Sophias Herz schlug Purzelbäume. Ihr Traum ihn eines Tages wiederzusehen, ihn eines Tages wieder in die Arme nehmen zu können, war wahr geworden. Sie hatte es sich nicht eingebildet, das Gefühl beobachtet zu werden, war nicht nur ein Hirngespinst gewesen.
Richard war zurück gekommen!
Mit jedem Meter, dem sie ihm näher kam, liefen mehr Tränen. Er lebte, er war zurück!
Schluchzend warf sie sich ihm an den Hals, klammerte sich an ihm fest. Die Angst er könnte sich in Luft auflösen nahm ihr fast die Luft zum atmen. Der ihr so bekannte und vermisste Geruch, nach Kiefern, Tabak und Leder hüllte sie ein und schenkte ihr die Gewissheit. Richard war zurück!Sie spürte wie er zögernd die Arme um sie legte und seinen Kopf neben ihrem Kopf barg. Auch sein Körper wurde nun von Schluchzern geschüttelt.
Gemeinsam standen sie nun da, hielten sich fest und weinten. Weinten vor Glück und Trauer. Sieben lange Jahre hatte es gedauert. Sieben Jahre hatte er gebraucht, um zu ihr zurück zu finden. Doch das war Sophia egal.
Wie lange sie ohne etwas zu sagen standen, konnte sie nicht sagen, aber die Zeit blieb für Sophia stehen. Worte waren jetzt nicht wichtig. Den anderen zu sehen, zu fühlen war alles was zählte. Endlich hatte sie ihn wieder!
Der Teil, der gefehlt hatte, war wieder da und setzte sie zu einem Ganzen zusammen.
Ihr Leben war nie wirklich vollkommen gewesen. Ja, sie hatte Geld, einen guten Job, eine wirklich tolle Familie und einen starken Freundeskreis, aber all das brachte nichts, wenn das Gegenstück fehlte. Jetzt war ihr Puzzle komplett.Immer wieder hatte sie sich mit anderen Männern getroffen, versucht ihr Herz an jemanden anderes zu verlieren. Aber immer nur hatte sie an ihn denken müssen! Es hatte sich nie richtig angefühlt. Ihre Familie hatte sie für verrückt erklärt. Nie hatte sie etwas von Richard gehört, nie gab es auch nur ein Lebenszeichen von ihm. Aber sie hatte sich stets an die Hoffnung geklammert, dass er zurück finden würde.
„Sophia, ich,..."
Sophia unterbrach ihn und drückte ihre Lippen auf seine. Ihr Körper fing an zu Summen und es schien, als würde die Luft um sie herum flimmern. Die Kälte war vergessen. Einzig und allein dieser Moment zählte. Der Geschmack nach Schokolade und Tabak empfing sie. Heiß vereinigten sich ihre Münder und Sophia seufzte. Immer noch waren ihre Körper eins, immer noch konnte sie die Magie fühlen.
Richard brauchte nichts zu sagen. Worte waren nicht wichtig. Sie wusste auch so, was er fühlte und das war alles was zählte.
Nach Luft schnappend machte sie sich los und sah ihm in die Augen. Die Augen, die ihr so unglaublich viel sagten. Dieser Mann hatte viel Leid gesehen, das konnte sie deutlich erkennen.
Lächelnd nickte sie.
„Komm! Du bist zu Hause. Du hast den Weg gefunden."
Richard zögerte, sie sah wie er mit sich haderte.
„Ich liebe dich, Richard! Jetzt bin ich komplett.
Alles was zählt sind wir. Lass uns nach vorne schauen."Eine einzelne Träne rann über sein Gesicht und sanft ließ Sophia ihren Daumen über seine raue, von Bartstoppeln bedeckte Wange wandern.
„Hadere nicht mein Liebster! Jeder Weg ist der richtige! Nur durch unsere Wege die wir gehen, werden wir zu dem, wer wird sind. Alles hat seine Richtigkeit und alles kommt wie es kommen soll."
Mit geschlossenen Augen schmiegte sich Richard in ihre Hand.
„Woher nimmst du nur diese Gewissheit, diese Zuversicht?"
„Du wirst es sehen. Richard. Die Liebe geht manchmal unerklärliche Wege. Komm, es wird Zeit, ich zeige es dir!"
Sanft zog sie ihn hinter sich her zum Auto. Ihr Leben würde jetzt erst richtig beginnen. Nun war ihre Familie komplett. Sophia umklammerte die Hand von ihrem Liebsten. Die Angst, er könnte sich doch noch auflösen, flammte in ihr auf. Was war, wenn sie es sich nur einbildete?
Mit klopfendem Herzen sah sie zum Auto. Dort befand sich ihr anderes Stück vom Puzzle.
„Jetzt ist alles wie es sein soll!"
Lächelnd ließ sie die Hand los und öffnete die Hintertür des Wagens.
„Mama, Mama! Hast du Papa endlich gefunden?"
„Ja Samuel, ich habe Papa gefunden. Nun sind wir alle wieder zusammen."
Sophia umarmte den kleinen Jungen der aus dem Auto sprang. Kniend sah sie zu Richard hoch, der sie still um Verzeihung bat. Die Tränen liefen unaufhaltsam über sein Gesicht. Die Verzweiflung war ihm nur zu deutlich anzusehen.
Sophia schüttelte den Kopf. Sie war ihm nicht böse. Ja, sie war traurig über die verlorene Zeit, aber doch dankbar für diese Erfahrung der Liebe und die Chance, die ihr nun durch seine Rückkehr gegeben wurde.
„Richard, du hast mir vor sieben Jahren ein wertvolles Geschenk gemacht und jetzt noch einmal. Du bist hier, du bist zurück gekommen. Wir sind hier. Wir haben auf dich gewartet und gewusst, dass du eines Tages zurückkehren wirst. Du hast mich nicht enttäuscht. Du bist du und das ist auch gut so! Denn genau dass ist der Mann, den ich liebe und der Vater meines Sohnes. Gräme dich nicht der Vergangenheit, mein Liebster, sondern erfreu dich an den Wundern der Liebe."
Weinend ließ Richard sich auf seine Knie runter. Sein Blick lag fassungslos auf dem kleinen Gesicht seines Sohnes.
Dieser streckte eine Hand nach Richard aus und legte eine Hand auf seine Wange.
„Da bist du ja endlich!"
Ohne ein weiteres Wort klammerte sich Samuel an Richard.
2769 Wörter
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Es braucht keine Worte
Short Story„Liebe heißt, dass du niemals sagen musst, dass es dir leid tut." -Erich Segal