Kapitel 1 - Only One

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Als ich aufwachte war es hell um mich herum. Vorsichtig öffnete ich die Augen und blinzelte in das grelle Licht, das von oben auf mich herab schien. Ich lag rücklings auf harten Boden, über mir erkannte ich einen leuchtend blauen Himmel. Wo war ich? War ich etwa eingeschlafen? Ich versuchte mich daran zu erinnern was passiert war, doch in meinem Kopf war nichts. Mein Herz begann zu rasen, als ich erkannte, dass ich mich an überhaupt nichts erinnern konnte. Und damit meinte ich nicht nur die letzten paar Stunden. Sondern alles. Mein ganzes Leben war einfach weg.

Panisch fuhr ich hoch, die Augen weit aufgerissen, das Blut rauschte in meinen Ohren. Einen Augenblick lang war mir schwindelig, dann begann ich mich zu orientieren und die Umgebung in mich aufzunehmen. Grünes Gras, einige Bäume, die weit von mir entfernt standen. Und überall auf dem Boden um mich herum lagen Jungen. Manche hatten sich wie ich aufgesetzt, andere lagen bewusstlos herum. Das muss ein Traum sein, schoss es mir durch den Kopf. Das kann einfach nicht die Wirklichkeit sein! Ich schloss die Augen wieder und atmete tief ein und aus, um mich zu beruhigen, doch als ich sie wieder öffnete war alles noch genauso wie vorher. Und ich hatte nicht die geringste Ahnung wie ich hierher gekommen war. Ich wusste nicht einmal wer ich war. „Heilige Scheiße.", flüsterte ich und mein Herz schlug so heftig, dass ich dachte es müsste meinen Brustkorb sprengen.

Vor Angst zitternd stützte ich mich ab um aufzustehen, fuhr aber erschrocken zurück, als sich neben mir etwas regte. Ich drehte den Kopf und sah, dass direkt neben mir ein Junge lag. Er hatte seine Ellbogen aufgestützt und blickte verschlafen und irritiert umher. Er hatte asiatische Züge, schwarze Haare und einen dunklen Teint. Für einen winzigen Augenblick, nur den Bruchteil einer Sekunde spürte ich ein Gefühl in mir aufblitzen, das ich nicht richtig einzuordnen wusste. War es Vertrautheit? Doch im nächsten Moment war es verschwunden. Der Junge schnellet plötzlich nach oben und vor Schreck zuckte ich zurück und stieß gegen etwas festes. Als ich mich umdrehte, erkannte ich, dass es einer der anderen Jungen war. „Wo bin ich?", fragte er. Seine Stimme klang so verwirrt und ängstlich wie ich mich fühlte. Ich hatte solche Angst, dass ich kein Wort hervor brachte und auch sonst schien niemand eine Antwort auf seine Frage zu haben. Um uns herum versuchten einige der anderen aufzustehen, alle schienen benommen, so als wären sie aus einem sehr langen Schlaf erwacht. Ein großer Junge mit rotbraunem Haar schaffte es sich an einem Baum hochzuziehen und stützte sich auf seinen Knie ab. Schwer atmend sah er sich um und fragte mit zitternder Stimme: „Was zur Hölle soll das?" Wieder antwortete ihm niemand und eine Weile herrschte Stille. Ich hörte leises Schluchzen aus einiger Entfernung und der Junge der aufgestanden war starrte angestrengt umher als würde er etwas suchen, doch ich war wie gelähmt. Ich zog die Knie an die Brust und ließ meinen Kopf darauf sinken. Mein Herz pochte noch immer heftig und ich spürte wie in mir Tränen aufstiegen. Etwas stimmt hier nicht. Etwas stimmte ganz und gar nicht! Ein Gefühl von tiefer Verzweiflung überkam mich, es war als würden sich meine Eingeweide verknoten und ich spürte ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust. Mein Atem ging heftig und ich wusste, dass ich kurz davor war zu hyperventilieren. In meinem Kopf blitzte wieder etwas auf, ich wusste, dass ich am besten in eine Tüte oder etwas ähnliches atmen sollte, doch ich konnte mich nicht dazu durchringen mich nach so etwas umzusehen. Stattdessen setzte ich mich hin und legte mir eine Hand auf den Bauch und versuchte durchs Zwerchfell zu atmen. Ich erinnerte mich nicht daran, doch irgendwoher wusste ich, dass man das bei einer Panikattacke so machen sollte. Nach einigen Minuten spürte ich wie mein Atem sich langsam beruhigte. Mein Herz pochte zwar noch immer ziemlich schnell, doch ich war schon etwas ruhiger. Einen Augenblick blieb ich noch so sitzen und blinzelte die Tränen weg, die mir in die Augen gestiegen waren, dann stand ich vorsichtig auf.

Wir befanden uns auf einer grünen Fläche, rechts von mir entdeckte ich ein kleines Wäldchen und aus dem Augenwinkel sah ich ein Gebäude schräg links neben uns, doch meine Aufmerksamkeit war durch etwas anderes gefesselt. Die viereckige Fläche auf der ich stand war ringsherum von riesigen Mauern umgeben. Gigantisch ragten die grauen Wände in den Himmel. Auf die Entfernung war es schwer zu erkennen, doch sie mussten mindestens zwanzig Meter hoch sein. Langsam drehte ich mich um mich selbst, doch nirgendwo konnte ich eine Öffnung in den massiven Mauern erkennen. Wir waren eingeschlossen. Ich sah mich nach den anderen um. Es musste geschätzt dreißig Jungen sein. Die meisten lagen noch immer am Boden, einige in Embryostellung zusammengekauert und bewegten sich keinen Zentimeter. Andere hatten sich ähnlich wie ich eng zusammengekauert und atmeten panisch. Irgendetwas kam mir komisch vor. Warum waren hier keine Mädchen?

Keine Mädchen ... außer mir. 

Maze Runner - Minho FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt