103 Jahre zuvor
Eine angenehme Ruhe herrschte zur Mittagszeit. Nur die Vögel sangen munter ihre Lieder. Die Sonne stand im Zenit, weswegen die meisten ein schattiges Plätzchen aufsuchten. Besonders die alten Eichen spendeten viel Schatten, aber auch Trauerweiden waren beliebte Orte, an denen es die Engel zu dieser Zeit zog.
Auch Aelianus lehnte gegen einen dicken Baumstamm. Der Baum war bereits mehrere hundert Jahre alt und zum Treffpunkt für ihn und Cahya geworden. Seine Augen hielt er geschlossen, während er versuchte ihre Schritte zu hören. Cahya war gut darin sich anzuschleichen, was er als ein gutes Training für seinen Hörsinn betrachtete.
Jedoch vernahm er auf einmal schnelle Schritte. Jemand rannte durch das Knöchel hohe Gras direkt auf ihn zu. Geduldig wartete er und blieb noch einen Moment in seiner Position. Er vertraute auf sein Gehör und hielt auch weiterhin die Augen geschlossen. Erst als die andere Person in greifbarer Nähe war, sprang er blitzschnell auf. Dabei landete er auf seinen nackten Füßen hinter der Person und packte diese. Doch gleich darauf vernahm er den süßlichen Duft ihres Haares. Sofort wusste er, wen er festhielt.
>>Huch. Du bist heute ziemlich enthusiastisch, Elian.<<, sagte sie kichernd. Aelianus öffnete seine schmalen Augen und lockerte seinen Griff. Cahya drehte sich zu ihm um und schenkte ihm ein herzliches Lächeln.
>>Du aber auch.<<, entgegnete er ihr. >>Warum hattest du es so eilig?<<
>>Wir wurden angenommen! Wir werden endlich vollwertige Engel.<<, sprach Cahya voller Begeisterung und ihre grünen Augen begannen zu funkeln. Auch Aelianus verspürte Freude. Dabei nahm er die junge Frau an der Taille, hob sie ein Stück in die Luft und drehte sich um die eigene Achse. Anschließend drückte er Cahya an sich und küsste sie zärtlich. Sie legte dabei ihre zarten Arme um seinen Kopf und den Nacken und hielt die Augen geschlossen, während sie den Kuss erwiderte.
Nachdem er Cahya wieder herunter gelassen hatte, setzte diese sich in das weiche Gras, wo zuvor Aelianus saß. Ihre nackten Beine lagen parallel zueinender entspannt auf dem Boden. Sie zupfte noch etwas ihren Rock zurecht, doch kurz darauf lag sein Kopf bereits auf ihrem Schoss. Auch er hatte sich wieder in das Gras gelegt, nur konnte er jetzt besser entspannen, denn seine Liebste war nun bei ihm. Liebevoll streichelte sie einige Male durch sein schwarzes Haar. Dann ruhte ihre Hand auf seinem Kopf und sie schloss ihre Augen.
Cahya war innerlich aufgeregt, denn sie durfte das erste Mal die größte Bibliothek betreten, welche nur ausgebildeten Engeln und jene, die sich in der Ausbildung befinden, zusteht. Allein die Tür ist rießig. In einem normal großen Gebäude, wäre die Tür so hoch, dass sie die Decke erreicht, doch in diesen Gebäude sind die Wände beinahe dreimal so hoch, bevor das nächste Stockwerk beginnt. Die junge Frau schob die schwere Tür auf und lief in den ersten Raum der Bibliothek. Begeistert betrachtete sie die fremde Umgebung. In der Mitte des Raumes befand sich eine Wendeltreppe. Über diese gelanget man zum nächsten Stockwerk. Insgesamt bestand dieses Bauwerk aus acht Etagen. Die ersten drei Stockwerke sind frei erreichbar für Azubi- Engel und Engel. Die restlichen Bereiche sind für den Engel seiner Spezialisierung.
Stockwerk 1-3 sind allgemeine Informationen, die in den drei Jahren Ausbildung vermittelt werden.
Stockwerk 4 beinhaltet die Spezialisierung einfache Engel. Diese sind in ihrer Heimat ganz normal angestellt und erfüllen ihre erwählte Tätigkeit zum Beispiel als Schmied, Bibliothekar oder Koch.
Stockwerk 5 beinhaltet die Spezialisierung Naturengel. Diese Engel pflegen jede Art von Lebewesen, egal ob Lilie, Birke oder Stachelschwein. Nur Menschen fallen nicht in ihren Aufgabenbereich.
Stockwerk 6 beinhaltet die Spezialisierung Soldaten. Diese Engel werden im Kampf geschult, um ihre Heimat verteidigen zu können.
Stockwerk 7 beinhaltet die Spezialisierung Schutzengel. Diese können von Menschen auf unterschiedliche Weise beschworen werden. Die gängigste Art ist das Gebet.
Stockwerk 8 beinhaltet die Spezialisierung Todesengel. Diese Engel sind verantwortlich dafür, dass die Seele des Verstorbenen eingesammelt wird und der voraussichtliche Tod auch tatsächlich eintritt.
Das Gebäude selbst ist in der Form eines Pentagons errichtet worden. Jedes Regal ist so breit und so hoch wie die jeweilige Wand, an der es steht. Cahya läuft auf einen älteren Mann zu. Er ist wesentlich kleiner als sie und bewegt sich in einer gekrümmten Haltung. Sie vermutet, dass er zuständig für diesen Bereich ist.
>>Entschuldigung.<<, begann sie zu sprechen und der Alte wendete sein Gesicht in ihre Richtung. Kurz musterte er Cahya, dann fragte er: >>Was willst du kleines Gör?<< An seiner Stimme konnte sie erkennen, dass er genervt war. Dennoch blieb sie freundlich und fragte, ob er sagen kann, wo sie ein Buch zum Thema Heilpflanzen findet. Der Mann streckte seinen Zeigefinger auf eines der Regale auf der anderen Raumseite und murmelte: >>Ganz oben.<< Dann setzte er seinen Weg fort und beachtete sie nicht weiter. >>Vielen Dank.<<, sagte Cahya und lief auf das Regal zu. Da nicht ausgebildete Engel keine Flügel haben, ist an jedem Regal eine Leiter angebracht. Sie richtete ihren Blick nach oben. Die Wände sind enorm hoch, doch das schreckt sie nicht ab. Zielstrebig kletterte sie die hölzerne Leiter hinauf und fand heraus, dass es um die hundert Bücher nur zum Thema Heilkräuter gab. Nun konnte sie sich erklären, warum dieses Gebäude so rießig war. Cahya nahm sich drei verschiedene Bücher und packte diese in ihre Tasche. Zugern hätte sie mehr mitgenommen, aber viel mehr Platz gab ihre Tasche nicht her.
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Todesengel
FantasyCahya hat endlich die Liezens bekommen, ein tätiger Engel zu sein. Jedoch wird von den Obersten entschieden, welche Arbeit ein Engel nachzugehen hat. So kam es, dass Cahya, die das Leben liebt und wertschätzt, zu einem Todesengel wurde. >>Die...