Bernsteinaugen

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"Brauchen Sie noch etwas, Mr Lanquell?", hakte die junge, zierliche Rehdame neugierig nach.
Cyrus wischte noch ein paarmal mit dem trockenen Lappen über die spiegelglatte Glasvitrine, bevor er in die weiten, mandelfarbenen Augen seiner Angestellten blickte, welche vor ihm stand. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass unsere Arbeit für heute erledigt ist", versicherte er ihr zum etlichsten Mal, während das Sri-Lanka-Riesenhörnchen auf seine Armbanduhr schielte: Sie zeigte 23 Uhr 10 an, es war also bereits tiefste Nacht in der Innenstadt Zoomanias. Normalerweise führte Cyrus Lanquell seinen bescheidenen Juwelier, den "Crystail Shimmer", sonntags nur von Neun in der Früh bis Neun Uhr abends, doch heute musste er wegen der immensen Nachfrage seines neuen Sortiments erstmals Überstunden machen- die vor Kurzem erschienene Kollektion erwies sich als regelrechter Kassenschlager, und würde die Ware nicht hinter gläsernem Schutz liegen, würden besonders gierige Kunden ihre Pfoten dannach ausstrecken.
Cyrus' Assistentin, Rehkitz Barbara Woods, hatte ihre Ausbildung als Kristallschleiftechnikerin seit gerade mal drei Monaten abgeschlossen, da hatte sie ihren Job bei "Crystail Shimmer" angenommen und gab jeden Tag einhundertzehn Prozent für ihre Arbeit her, machte wöchentlich freien Willens so oft Überstunden, dass sich ihr Vorgesetzter langsam zu fragen begann, was diese junge Erwachsene eigentlich so in ihrer Freizeit trieb. Dank Barbaras Verdienst strömten pro Tag noch mehr Kunden in den Laden als jemals zuvor.
"So", murmelte Cyrus zufrieden und stämmte die Hände in die fülligen Hüften, "Na dann würde ich sagen, es ist Zeit für unseren wohlverdienten Feierabend."
Barbaras rechtes Ohr zuckte. "Haben Sie die Vitrinen überprüft?"
"Alles sauber verschlossen."
"Was ist mit den Hinterräumen?"
"Aufgeräumt, sotiert, durchgefegt."
"Und der Tresor?"
"Liegt sicher im Keller versteckt."
"Haben wir schon Kassensturz gemacht?"
Dem Riesenhörnchen entfuhr ein kehliges, erheitertes Lachen. "Wenn du mir hier weiter Löcher in den Bauch fragst, Kindchen, stehen wir bis morgen noch hier!"
Beschämt ließ Barbara den schmalen Kopf hängen. "Ich möchte Ihnen doch nur helfen, damit auch alles seine richtige Ordnung hat", schmollte sie, ihre zum Hundeblick verzogenen Äuglein wurden vom blendenden Deckenlicht ganz glasig gefärbt, sodass sie wie poliert aussahen.
Cyrus lächelte sanftmütig und streckte sich über den Tresen, um ihr zuversichtlich eine Pfote auf die Schulter zu legen. "Meine Liebe, das tust du doch schonlängst", bekräftigte er liebevoll, "Niemand im meinem langen Leben hat mir bisher so tatkräftig unter die Arme gegriffen wie du. Aber du musst auch mal auf Pause schalten und an dein eigenes Wohl denken - schließlich bist du noch so jung, und hast noch viele, schöne Dinge vor dir."
Nach seinen Worten hellte sich Barbaras Gesicht in Sekundenschnelle auf und strahlte ihn an. "Da bin ich aber froh", lachte die Rehdame und hüpfte von einem ihrer dünnen Beine auf das andere, "Vielen lieben Dank, Mr Lanquell!"
"Immer wieder gern", entgegnete Cyrus wohlwollend, "Und wie schon gesagt, kannst du mich gerne beim Vornamen rufen."
"Ich werd's versuchen", versprach Barbara eifrig und sprang nach hinten, um sich ihren beigen Wollmantel vom Gaderobenständer in der Ecke zu greifen und ihn sich überzustreifen, "Am Dienstag backt meine Mama Apfel-Mandelkuchen für die ganze Familie- ich bringe Ihnen dann welchen mit!"
"Da freue ich mich aber." Cyrus klopfte sich auf seinen mit hellbraunem, dichten Fell bewachsenen, pummeligen Bauch. "Und mein Magen ebenso!"
Die Rehdame schwang sich ihre magentafarbene Handtasche um und öffnete vorsichtig die Ladentür, wobei das an der Wand befestigte Glöckchen fröhlich aufbimmelte.
"Gute Nacht, Mr Lanquell!"
"Bis morgen dann!"
Das Riesenhörnchen winkte ihr nach, als sie die Tür hinter sich verschloss und mit hüpfenden Schritten den Heimweg antrat, bis sie aus seinem Blickfeld verschwand.
Hach, die Jugend von heute, dachte sich der Inhaber des Juwelier und schmunzelte sehnsüchtig. Trotz seines höheren Alters spürte er zu dieser Uhrzeit keinerlei Müdigkeit unter seinen Knochen.
Das fahle, milde Licht des Vollmondes schien durch das Schaufenster und brachte die davor ausgestellten Schmuckstücke aus Perlen und Rohdiamanten zum prachtvollen Schillern. Cyrus rückte sich zufrieden die Brille auf der Schnauze zurecht und starrte wortlos in die kühle, stille Frühlingsnacht hinaus. Kein Säugetier oder Fahrzeug trieb sich auf den Straßen herum, was manche als beängstigend, das Riesenhörnchen aber als recht beruhigend empfand, im Kontrast zum ständig gestressten, gehetzten Großstadtleben.
Der Juwelierbesitzer schritt hinüber zu seinem Arbeitszimmer, welches ein paar Räume weiter im Gebäude lag. Gelangweilt schaltete Cyrus das Licht an und ließ sich auf den Drehstuhl fallen, welcher unter seinem Gewicht quietschte. Er rückte an sein Pult und lehnte sich mit verschränkten Armen auf die saubere Tischplatte. Das tat er immer, wenn er am Feierabend nichts vorhatte. Bei ihm daheim wartete nämlich keine Familie, die ihn mit müden, lächelnden Gesichtern willkommen hieß. Cyrus wohnte nämlich allein in der Innenstadt, in einer gemütlichen Ein-Zimmer-Behausung an der Ecke des Juweliers. Sein Leben hier war einfach. Ohne Aufregung, aber glücklich.
Doch manchmal auch sehr einsam.
Seufzend sank sein pelziges Kinn auf seine Vorderpfoten. War das vielleicht der Grund, warum er so viel Zeit im Laden verbrachte? Um die Leere zu füllen, die der Tod seiner Ehefrau vor vier Jahrzehnten hinterlassen hatte?
Cyrus Augen schweiften durch sein Arbeitszimmer, bis sie bei einem Bilderrahmen aus Dattelpalmenholz hängen blieben. Auf dem Foto darin waren seine Eltern und seine jüngere Schwester Brianna zu sehen, wie sie im Sand spielten und glücklich in die Kameralinse grinsten. Das Herz des Riesenhörnchens ging bei der Erinnerung an diesen sorglosen, freudvollen Ausflug immer aufs Neue auf, weil er sich jedes Detail dieses Spaziergangs gemerkt hatte, obwohl damals jede andere, gewöhnliche Tag so begonnen hatte.
Cyrus verfiel ins Grübeln, seine Krallen trippelten in einem unregelmäßigen Rhytmus gegen dem Tisch. Vielleicht sollte er Brianna anrufen, nur um ein bisschen Smalltalk zu führen, wie es ihr und ihren Zwillingstöchtern erging? Soweit er wusste, lebte seine Schwester am Sahara Square, wo zu jeder Jahreszeit die Sonne vom Himmel brannte.
Wofür hätte sich meine Carmen entschieden?
Er traf eine Entscheidung und holte sein Handy (oder Smartphone, oder wie man diese modernen, tragbaren Telefone mit Bildschirm auch nannte) von der Marke Peanut aus seiner Hosentasche hervor und aktivierte den Screen, welcher grell aufleuchtete, und suchte Briannas Nummer heraus. Zögernd schwebte seine Tatze über dem Bildschirm, dann wählte er kurzerhand Anrufen.
Es klingelte, und Cyrus wartete. Plötzlich erregte ein Geräusch seine Aufmerksamkeit: Ein Klingeln, dass sich ganz nach dem Glöckchen an der Eingangstür anhörte.
Cyrus warf verwirrt den breiten Kopf in die Richtung, aus der das Bimmeln stammte. Hatte Barbara etwa wieder den Laden betreten?
Stöhnend fand er Halt auf seinen Hinterpfoten. "Ich hatte dir doch gesagt, Mädchen", beschwerte er sich ärgerlos, "Wenn du deine Tasche hier nicht dauernd vergessen willst, dann musst du sie in deinen Spind sperren!"
Ein wenig genervt schob sich das Riesenhörnchen zurück an seinen eigentlichen Arbeitsplatz, um Barbara aus Spaß für ihre Ungeschicklichkeit zu tadeln. Doch zu seiner großen Überraschung stellte er fest, dass der Raum leer war, und abgesehen von ihm sich niemand sonst im Laden befand.
Dafür hing die Eingangstür nun einen Spalt weit offen aus dem Schloss.
Cyrus legte den Kopf schief. Hatte seine Assistentin denn vorher nicht abgeschlossen? Dabei hätte er glatt schwören können, sie genau beobachtet zu haben, als sie gegangen war...
Verwirrt hob der Juwelier-Besitzer die Brille hoch und rieb sich die Augen, danach starrte er erneut auf die klappernde Türspalte.
Das macht wohl das Alter mit mir, schätzte er missmutig und entschied, nicht weiter darüber nachzudenken. Schnellen Schrittes bewegte Cyrus sich nach vorne und holte seinen eigenen Schlüsselbund aus der ausgeleierten Hosentasche, um den Eingang zu seinem Geschäft sicher zu verschließen.
Als sich das Riesenhörnchen schon unbedacht umdrehen wollte, bemerkte er mit noch größerem Staunen, wie die Lichter über ihm plötzlich begannen, unregelmäßig zu flackern. Mit leichter Empörung schüttelte Cyrus den massigen Kopf.
Energiesparlampen, nennen sie die Dinger, schimpfte er gedanklich, die Pfoten in die Hüften gestämmt, Dabei hatte ich meine Stromrechnung diesen Monat doch erst vor Kurzem abbezahlt!
Gerade wollte sich der Juwelierbesitzer auf den Weg zum Stromkasten machen, da sprangen die Lampen wie auf Knopfdruck wieder an, das Flackern hatte aufgehört.
Na bitte, lächelte Cyrus befriedigt unf schlurfte zurück in sein Arbeitszimmer. Sein Handy hatte er nämlich dort offen liegen gelassen, vielleicht war Brianna ja schonlängst ans Telefon gegangen?
Der Witwer schritt den ihm vertrauten Gang entlang, und fühlte sich aufgrund der seltsamen Vorkommnisse äußerst irritiert. Vermutlich hatte ihn jemand nur einen Lausbubenstreich spielen wollen.
Zipp.
Cyrus hielt aprupt an, als mit einem ausklingenden Geräusch die gesamte Beleuchtung seines Ladens ausfiel. In der Dunkelheit stehend, schnaubte er durch die Nasenlöcher, diesmal wahrlich verärgert. Da zahlte man als ehrlicher Bürger Zoomanias ordentlich Steuern, und dann passierte so etwas!
Von den Fähigkeiten Gebrauch nehmend, die ihm als Sri-Lanka-Riesenhörnchen in die Wiege gelegt wurden, suchte Cyrus den Eingang seines Arbeitszimmer mithilfe seiner langen Barthaare, die an den Wänden seines stockdunklen Geschäfts entlangstreiften. Während er langsam aber sicher die Orientierung fand, hörte der Juwelierbesitzer weit im Hintergrund das Kratzen von Krallen, die über den Fußboden scharrten. Erschreckt wirbelte er um, sein Puls beschleunigte sich rapide und er verfluchte sich für seine Schreckhaftigkeit.
"Hallo?", rief er unsicher in die Dunkelheit hinein, die ihm auf einmal nicht mehr so gewiss vorkam, wie er es sich erhofft hatte. Er erhielt keine Antwort, sondern vernahm stattdessen ein gedrosseltes, federleichtes Atmen, bloß ein paar Fuchslängen hinter ihm.
Mit einem Schauer über den Rücken wurde Cyrus bewusst, dass ihm hier kein einfacher Jungenstreich gespielt wurde: Sein Laden wurde in jenem Moment vermutlich hinterhältig ausgeraubt!
Wenn das Riesenhörnchen seinen Instinkten Glauben schenkte, dann stammte der Einbrecher aus einer Tiergattung, die scharfe Krallen besaß und die Fähigkeit hatte, sich beinahe geräuschlos fortzubewegen.
Unbändige Angst stieg in Cyrus auf. Was sollte ein gealtertes Würstchen wie er schon gegen ein mögliches Raubtier ausrichten können? Bei seiner Gattin Carmen hatte er ja gesehen, wie kläglich der Versuch eines Gegenangriffs scheitern konnte...
Zwanghaft verdrängte der Witwer die schmerzlichen Erinnerungen und legte eine Pfote auf den Knauf - doch da fiel ihn ein, dass er die Tür zu seinem Arbeitszimmer doch garnicht verschlossen hatte...
Verzweifelt rüttelte Cyrus an der Tür, doch sie ließ sich nicht öffnen. Er hatte nicht genügend Zeit, um den Schlüssel herauszuholen, da er sonst Gefahr lief, dem Räuber aufzufallen - falls er noch nicht längst bemerkt wurde. Außerdem konnte man im Moment kaum die Pfote vor den Augen sehen, und da sich sein Handy auf der anderen Seite der verfluchten Tür befand, musste er wohl oder übel den Notausgang an der gegenüberliegenden Richtung des Flurs benutzen.
Mit all der restlichen Energie in seinen knackenden Gelenken nahm Cyrus Anlauf und rannte wie von der Tarantel gebissen geradeaus, in der Hoffnung, den rettenden Notausgang zu erreichen.
Doch seine Hoffnungen wurden jäh im Keim erstickt, als er kaum einen halben Mäuseschritt hinter sich entfernt einen kalten, hauchenden Atemzug spürte, welcher sein dichtes Nackenfell zerteilte. Die eisige Luft, die dieses Wesen bließ, brachte Cyrus mehr zum Erzittern als jeder noch so verschneite Winter in Tundra Town.
"W-Wer sind Sie?", stammelte der Juwelierbesitzer und konnte nicht verhindern, dass seine Stimme vor lauter Furcht ganz brüchig sprach, "Was w-wollen Sie von mir?"
Es dauerte einen schier nie enden wollenden Augemblick, bis sich eine verblüffend flauschige Schnauze sanft an sein Ohr drückte. Cyrus' Körper erbebte wie eine aufgescheuchte Herde von Antilopen.
"Nur jemand, der seine Arbeit erledigen möchte", schnurrte eine leise, warme Stimme mit honigsüßem Tonfall in sein Ohr, "Und ich will, dass Sie Ihre Frau einen netten Gruß von mir bestellen."
Dornenscharfe Krallen vergruben sich in sein Rückenfell, und bevor Cyrus Lanquell die Kraft hervorbrachte, um nach Hilfe zu schreien, wurde sein Klagen von einem mächtigen, nahezu barbarischen Hieb erstickt, und er sackte zu Boden. Das Letzte, was das Riesenhörchen zu erblicken wagte, war die vor seinen alten Augen schwindelnde Dunkelheit.

Hochzufrieden leckte sich die dunkle Gestalt über ihre gepflegten Krallen. Diese Aufgabe hatte sie schonmal erledigt, dachte sie sich, und ein heiteres Lachen stieg in ihrer Kehle auf. Dennoch riss sie sich am Riemen und schwieg beharrlich, da trotz der nächtlichen Ruhe eine mögliche Gefahr herrschte, dass ein anderes Säugetier Wind von der Aktion bekommen könnte.
Gedankenlos streifte der Blick der Gestalt über das Sri-Lanka-Riesenhörnchen, welches regungslos am leeren Boden lag, die Augenlider halb geschlossen, halb geöffnet. Hätte sie genauer hingesehen, hätte sie wahrscheinlich ein schauriges Bild erhalten, ein verletztes Nagetier, der aschgraue Pelz getränkt mit einer bordeauxfarbenen Flüssigkeit...
Aber die Gestalt schaute nicht weiter darauf. Zum einen aus Abscheu, zum anderen aus konstanten Desinteresse.
Sie beugte sich dennoch zum Juwelierbesitzer hinunter, um ihm vom koboldgrünen Pullunder eine Fluse zu zupfen - als Beweis dafür, dass sie saubere Arbeit geleistet hatte. Danach nahm sie dem schlaffen Nager die Hornbrille vorsichtig ab, die zuvor noch auf seiner breiten, rosa Nase geruht hatte.
