Die nächsten Tage vergingen ohne weitere Vorfälle. Der Junge war so plötzlich verschwunden wie er aufgetaucht war. Trotzdem achtete ich seit dem immer genau darauf ob das Tor auch wirklich verriegelt und die Haustür doppelt abgeschlossen war. Sicher ist sicher. Ich bin zu dem Entschluss gekommen das mir der Junge unsympathisch war und ich ihm, sollte er wieder uneingeladen auftauchen, wirklich die Polizei auf den Hals hetzen würde. Als ich nämlich ein paar Tage nach seinem Besuch nach meinen Beeten schaute musste ich mit Entsetzen feststellen, dass er sich mir erneut wiedersetzt und mein mühevoll gepflanztes Gemüsebeet geplündert hatte! Wenn es um meine Pflanzen geht verstand Ich keinen Spaß. Sie sind neben meinen Büchern mein Ein und Alles. Meine Babys. Und er hat sie einfach achtlos aus der Erde gerissen und damit einige der Pflanzen beschädigt und die Setzlinge zerstört. Nichts desto trotz ertappte ich mich immer wieder dabei, wie ich aus dem Fenster starte, genau an die Stelle an der er wie aus heiterem Himmel aufgetaucht war. Bei jedem noch so kleinem Geräusch zuckte ich innerlich zusammen und rechnete fest mit einem Klopfen an der Terrassentür. Sein Besuch hatte Abwechslung in mein sonst so langweiliges Leben gebracht und diese Abwechslung wollte ich jetzt nicht so einfach wieder gehen lassen. Doch die Zeit verging, die Tage wurden unerträglich heiß und meine Wut auf ihn wuchs mit jeder Minute. Er hatte mich verrückt gemacht, mir ein Funken Abenteuer gezeigt und mich dann mit all meiner Vorfreude und Hoffnung zurückgelassen. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte hatte ich gehofft einen Freund in ihm zu finden. Einen Freund den ich so dringend brauchte und nach dem sich mein Herz so sehr verzerrte. Immer und immer wieder vertröstete ich mich auf den nächsten Tag, vergrub mich in Arbeit und las so viele Bücher wie schon lange nicht mehr. Doch als Tag um Tag verstrich und sich noch immer nichts regte fing ich an das immer mehr für einen Traum zu halten.
Fast einen halben Monat später kam mich Ogro, unser Gärtner besuchen. Der Name ist eine Abkürzung für Ogrodnik, was auf Polnisch einfach nur eine Bezeichnung für seinen Beruf war, den er sich irgendwann selbst gegeben hat obwohl er meines Wissens nach nicht mal aus der Nähe von Polen kommt. Ich hab es damals einfach so hingenommen und jetzt war es für mich so selbstverständlich, dass ich teilweise sogar vergaß, dass es gar nicht sein echter Name ist. Zumal ich seinen richtigen Namen auch gar nicht kannte, er wurde mir schließlich nie gesagt. Er war ein in die Jahre gekommener Mann mit zerzausten, weisen Haaren und kleinem Bierbauch. Ab und an kam er vorbei um nach unserem Garten zu sehen während meine Eltern unterwegs waren. Insgeheim glaubte ich, dass meine Eltern ihn nur angestellt hatten um sich zu vergewissern, dass ich nicht verhungerte oder das Haus in Brand steckte. Als ich jünger war kam er fast täglich vorbei unter dem Vorbehalt die Pflanzen wässern zu müssen auch wenn es seit Tagen nicht aufhören wollte zu regnen. Durch Ihn bin ich zu meiner Leidenschaft des Gärtnerns gekommen und habe mit der Zeit einen Freund in ihm gefunden. Entsprechend freute ich mich ihn wieder zu sehen. Auch wenn es für mich zum Alltag gehörte alleine zu sein, wird es sehr schnell sehr langweilig vor allem, weil Ich kaum mehr Schularbeiten aufbekam mit denen Ich mich beschäftigen konnte.
Zu solchen Zeiten kann ich mich besser in Kinder mit imaginären Freunden hineinversetzen als mir lieb wäre. Ich wollte mich gerade auf die Suche nach einer Beschäftigung machen, da schellte auch schon die Klingel. Aufgeregt eilte ich in den Flur und riss die Tür auf.
„Wie lange versuche ich dir jetzt schon beizubringen, erst durch den Spion zu schauen wer vor der Tür ist und erst dann die Tür zu öffnen, Alicia? So schnell wie du die Tür auf gemacht hast musst du wahrscheinlich schon den ganzen Tag vor der Tür gelauert haben." Ogro war mit der Zeit zu meinem Ersatzvater geworden und sah es als seine persönliche Aufgabe sich auch als ein solcher zu verhalten. Er hatte mir beigebracht vorm Schlafengehen durch alle Zimmer zu laufen und zu schauen ob Türen und Fenster geschlossen und verriegelt waren. Er hatte mir alle Notfallnummern inklusive seiner eigenen solange eingebläut bis ich sie aus dem Effeff beherrschte und versuchte mir noch immer beizubringen nicht jedem die Tür zu öffnen. Die letzte Regel vergas ich allerdings jedes Mal. Es verirrte sich so selten jemand zu mir, dass ich immer viel zu neugierig war als dass ich mich dann noch daran erinnern würde. „Ich wusste ja, dass du es bist. Du hast dich ja angekündigt und dass mich gleich zwei an einem Tag besuchen kommen fand ich sehr unwahrscheinlich."
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Eine Dimension für zwei
FantasiaWas würdest du tun wenn deine komplette Familien Geschichte auf den Kopf gestellt wird? Was würdest du tun wenn du plötzlich besuch aus einer anderen Dimension bekommst? Lachen, weinen, schreien...? Begleite Mich auf meinem Weg ins Ungewisse. Durch...