Kapitel 7

6 1 0
                                    

Mit Tränen in den Augen verabschiedete sich meine Tante von mir. „Und das du dich auch wieder mal meldest bei mir, okay? Und bitte vergiss nicht auf dein Karma zu achten. Und immer schön lernen für die Uni, du weißt ja wichtig Bildung für Marc ist. und du willst ja nicht dass er enttäuscht ist von dir. Und pass im Zug auf das du nicht einschläfst, man weiß ja nie was sich für ein Gesindel heutzutage alles herumtreibt. Ich hab dich unendlich lieb, vergiss das bitte nicht, ach komm her, lass dich noch einmal drücken."

Sie schloss mich fest in die Arme und erstickte mich fast dabei. Ächzend und nach Luft japsend brachte ich noch heraus: „Wenn du mich so weiter drückst, ist mein nächstes Ziel die Leichenhalle."

„Oh, das tut mir leid, du weißt ja wie ich bei Abschieden bin." sagte meine Tante und lächelte mich entschuldigend an. Während ich noch nach Luft rang und versuchte mich zu erholen, sagte ich: „Schon gut, ich lebe ja noch."

Mit laut quietschenden Bremsen fuhr der Zug ein. Ich hievte meine Koffer hinein und suchte mein Abteil. Während ich mein Gepäckdurch die Gänge des Zuges schleppte und meine Abteilnummer suchte schweiften meine Gedanken wieder mal zu Vic. Sofort zog sich mein Magen zu einem schmerzhaften Klumpen zusammen und eine zermürbende Traurigkeit überfiel mich. Als ich meine Koffer fluchend in die Ablage über mir verstaut hatte, und es mir einigermaßen bequem gemacht hatte, blickte ich ziellos aus dem Fenster. ich nahm es nicht einmal richtig war als die Schiebetür des Abteils aufging und sich Jemand gegenüber mir hinsetzte. Einige Zeit später, als ich zu meiner Wasserflasche greifen wollte, und kurz den Blick von den weiten Landschaften abwandte, bemerkte ich wer dieser jemand war. Als hätte ich einen Geist gesehen, sprang ich von meinem Sitz auf und riss meinen Mund zu einem lautlosen Schrei auf. „Heilige Scheiße!", rief ich fassungslos, „was machst du denn hier? Ich meine, ich freue mich dich zu sehen, aber ich hatte das einfach nicht erwartet, nach allem was passiert war." Vor mir saß niemand anderes als Victoria. Sie sieht immer noch so schön aus wie damals. Ihre Augen, dieses wunderschöne blase Blau, das trotzdem so zuversichtlich strahlte. Oh Gott, was sag ich denn jetzt nur, soll ich sie umarmen, oder soll ich nichts sagen. Wieso hatte sie sich überhaupt hierhin gesetzt? Und warum hat sie mich nicht angesprochen, oder besser angeschrien, denn das hätte ich verdient.

Anstatt einer Antwort schloss sie die Arme um meine Hüfte und zog mich ganz dicht an mich. Ich spürte wie ich rot anlief, meine Wangen glühten und mein Magen machte Loopings, soviel Schmetterlinge tummelten sich darin. „Du schuldest mir noch ein Date.", flüsterte sie mir ins Ohr, bevor sie mich sachte, aber doch voller Sehnsucht küsste. Wie weich ihre Lippen sind. Und der Duft ihrer Harre, am liebsten würde ich mich nie mehr von diesen süßen Lippen lösen. Ich werde dieses Mädchen wohl nie verstehen. Langsam lösten wir uns voneinander und setzen uns wieder hin. „Ich...", fing Vic an, brach jedoch gleich wieder ab. „Ich meine, es ..., fuck, ich weiß nicht wie ich das sagen soll, ich wollte mich bei dir entschuldigen.", denn letzten Teil ihrer Entschuldigung war nur noch geflüstert. Hatte sie sich gerade bei mir entschuldigt, oder habe ich Wahnvorstellungen? Wieso zum Henker sollte sie sich bei mir entschuldigen? Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Traurig wendete sie denn Blick von mir ab. „Also ich weiß echt nicht warum DU dich bei MIR entschuldigen müsstest.", sagte ich während ich mit einer Hand ihr Kinn anhob, sodass sie mir in die Augen schauen musste: „Wenn dann bin ich es die sich entschuldigen müsste. Ich hab ja schließlich Scheiße gebaut nicht du. „

