Der Auftrag

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[ Min Yoongi ]

„Gerüchte machen in weiten Kreisen die Runde. Bestimmte Gerüchte die unserer Sache sehr nützlich zu sein scheinen. Die Gerüchte, dass der Sohn meines grössten Kontrahenten offenbar das männliche Geschlecht zu präferieren scheint.“ Die Stimme des Mannes im mittleren Alter, welcher mir gegenüber in einem schwarzen Ledersessel seinen Platz eingenommen hatte, war schneidend und unglaublich kühl. „Park Jimin, der älteste lebende Sohn des Oberhaupts der Park-Dynastie und somit der Nachfolger einer der mächtigsten Zweige der Yakuza.“ Mit einem kalten, komplett emotionslosen Grinsen schob der Sprechende mir, über den schwarzen Ebenholztisch, eine Akte zu. Die Ringe an seinen, von etlichen Kämpfen gezeichneten Händen glitzerten unheilvoll im Licht, welches den Raum trist erhellenden Neonlampen an der Decke entsprang. Meine Stimme war genauso emotionslos und ruhig, dennoch wirkte sie durchaus provozierend als ich eine Augenbraue hob und meinem Gegenüber geradezu herausfordernd in die dunkeln Augen schaute. „Und was habe ich damit zu tun? Wieso sollte mich dies auch nur im Geringsten interessieren?“ Sein Lachen erfüllte den Raum auf eine äusserst unangenehme Art, es war ein lautes und vor Spott nur so triefendes Lachen. „Mein Sohn...“ Der Blick meines Vaters liess mich nicht für den Bruchteil einer Sekunde aus den Augen, er verfolgte mich wie ein Raubtier seine Beute, nicht selten verfolgte mich genau dieser beissende Blick bis in meine tiefsten Albträume. Er lehnte sich etwas vor, seine Haltung wirkte nun fast schon passiv aggressiv und drohend, und irgendwie animalisch. Dennoch, seine Stimme verriet immer noch nichts über seine Gefühlslage. „Mein Sohn, deine Aufgabe wird es sein, wie soll ich es formulieren... in gewisser Weise diesen Park Jimin zu verführen und somit an Informationen zu gelangen, die mir allfällig nützlich sein könnten. Und Yoongi, wage es keines Falls mich abermals zu enttäuschen!“ Bei den letzten Worten wurde seine Stimme lauter und seine Augen schienen als würden sie sich sichtlich verdunkeln. Als er sich schliesslich schweigend erhob und um den Tisch herumschritt, welcher uns zuvor voneinander getrennt hatte, kam ein Flüstern über die trockenen Lippen des Oberhaupts der Min-Dynastie. „Wag es nicht mich wieder so bitterlich zu enttäuschen, wie du es jeden einzelnen Tag tust, seit deine Mutter uns verraten und verlassen hat.“ Für einige Sekunden war es totenstill und man sah wie all die Masken von dem Mann abfielen. Man konnte den Ausdruck des puren Schmerzes im, vom Alter und vom Alkohol gezeichneten Gesicht meines Vaters sehen. Der Verrat meiner Mutter hatte ihn gebrochen. Schon zuvor war er gewalttätig und skrupellos gewesen, doch dies war kein Vergleich zu dem, wie er jetzt war. Früher hätte man sein Verhalten mit seinem Beruf und dem stetigen Verlangen nach Respekt und Disziplin rechtfertigen können, doch seit meine Mutter mich und ihn verlassen hatte, gibt es kaum einen Tag an dem er nüchtern ist, geschweige denn einen Tag an dem er niemanden, weder physisch, noch psychisch verletzt. Doch nun waren seine Masken wieder da und er hob mit einem ruhigen Grinsen seine, zur Faust geballte linke Hand und schlug erbarmungslos zu. Ich hatte nicht einmal das Reaktionsvermögen meine Arme zu heben bevor mich ein stechender Schmerz traf und mir kurzzeitig den Atem raubte, so dass ich lediglich schwarze Sterne sah. Ich keuchte und versuchte nach Luft zu schnappen, als mir dies dann auch gelang, biss ich mir auf die Unterlippe um keinen Laut von mir zu geben und blickte zu meinem Vater als ich wieder im Stande war, klar zu sehen. Dieser sass bereits erneut gelassen in seinem schwarzen Ledersessel und frage ruhig. „Hast du mich verstanden?“ Ich musste mir die Lippe blutig gebissen haben, denn als ich mit heiserer Stimme antwortete, machte sich ein eisenartiger Geschmack in meinem Mund bemerkbar. „Natürlich Vater.“

Ich verliess mit harschen Schritten das Hauptquartier des Yakuzazweigs, dessen Anführer ausgerechnet mein Vater war. Mit einem leisen Seufzen verschwand ich in der Menschenmenge, welche sich in einem stetigen Rhythmus durch Tokyo bewegte. Wenigstens konnte hier niemand erkennen wie sehr mich die Schläge meines eigenen Vaters wirklich trafen. Ich dachte an das Szenario von eben zurück, dennoch war es nicht dieses, oder der Schmerz welche den Seufzer verursachte, der soeben meine Kehle verliess. Viel mehr war es die Tatsache welchen Auftrag ich auszuführen hatte. Mittlerweile passte ich meine Gangart den etlichen anderen Passanten an, welche sich ihren Weg durch die, stets belebte Innenstadt Tokyos bahnten. Normalerweise war es der Job meines besten Freundes Seokjin zu spionieren, zu verführen und so an Informationen zu gelangen. Doch dieses Mal schien es an mir zu liegen.

Bloody PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt