Kapitel 6
Aneinander gekuschelt lagen wir am Lagerfeuer und betrachteten die Sterne. Ich glaub ich muss es mir endlich eingestehen, ich hab mich in Vic verliebt. Wenn mein Stiefvater das jemals heraus kriegt dann werde ich wahrscheinlich im Krankenhaus landen. Ach Scheiß drauf. Ich hab ja noch ein paar Wochen zum Genießen, bevor ich wieder zu diesem dreckigen Arsch zurück muss. Nur was wird dann aus Vic und mir. Was ist wenn sie eine ernsthafte Beziehung mit mir will. Ach was, sie ist nicht der Typ dafür, für sie ist es sicher nur eine Sommerromanze. Oder auch nicht? Fuck ich weiß immer noch nichts über sie. Ich will aber auch nicht den schönen Moment kaputt machen wenn ich sie drauf anspreche. Vielleicht will sie nichts über sich Preisgeben. Sie hat sicher ihre Gründe dafür. Ach komm schon Cora, hör auf nachzudenken und genieße einfach das was du hast, du denkst schon wieder alles zu Tode.
Auf einmal keimte ein Gedanke in mir auf, denn ich zwar nicht aussprechen wagte, jedoch brannte er mir ein bald ein Loch in die Zunge wenn ich ihn nicht loswurde. „Hey, Vic, ähmm... sag mal, hättest du vielleicht mal Lust, also nur wenn du magst, ach verdammt.", ich brach mitten in meinem Gestammel ab. Sie sah mich mit einer Mischung aus Sorge und Belustigung an. „Komm sag schon was dir auf dem Herzen liegt.", flüsterte sie mir ins Ohr, während sie mich näher zu sich zog. Ich lief quitschrot an. Na zum Glück ist es mittlerweile schon so dunkel dass sie nicht sieht das ich mich so geniere. „Willst du... ich meine, darf ich dich auf ein Date einladen?", stotterte ich nun endlich meine Frage hervor. Ein beklommenes Schweigen breitete sich zwischen uns aus. „Du meinst so ein richtiges Date mit Abendessen und allem?", hakte sie sichtlich verunsichert nach. „Ja.", sagte ich. Gott, wie kann man nur so blöd sein, jetzt wird sie mir einen Korb geben und das war's dann mit uns. „Nein, Nein, so war das nicht gemeint.", schob sie schnell nach als sie mein Blick sah. Sie seufzte tief und flüsterte: „Ich will natürlich liebend gerne, nur mich hat nur noch niemand auf ein Date eingeladen." Beschämt und traurig sah sie zu Boden. OH MEIN GOTT, hat sie gerade wirklich ja gesagt? Ich nahm ihr Kinn zwischen meine Hände und hob sacht ihren Kopf an. Leise raunte ich ihr ins Ohr: „ Du hast mich gerade zum glücklichsten Mädchen der Welt gemacht."
Noch lange lagen wir so am Feuer und genossen das Schweigen. Es war keine unangenehme Stille, wie wenn man sich nichts mehr zu sagen hat, es war mehr eine stille Übereinkunft, ein unvergesslicher Moment zwischen Vic, dem Feuer das Knistert und mir. „Weist du", sagte Vic während sie einen Arm um mich schlug, „es wäre schön wenn das Leben wie eine Schallplatte wäre." Ich sah sie fragend an: „Wie meinst du das?" Verträumt sah sie über den See, der im Licht der Sterne silbern glitzerte. Es dauerte ein paar ‚Augenblicke bis sie antwortete: „Na ja, dann müsste sie nur noch im schönsten Momenten springen, und man hört nur noch diesen einen Augenblick." Ich kuschelte mich in ihre Arme und sagte: „Ich glaub ich hab mich in dich verliebt."
Stille folgte auf meine Worte. Jedoch war es keine angenehme Stille mehr, sondern ein erdrückendes, fast schon physisch spürbares Schweigen. Ich füllte, mit jeder Minute des Schweigens wie der Druck auf meiner Brust zunahm und mir die Luft abschnürte.
Total genial, wirklich. Etwas dümmeres hätte dir nicht mehr einfallen können, ich meine du kennst sie kaum, ihr wart noch nicht einmal auf einem Date, und du sagt's ihr das du dich in sie VERLIEBT hasst??? Das du denn Moment komplett zerstört, in den Boden gestampft und vernichtet hast ist dir wohl auch klar. Und was wird sie sich jetzt wohl denken, sie hat bis jetzt noch nicht geantwortet und sind sicher 15 Minuten vergangen seit du diesen Bullshit losgelassen hast. „Ich sollte dann mal wieder nach Hause gehen, es ist schon spät.", murmelte Vic beklommen, während sie aufstand und ihre Sachen zusammenpackte. Ich konnte ihr nicht einmal mehr in die Augen schauen so sehr schämte ich mich, also nahm ich den restlichen Kram und lief ihr traurig und wüten zugleich hinterher.
In mir tobte ein ganzer Gefühlstornado. Scham, Wut, Traurigkeit, Hilflosigkeit und Verachtung für mich selbst. Gott, jetzt weiß ich wieder was mein Stiefvater gemeint hat, als er gesagt hat wenn ich nicht lernen würde meine Gefühle zu kontrollieren, würde ich nie etwas aus mir machen. Der Weg bis zu meiner Haus meiner Tante kam mir ewig vor, jeder Schritt lief in Slowmotion ab, und das schlimmste war, ich konnte meine Augen nicht von Vic abwenden. Wie sie mit leicht Schwingenden Hüften vor mir lief. Schlag dir das mal ganz schnell aus dem Kopf, du wirst sie nämlich nie wieder sehen. Als wir am endlich beim Haus ankamen traute sich keiner etwas zu sagen. Nach gefühlten Stunden des Schweigen stammelte ich schließlich hervor: „Ich weiß nicht was ich sagen soll, ich..., es tut mir leid wirklich." Tränen schossen meine Augen hoch. Ich spürte wie sich ein Schluchzen meine Kehle hochquälte und egal wie sehr ich mich anstrengte, es ließ sich nicht unterdrücken. „Hey, bitte nicht weinen, es ist ja nichts passiert, ich...", mitten im Satz brach Vic ab. Ich konnte nicht anders als mich umzudrehen und mit Tränenüberströmten Gesicht ins Haus fliehen. Ich warf mich aufs Bett und gab mich meinem Selbstmitleid völlig hin. Es musste ungefähr eine Stunde vergangen sein seit ich Vic stehen gelassen hatte. Ich hatte mich in der Zwischenzeit so sehr beruhigt das ich mir wenigstens ein Glas Wasser aus der Küche holen konnte. Während ich an der Spüle stand sah ich aus dem Küchenfenster, und hätte fast das Glas fallen gelassen als ich sah das Vic immer noch da draußen stand. Das kann jetzt wohl nicht wahr sein. Sie steht immer noch da, am genau gleichen Ort wo ich sie stehen lassen habe. Oh Gott, was hab ich nur jetzt wieder angestellt. Aus dem Küchenwinkel heraus beobachtete ich sie. Ich wusste dass sie mich nicht sehen. Mit hängendem Kopf stand sie da und bewegte sich keinen Millimeter, als ob sie sich nicht sicher wäre ob sie zu mir reinkommen soll, oder für immer verschwinden sollte. Händeringend hob sie den Blick und sah zur Tür. Pure Verzweiflung spiegelte sich auf ihrem Gesicht wieder. An ihrem Wangen liefen, im Mondschein silbern schimmernd, Tränen herab. Sollte ich zu ihr rausgehen? Fuck was soll ich tun? Wenn doch nur mein Vater jetzt da wäre, er wüsste was ich machen sollte. Nein, jetzt ist nicht die Zeit um an ihn zu denken, ich muss mich um die Scheiße kümmern die ich verbockt habe. Mit zitternden Beinen Ging ich langsam auf die Tür zu. Mein Magen fühlte sich an als würde er eine Achterbahn fahrt machen. Die Hand halb zur Klinke ausgestreckt, hielt ich mitten in der Bewegung inne. Ich kann das nicht, ich kann jetzt nicht einfach rausmaschieren und alles in Ordnung bringen. Verdammt wieso hab ich nur so wenig Mut. Völlig verzweifelt Hämmerte ich mir meine Hand gegen die Stirn. Langsam, ganz langsam brachte ich meine Hand dazu die Türklinke zu umfassen. Es fühlte sich an als ob mein Körper nicht mehr mir gehört. Als ich nach einigen weiteren Ewigkeiten endlich den Mut gefunden hatte um die Tür zu öffnen, war sie weg. Vollkommen verzweifelt brach ich in Tränen auf der Veranda zusammen. Ich weiß nicht wie lange ich so zusammengekauert auf der Veranda lag, aber ich muss wohl eingeschlafen sein denn ich wachte mit den ersten Sonnenstrahlen auf.
Die restlichen Wochen waren sehr einsam und Trübselig. Die meiste Zeit verbrachte ich in meinem Zimmer. Meine neue Lieblingsbeschäftigung war heulend auf mein Handy zu sehen ob vielleicht eine Nachricht von Vic kam, doch nichts rührte sich. Kein Anruf, keine SMS, rein gar nichts.
Und dann war es soweit. Ich musste wieder zurück zu meiner Mutter und meinem Stiefvater.
Also fassen wir mal zusammen. Du hast dich in ein Mädchen verliebt über das du gar nichts weißt. Du hast ihr noch vor eurem ersten Date gesagt das du Sie liebst. Du hast sie dann weinend stehengelassen und seit dem habt ihr keinen Kontakt mehr. Und zur Krönung musst du jetzt wieder die Launen und Schläge deines Stiefvaters aushalten. Das klingt ja so als hättest du all das erreicht was du erreichen wolltest diesen Sommer.
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Unbelievable
Teen FictionEine Reihe von Ereignissen, so unglaublich wie wahr. Die Geschichte handelt von der Reise einer Person und welche unglaublichen Geschehnisse auf sie lauern.