Traurig und verletzt sah sie mich an. „ Nein das stimmt nicht, Du hast nichts falschgemacht, sondern ich. Der Grund warum ich nichts geantwortet habe, war weil ich Angst hatte. Es ist so..." Sie brach wieder ab und ich sah ihr an das sie mit sich selbst kämpfte, als wollte sie mir unbedingt etwas sagen, fand aber nicht die richtigen Worte dafür. „Es ist..., Ich meine ich habe eine riesen Angst davor dass du mich hassen könntest wenn du mich besser kennenlernst, es ist ziemlich bescheuert ich weiß, aber ich kann nichts gegen diese Angst machen." Verwirrt und sehr verunsichert sah ich sie an. „Wieso sollte ich dich hassen?", fragte ich genauer nach. Sie sah mich mit Tränen in den Augen an. Und als wäre das der Tropfen der das Fass zum überlaufe brachte, sprudelte es wie bei einem Wasserfall aus ihr hervor. „Ich bin bei weitem nicht so perfekt wie du. Nicht einmal annähernd. Ich meine du hast alles und ich nichts. Ich weiß nicht einmal wieso du dich mit so jemand unbedeutendem wie mir abgibst. Du bist reich, hast eine Familie die nicht im Knast sitzt oder Drogenabhängig ist, schreibst gute Noten in der Uni, und hast Ziele in deinem Leben. Und was kann ich dir bieten? Nichts, rein gar nichts. Ich kann dich nicht schön ausführen weil ich keine Kohle habe. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt weil er noch vor meiner Geburt ins Gefängnis musste, und meine Mum ist eine Drogensüchtige Schlampe. Ich bin arbeitslos, und eine komplette Versagerin. Ich habe einfach Angst verletzt zu werden. So starke Gefühle, wie ich für dich hatte ich noch nie. Und als du gesagt hast dass du dich in mich verliebt hast, hatte ich einfach nur Angst davor was passiert wenn ich dir das alles erzähle.

Ich zog sie an mich und barg ihren Kopf an meiner Schulter. Woher weiß sie wer meine Eltern sind? Und das ich nur gute Noten schreibe, und was meine Ziele sind. Und überhaupt warum hatte ich nicht daran gedacht, dass sie vielleicht genauso Unsicher ist wie ich? Beruhigend streichelte ich ihr über die Harre. „Hey, wieso sollte ich dich denn hassen?", sagte ich: „ Genau weil du so bist wie du bist habe ich mich doch in dich verliebt. Und deine Vergangenheit hat dich zwar zu dem gemacht was du jetzt bist, sie bestimmt aber nicht wie deine Zukunft aussieht. Und außerdem, ich bin diejenige die etwas vor dir verheimlicht hat. Ich weiß zwar nicht wie du rausgefunden hast wer meine Eltern sind, aber das ist ja auch egal. Wichtig ist nur eines. ICH LIEBE DICH, und mir ist es egal wer deine Eltern sind, was sie angestellt haben, und ob du nun arbeitslos bist oder auf die Uni gehst." Sie sah mich mit einer Mischung aus Unglauben und purem Glück an. „Ich liebe dich auch.", flüsterte sie, bevor wir uns lange und innig küssten.

Als wir uns nach einer Ewigkeit wieder voneinander lösten brannte mir immer noch eine Frage auf den Lippen: „Aber eine Sache musst du mir noch beantworten. Warum sitzt du im gleichen Zug wie ich?" in Ihrem Blick spiegelten sich Trauer und Wut zugleich. „Na ja...", sagte sie, „um er kurz zu fassen, ich habe es bei meiner Mum nicht mehr ausgehalten, hab meine Sachen gepackt und bin in den nächsten Zug gestiegen der abfuhr, und tja..., hier bin ich. „Und wohin fährst du jetzt?" fragte ich insgeheim hoffend das sie keine Ahnung hat und ich sie mit zu mir nehmen kann. Sie zuckte nur mit den Schultern und sah aus dem Fenster. Eine Zeit lang war es still im Abteil. Das einzige was zu hören war, war das regelmäßige ratata des Zuges. „Nun ja, wenn du willst kannst du ja mit zu mir kommen?" brachte ich nach einer Ewigkeit heraus. Ihre Augen wurden groß wie in einem Cartoon, und sie brachte nicht mehr wie ein quietschen heraus. Genauso wie meine Tante am Bahnhof, erdrückte sie mich fast mit ihrer Umarmung, doch dieses Mal wehrte ich mich nicht dagegen.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 07, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

UnbelievableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt