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Das erste, was ich hörte, war Gebrüll.

Und das vor der Haustür.

Einer verdammt großen Villa.

,,Gott, steh mir bei. " Ich betete und betätigte die Klingel so sanft, als könnte noch irgendwas gerettet werden. Aber der Geräuschpegel wurde nur lauter, als die Haustür geöffnet wurde.

Eine Frau, mitte vierzig, mit schicker Abendgarderobe und weniger passenden zersausten Haaren stand in der Tür, ein schreiendes rot verquollenes Kleinkind im Arm. Ihre Augen blickten aus einem Misch aus Müdigkeit und Erleichterung zu mir herunter. Ohne irgendwas zu sagen, schob sie mich in die Diele hinein, die groß genug war, dass ich mir eine eigene Wohnung hätte einrichten können.

,,Flasche steht bereit, muss nurnoch mit heißem Wasser übergossen werden. Bis zur Randlinie und dann mit geschlossenem Deckel schütteln." Ich nickte, für Antworten ließ sie keine Zeit.

,,Luca bekommt sie dann mit ins Bett, wenn er schläft. Das beruhigt ihn. Er sollte spätestens um acht Uhr im Bett liegen, einschlafen am besten so schnell wie möglich."

Immer schön nicken, Maxine.

,,Garantieren kann ich allerdings nichts. Vorher Zähne putzen, Schlafanzug anziehen, wickeln. Und bis dahin findest du bestimmt etwas, womit du dich mit ihm beschäftigen kannst. "

Mein Kopf bewegte sich schon automatisch in die Höhe, als ich merkte, dass sie ihren Vortrag beendet hatte. ,,Alles klar."

So viel Informationen hatte ich in zwei Minuten noch nie aufeinmal bekommen.

Herausforderung angenommen!

Sie drückte mir Luca in den Arm, der nun auch noch zu zappeln begann.

,,Ich muss los, bin schon echt spät dran. Oh- bevor, ich es vergesse. Jakob ist in seinem Zimmer und schläft wahrscheinlich, lass dich einfach nicht von ihm stören. "

Dann war sie schon weg. Jakob war wahrscheinlich der alte, faule Haushund, der den ganzen Tag nur aß und schlief und anscheinend brauchte er keine Beschäftigung. Wenn er schon einen eigenen Bereich hatte..
,,So, jetzt zu dir, mein Lieber. Wie wär's , wenn du aufhörst zu weinen und ich dann ein tolles Buch vorlese?''
Mein neuer kleiner Freund schien nicht sehr verhandlungsfreudig zu sein. Nach einem kurzen verwirrtem Blick zu mir -anscheinend hatte es ihn verwundert, dass ich doch nicht nur rumstehen kann- verzog er das Gesicht und ließ einen ohrenzerschellenden Schrei los. Dann riss er sich mit einem Ruck aus meinem Arm, nutzte den Moment und flitzte um mich herum in die Küche, in der er sich erstmal wie ein ungezähmtes Wildtier in die Ecke drängte und mich ansah, als würde ich gleich meine Betäubungsspritze auf ihn los lassen.
Mir blieb nichts anderes übrig, als es mit hartnäckigeren Mitteln zu versuchen.
Und was gäbe es da Besseres als Bestechung?

Mit einem Lockmittel in der einen Hand und einer Falle in der anderen ließ ich mich einen Meter vor dem verängstigten Raubtier nieder. Es hatte seine Krallen immernoch ausgefahren, versteckte sich ängstlich unter einem Küchenstuhl. Wenn man näher hinsah, konnte man bemerken, dass es leicht zittterte und die Augen weit geöffnet hatte. Ich habe mal gelesen, man zähmt dieses Lebewesen nur mit viel Geduld und etwas, das er mag, um ihn Vertrauen zu schenken.

In meinem Fall war es Kakao und ein Bilderbuch, aber Luca verharrte vehement in seiner Position.

,,Hey, alles gut, Luca. Ich möchte dir nur etwas vorlesen. Schau mal." Vorsichtig stellte ich ihm den Becher vor die Hände. ,,Leckerer Kaba."

Erleichtert atmete ich auf, er griff nach dem süßen Getränk und schluckte genüsslich. Seine Gesichtszüge besänftigten sich, seine Krallen fuhr er ein.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 03, 2019 ⏰

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