"Es tut mir wirklich ausgesprochen leid für Sie", flüsterte die Gestalt ihm mit ernst gemeintem Bedauern zu, "Aber Sie hätten vielleicht eine andere Berufung wählen sollen."
Selbstverständlich erwartete sie keine Rückmeldung für ihre Entschuldigung, und sie bekam auch keine. Mit einem stummen Seufzer steckte sich die diebische Gestalt die Brille ein, anschließend öffnete sie mit Leichtigkeit die geschickterweise verschlossene Tür des Arbeitszimmers mithilfe ihrer Krallen. Elegant bahnte sie sich den Weg in das von einer einzigen Leselampe auf einem Schreibtisch erleuchtet wurde. Das erzeugte eine schön gruselige Atmosphäre, welche die Gestalt veranlasste, für einen Moment die Augen zu schließen und die geliebte Stille in vollen Zügen zu genießen.
Danach erregte eine aufgebrachte, weibliche Stimme ihre Aufmerksamkeit.
"Cyrus!! Cyrus, kannst du mich hören?! Antworte doch! Ist etwas passiert? Geht es dir gut? Ich rufe die Polizei, wenn du nicht bald antwortest!"
Die Gestalt erblickte mit großem Überraschen ein Handy von Peanuts auf dem Schreibtisch, von welchem der Screen verdunkelt wurde und aus welchem die besorgte, aufbrausende Stimme stammte.
Da war ich wohl doch nicht vorsichtig genug gewesen, tadelte sie sich selbst und zuckte gleichgültig mit den Schultern, Na ja, ist ja halb so schlimm. Um die Familie des Opfers kümmere ich mich später.
Mit ihrer behandschuhten Pfote griff die Gestalt nach dem Handy und unterbrach den gewählten Anruf, sodass die Frauenstimme verstummte. Viel besser, dachte sie sich und lächelte aufgrund der herrlichen Geräuschlosigkeit, die erneut die Nacht beherrschte. Sie wählte die Anruferliste und löschte sämtliche Kontakte, die darin angezeigt wurden, nur, um sicherzugehen. Gleich darauf gab die Gestalt eine geheime Nummer ein, die niemand anderes kennen durfte. Es dauerte einige Sekunden, bis der Anruf funkte und eine vertraute Stimme sich zu Wort meldete.
"Ja?"
"Hier Yelloweyes", gab die Gestalt bekannt und ihre fröhliche Stimmung blieb kaum verborgen, "Der Auftrag wurde erfolgreich und ohne Konflikte ausgeführt."
Das Subjekt am anderen Ende der Leitung lachte krächzend.
"Sehr gut gemacht", lobte er keuchend, nachdem der Augenblick der Freude verflogen war, "Und hast du das Zielobjekt ausgeschaltet?"
"Problemlos", beruhigte die Gestalt herzlich, "Außerdem habe ich die Nachricht hinterlassen, wie Sie es wollen."
"Gut so", knurrte die andere Stimme halbherzig.
"Und was wird unser weiteres Vorgehen sein?"
"Das werde ich dir erzählen, wenn wir Phase Zwei unseres Plans hinter uns gebracht haben", erklärte das Subjekt und schien sich zu sammeln, bevor er die folgenden Kommandos darlegte, "Doch vorher kehrst du ins Hauptquartier zurück, und ich möchte, dass du dabei keine weiteren Schweinereien anrichtest." Die Stimme am anderen Ende wurde bierernst. "Hast du mich auch verstanden, Yelloweyes?"
Bevor die Gestalt den Faden des Gesprächs wieder aufnahm, zog sie auf ihrer Jackentasche einen begehrten, zehnkarätigen Diamanten hervor und betrachtete ihn eingehend. Dieses kleine Kinkalitz brachte ihr Herz höher zum schlagen als jede aufregende Tat, die sie in ihrem Leben begangen hatte. Während die Gestalt das Schmuckstück bewunderte, warf der dosengroße Diamant die Spiegelung ihrer bernsteinfarbenen, schmalen Augen zurück.
"Keine Sorge", antwortete sie daraufhin und grinste ihre Reflektion unbekümmert an, "Ich werde Ihre Warnungen so ernst nehmen, wie es für meine Verhältnisse üblich ist."
Ohne Weiteres unterbrach die Gestalt den Anruf und konnte ihr amüsiertes, glockenhelles Kichern kaum unterdrücken.

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ZPD - Verhoppelt und ausgefuchst! 🐰👮🐱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt