Hand und ziele...Plötzlich wird die Tür zum Zimmer aufgerissen und alle im Raum verstummen. Schnell lasse ich meine Hand wieder sinken und drehe den Kopf zur Tür. Ich bin überrascht,als in den Raum mehrere Männer mit gezückten Schwerten stürmen. Ich bekomme es mit der Angst zu tun. Waren diese Männer wegen mit hier? Wussten sie von dem Attentat, den ich gerade begehen wollte? Aber so schnell, wie sie gekomnmen war, verschwand meine Angst auch wieder. Nein, diese Männer waren nicht wegen mir hier. Sie sahen nicht aus wie Wachen. Als die Eindringlinge auf die Wachen losgehen und sie niederschlagen, fangen die Frauen an zu schreien. Manche von ihnen brechen auch in Tränen aus oder fallen in Ohnmacht. Ich muss mich bemühen, nicht zu grinsen und ein erschrockenes Gesicht aufzusetzen . Diese Frauen sind so lächerlich. Wenn ich wollte, könnte ich diese Männer in Minuten besiegen, aber diese Frauen würden es noch nicht einmal fertig bringen, einen dieser Männer zu verletzen, selbst wenn er mit dem Rücken zu ihnen, direkt neben ihnen stehen würde. Sie vertrauen voll und ganz darauf, dass ihre lächerlichen Wachen sie beschützen. Sie sind vollkommen von ihnen abhängig, was ihre Sicherheit betrifft. Genau das ist es auch, was ich an diesen Frauen mit am meisten verabscheue. Sie machen nichts, als schön auszusehen und den neusten Klatsch und Tratsch zu verbreiten. So würde ich niemals leben können. Ich überlege kurz, ob ich in dem entstandenen Chaos fliehen soll, kann mich dann aber doch nicht dazu überwinden. Ich brauche das Geld, dass mir dieser Auftrag einbringen wird und ich bin neugierig, wie es hier weiter gehen wird. Notfalls kann ich auch später noch abhauen. Mit einer geschmeidigen Bewegung stecke ich mein Messer wieder zurück in seine Tasche in meinem Kleid. Ich beobachte wie die restlichen Männer sich im Raum verteilen. Fast direkt hinter mir steht auch einer von ihnen. Wir werden euch nichts tun, wenn ihr kooperiert."Ein großer Mann mit braunen Haaren - ich vermute mal der Anführer - tritt vor. Wir werden jetzt ein paar von euch Fesseln anlegen und ihr werdet euch nicht dagegen wehren."Ich beobachte, wie sich einer der Männer auf den Weg zur Königin macht. Die Frauen, die um sie herum stehen, versuchen ihn aufzuhalten, aber er stieß sie einfach zur Seite. Die Königin selbst blieb vollkommen ruhig und ließ sich widerstandslos die Fesseln anlegen.Sie warf dem Mann, der gesprochen hatte, einen kalten Blick zu .Das werdet ihr noch bereuen.",ist das Einzige, was sie sagt.Ich bin beeindruckt, so viel Mut habe ich ihr nicht zugetraut. Ich sehe zu, wie die Männer auch anderen Frauen Fesseln anlegen und spüre plötzlich, wie sich auch etwas um meine Handgelenke schlingt. Unbehagen erfüllt mich und ich denke kurz daran, was letztes Mal, als ich Fesseln getragen habe, geschehen ist, wehre mich aber trozdem nicht dagegen und lasse mich von meinem Stuhl hochziehen. Der Mann schiebt mich zu den anderen gefesselten Frauen. Genau in dem Moment kommt ein anderer Mann ins Zimmer gestürzt.Wachen sind auf dem Weg, wir müssen uns beeilen!",ruft er keuchend. Der Anführer nickt kurz und macht in Richtung seiner Männer ein Zeichen. Genau in dem Moment bekomme ich einen Schlag auf den Kopf und die Welt um mich herum wird schwarz.
Ich erwache. Mein Kopf tut weh, aber ich habe schon weitaus schlimmere Schmerzen ertragen müssen. Ich setze mich auf. In dem Raum, in dem ich mich befinde ,herrschte Zwielicht. Es brennen nur ein paar wenige Kerzen, die im ganzen Raum verteilt sind. Ich sehe nicht wirklich viel, kann aber die Umrisse von Körpern, die auf dem Boden liegen, erkennen. Vermutlich die anderen Frauen. Es ist niemand außer mir bei Bewusstsein. Das Seil, mit dem meine Handgelenke zusammengebunden sind, scheuert meine Haut wund. Als ich bemerke, dass meine Hände vor meinem Körper zusammengebunden sind, muss ich unwillkürlich lächeln. Großer Fehler. Würde ich nicht wissen, dass diese Männer mich für eine verwöhnte Adlige hielten, wäre ich schon beinahe beleidigt. Ich schiebe meine Finger unter mein Kleid und ziehe eines meiner Messer hervor. In wenigen Sekunden durchtrenne ich das Seil und stehe auf. Ich reibe mir über die schmerzenden Handgelenke. Ich schaue an mir herunter und rümpfe die Nase. Ich habe schon fast wieder vergessen, dass ich immer noch dieses blöde Ding trage. Zeit, es loszuwerden. Mit einem Schnitt trenne ich das Kleid vorne auf und steige aus ihm heraus. Nun verschmelze ich mit der Dunkelheit.Zum Glück schmiegt sich mein schwarzer Kampfanzug so perfekt an mich, dass ich ihn unter Kleidern tragen kann. Mit gerümpfter Nase ziehe ich mir diese ekelhaften Schühchen aus, die eine Hofdamme trägt und seufze leise auf, als ich sie endlich los bin. Ich werde mir Stiefel besorgen müssen. Ich bücke mich nach dem Fetzen, der einmal ein Kleid gewesen ist und ziehe die Messer aus ihren Taschen und stecke sie in die Schlaufen an meiner Hüfte. Mit einem von ihnen in jeder Hand, mache ich mich auf . Auf dem Weg zum Ausgang, kontrolliere ich jeden der dunklen Umrisse, ob es die Königin ist, auch wenn ich nicht glaube, dass sie hier ist. Meine Vermutung stimmt. Die Königin ist nicht hier.Ich luge vorsichtig hinter dem Stück Stoff hervor, das den Eingang verdeckt. Draußen stehen zwei Wachen vor dem Eingang. Ich lausche auf Schritte, die näher kommen , höre aber keine. Leise stecke ich die beiden Messer weg. Mit zweien werde ich auch so spielend fertig und mein Ziel ist es nicht, sie zu töten, sondern nur die Königin. Ich schlüpfe hinaus in die Dunkelheit und schleiche mich von hinten an die beiden Wachen an. Als ich direkt hinter ihnen stehe, schalte ich beide gleichzeitig mit einem gezielten Schlag aus. Sie gehen lautlos zu Boden. Ich schaue mich kurz um. Ich befinde mich anscheinend auf einer Lichtung im Wald. Überall wurden provisorisch Hütten und Zelte aufgebaut . Aus der größten Hütte dringt Licht und ich höre beim Näherkommen Stimmen. Ich vermute, dass sie die Königin dort gefangen halten. Ich bin schon fast an der Hütte angekommen, als direkt vor mir eine Patrouille um die Ecke biegt. Ich laufe mitten in sie hinein. Erschrocken keuche ich auf. Die Patrouille ist genauso überrascht wie ich und bevor sie alarmschlagen können, habe ich schon zwei ihrer Leute ausgeschaltet. Eindringling!",schreit einer von ihnen bevor ich ihn niederstrecke. Aus den Hütten und Zelten um mich herum kommen Dutzende von Männern und Frauen gestürzt. Sie umringen mich und greifen von allen Seiten zugleich an. Ich schalte sie einen nach dem anderen aus, aber es sind einfach zu viele. Ich kämpfe mich immer weiter vor zu der großen Hütte und ziehe eine Spur von besiegten Menschen hinter mir. Ich bin schon fast bei der Hütte angekommen. Plötzlich durchzuckt meinen Kopf ein starker Schmerz. Noch bevor ich auf dem Boden aufschlage, ist meine Welt wieder schwarz...
Ich wache erneut in einem zwielichtigen Raum auf. Doch diesmal spüre ich keinen Boden unter meinen Füßen. Ich hänge an allen vier Gliedmaßen angekettet an der Wand. Ich hebe stöhnend meinen Kopf. Ich habe höllische Kopfschmerzen. Irgendjemand muss mein Stöhnen gehört haben, denn ich höre, wie jemand die Hütte verlässt.
Ich schaue mich im Raum um und ziehe versuchsweise an den Ketten, aber sie sind fest in der Wand verankert. Mir bleibt wohl oder übel nichts anderes übrig,als zu warten. Eine gefühlte Ewigkeit vergeht, bis ich wieder Schritte höre. Im Schein von mehreren Fackeln betreten fünf Männer die Hütte.Sie haben ernste Mienen aufgesetzt und alle, bis auf der Größte von ihnen betrachten, mich skeptisch und abschätzend. Ich hasse diese Blicke. Wer bist du, was wolltest du hier und wer hat dich geschickt?"Der große Mann sieht mich ernst an, während er die Fragen stellt. Ich knurre ihn nur feindselig und wütend an. Ich werde ihm nichts sagen. Wenn du meine Fragen nicht beantwortest, verlierst du deine Schwerthand.",fügt er ruhig auf meine Reaktion hinzu. Mein Atem stockt. Er hatte direkt ins Schwarze getroffen. Das ist meine größte Angst. Ich warte",sagt der Mann. Ich funkle ihn zornig an. Genau in diesem Augenblick hebt er ebenfalls den Blick...und mein Herz stockt einen Augenblick. Seine Augen sind von einem satten Silber,...genau wie meine. Ich habe noch nie jemand anderen mit silbernen Augen gesehen. In seinen Gesichtszügen spiegelt sich genau das wieder,was ich gerade fühle: Überraschung und Unglaube.
Und plötzlich ist mir klar, dass ich ihm antworten werde und die Wahrheit sagen werde, denn Lügen würde er sofort erkennen.
Ich schaue ihm immer noch in die Augen, als ich antworte: Mein Name ist Keyla Amajy, ich komme im Auftrag der Gilde der Assassinen und bin hier, um die Königin zu töten."