Der rote Reiter

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An einem anderen Ort, kaum 100 Meilen weg von dem Highway 13 und dem toten Trucker. Auf einem fast leeren Parkplatz hinter einem Diner, konnte man wieder das Flüstern vernehmen. Die Stimme für Menschen kaum hörbar, schreckte jedoch eine streunende Katze auf, die sofort die Flucht ergriff.

,,Komm, es ist Zeit!", lockte die Stimme ,,Komm mein Reiter!"

Mit einem Zischen stand er da. Ein roter Sportwagen, mit glänzenden Felgen. Man hätte ihn für einen Ferrari halten können, denn er war feuerrot und auf seiner Motorhaube war eine Kühlerfigur eines aufgebäumten Pferdes zu erkennen. Nur die Scheinwerfer hatten eine seltsame Färbung, sie erschienen grünlich. Der Asphalt war immer noch erhitzt und qualmte unter den Reifen des Fahrzeugs, so als hätte er mit dem Feuer der Hölle den Teer erweicht.

Die Fahrerin, eine schwarzhaarige Schönheit stieg aus dem Wagen. Ihr langes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihre unnatürlichen grünen Augen streiften über den Parkplatz, fast wie ein Raubtier das sein Jagtgebiet durchkämmte und sich jedes Detail einzuprägen versuchte. Vereinzelte Autos und ein paar Trucks standen ein paar Meter weiter, doch niemand schien sie bemerkt zu haben.

Sie bot einen bizarren Anblick in ihrem schwarzen Einteiler, der wie eine zweite Haut über der Ihrigen lag. Dazu noch die dunklen Reitstiefel und das riesige zweihand Schwert, das in einer Scheide an ihrer Hüfte hang, es machte den Anschein als ginge sie einem seltsamen Fetisch nach.

Mit einem gezielten Griff nahm sie es aus der Halterung. Man hätte meinen können, dass die zierliche Frau kaum im Stande wäre eine solche Klinge nur ansatzweise vom Boden abzuheben, aber sie schien nicht von dieser Welt zu sein. Mit einer Leichtigkeit schwang sie das Schwert, hin und her als wolle sie ein Gefühl für die Waffe bekommen. Jeder Schwung zog ein surrendes, schneidendes Geräusch mit sich, als würde sie die Luft in zwei Hälften teilen. Mit einem Mal hielt sie Inne und betrachtete die Klinge genau, es war nicht das gleiche Schwert wie beim letzten Mal. Trotzdem gefiel es ihr sehr gut, der Griff saß perfekt in ihrer Hand und für die Klinge schien es keine Widerstände zu geben, so scharf war diese. Außerdem gefiel ihr das neue Designe am Knauf wo ein einzelner grüner Edelstein gefasst war. Doch sie war ja schließlich nicht zum Spaß hier, sie war hier um den Krieg zu bringen! Zufrieden steckte sie den Zweihänder in die Scheide zurück.

Neugierig schaute sie sich um.

Wo und vor allem wann war sie gelandet?

In zehn Metern Entfernung war ein beleuchtetes Gebäude, ein paar Menschen bewegten sich darin, sie konnte deren Aura wahrnehmen, jedoch keine die ihr gefährlich werden konnte. In welcher Zeit sie wohl gelandet war? Wie viel Zeit war vergangen seit sie das letzte Mal auf Erden gewandelt war? Das würde sie schon heraus finden, wer wusste schon was die Menschen für tolle neue Kriegswaffen entwickelt hatten. Sie freute sich jetzt schon darauf. Sie hatte es nie verstanden, warum diese Gattung von Lebewesen Waffen herstellte um sich gegenseitig zu zerstören, bei ihr selbst war es etwas anderes, immerhin diente sie nur diesem einen Zweck. Aber dennoch war es für sie nicht schlüssig, immerhin hatten sie doch auch den Instinkt sich fort zupflanzen und das Überleben der Spezies zu sichern, doch zerstörten die Menschen sich immer wieder selbst und lernten nie aus ihren Fehlern. Führten Kriege in Namen von Göttern oder fanden andere Ausrede um einen anzetteln zu können.

Mit schnellen Schritten lief sie zum Diner, immerhin wollte sie keine Zeit vergeuden.

Der Geruch von fettigem Essen und Zigarettenrauch stieg ihr schon am Eingang, in die Nase. Am der schummrig beleuchteten Theke saßen drei Männer, vermutlich Fernfahrer die ihr Feierabendbier tranken und in einer vierer Nische im hinteren Bereich, waren nochmals drei weitere Personen. Hinter dem Tresen war eine Tafel zu erkennen - zwei Bier zum Preis von einem, stand in einer geschwungenen Handschrift mit Kreide darauf.

,,Schau dir die mal an", sagte einer der Männer auf den Barhocker. Sein Sitznachbar schien nicht wirklich interessiert und nippte weiter an seinem Bier. Er wollte gerade austreten gehen, als er die Frau mit dem riesigen Schwert erblickte. Der Trucker, stieß seinem Gefährten mit dem Ellenbogen in dir Rippen ,,Schau doch!", sagte er mit aufgeregter Stimme. Jetzt hatten sich auch die anderen umgedreht. Die Frau beachtete sie gar nicht und schritt auf eine Sitznische zu, auf der noch das Geschirr der vorherigen Gäste, sowie eine Zeitung lag.

Paul, die Bedienung, der gleichzeitig auch der Koch des Diners war, ging auf sie zu. Seinen Bauch hatte er wohl zu viel Root Beer zu verdanken, dass er nur allzu gerne trank.

,,Ma'am", sprach er in dem harte Dialekt der in Wisconsins so typisch war dabei wippte sein kleiner roter Bart am Kinn bei jedem Wort mit ,,Wollen sie nicht lieber an einem der anderen Tische Platz nehmen?" Der glatzköpfige Riese von einem Mann zeigte auf die Sitzecke einen Tisch weiter.

Die Frau schaute auf sein Fingerzeig, kurz blieb sie ruhig, so als müsse sie überlegen was sie antworten sollte, als könne sie die Sprache nicht sprechen oder gar verstehen. ,,Nein danke! Er ist so gut wie jeder andere!", antwortete sie, dabei betonte sie ein Wort nach dem anderen. Paul fand das Outfit seltsam, jedoch hatte er auch schon schlimmeres gesehen, so manch ein komischer Vogel hatte sich schon in sein Diner verirrt, da war ihm diese Frau lieber. Jedoch wirkte sie auf ihn mechanisch und dies lag nicht nur an ihrer komischen Verhaltensweise, nein auch an ihrer harten, kaum vorhandenen Mimik. Für eine Frau hatte sie sehr harte Gesichtszüge, was an ihren hervorgetretenen Wangenknochen liegen konnte oder waren es die raubkatzenartigen Augen die sich ihre Umgebung genau zu fokusieren schienen? Paul konnte es nicht mit Gewissheit sagen.

Der Koch stapelte die zwei leeren Teller und wollte gerade nach der Zeitung greifen, als die Hand der Frau nach vorne schnellte und das Papier auf dem Tisch hielt. ,,Die hier nicht!" Perplex nickte Paul, ließ die Zeitschrift jedoch liegen. Sie war so unglaublich schnell, wie war das möglich?

Die drei Männer die hinten an einem der schlecht beleuchteten Tische saßen, setzten sich in Bewegung. Es waren Kerle von der Sorte denen man nachts nicht begegnen wollte, man konnte schon von Weitem sehen, dass sie auf Ärger aus waren. Was sicher nicht nur daran lag, dass diese total alkoholisiert waren.

,,Die Knete liegt auf dem Tisch, Meister!", brummte der große kräftige von ihnen, zum Koch gerichtet, welcher gerade dabei war das Geschirr hinter die Theke zu transportieren. Der kleine, dürre der ihm folgte musterte die Frau mit dem Schwert ganz unverhohlen, ein zahnloses Lächeln machte sich auf seinen Lippen breit. Der mittlere der Dreien, schielte nur kurz zu ihr rüber beachtete sie jedoch nicht großartig. Sie schritten an ihr vorbei und verschwanden nach draußen in die Nacht.

Die Frau studierte die Zeitung, dem Datum nach war heute der 01. Juni im Jahr 2019.

Die Erlösung stand kurz bevor. Diese Welt war jetzt schon verloren. Wenn die Menschen aus einer ihrer Sünden starben, waren sie es sowieso nicht wert zu leben. Sie und ihre Mitstreiter würden die Todesstrafe sein, die für alle Menschen gleichermaßen galt. Doch anfangen würde sie mit diesen Dilettanten Schwachköpfen die es wagten, sich in diesem Moment an ihrem Streitross zu schaffen zu machen. Mit diesem Gedanken stand sie auf und verließ das Diner.

The White Rider #colouraward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt