„Ich bin Tatjana Draven, bin Studentin, 20 Jahre alt und die wohl ungeschickteste Frau der Welt." Frustriert knallte mein Kopf erneut an die Wand, was ich sofort bereute, da die migräneartigen Kopfschmerzen zurückkehrten und ich musste mich an der Wand festhalten. Vielleicht sollte ich doch zum Arzt, doch... Meine Gedanken wanderten zu meinem leeren Geldbeutel, dem Mietrückstand und der Tatsache, dass ich fast nur noch aus Haut und Knochen bestand. Sofort konzentrierte ich mich wieder auf das bevorstehende Bewerbungsgespräch. Ich hatte vor Jobben zu gehen und DAS fiel mir als erster Satz für ein Vorstellungsgespräch ein. Na toll, das konnte doch gar nichts werden. Vor allem nicht in einer Bar. Und schon gar nicht als Kellnerin in einem Café. Jedoch waren das meine einzigen Optionen, das Geld für die Miete aufzutreiben, denn mein BAföG reichte leider vorne und hinten nicht. Ich rappelte mich also erneut auf, straffte die Schultern, atmete langsam tief ein und aus, um mich schließlich noch einmal an einem vernünftigen Satz zu probieren. „Guten Tag. Mein Name ist Tatjana Draven und ich suche einen Job, den ich neben meinem Studium absolvieren kann. Ich habe zwar noch nie als Kellnerin gearbeitet, jedoch lerne ich schnell." Das war schon besser.
Ich schaute auf die Uhr, die bereits 4 Uhr nachmittags anzeigte. Von meiner Wohnung, oder besser gesagt meinem Zimmer im Studentenwohnheim, würde ich bis zu dem Café etwa 50 Minuten benötigen, was bedeutete, dass ich jetzt losmusste, da das Gespräch bereits zu um 5 Uhr angesetzt war. Ich nahm also meine bereits gepackte Tasche, schulterte sie und schlenderte aus meinem Zimmer hinaus. Ich mochte es zu Fuß zu gehen, weswegen ich immer früher los musste, als eigentlich nötig, da ich weder Bus, noch S-Bahn fahren wollte. Außerdem sparte ich mir so eine Menge Fahrtkosten. Ich schlenderte den von Bäumen gesäumten Weg entlang, die noch immer gleißende Sonne im Rücken, die mir den Weg leuchtete. Der Stadtpark zu meiner Rechten strahlte in grünen Farben und ich beschloss ihn mir zu merken, um zu zeichnen, zu lesen oder zu lernen.Als ich 30 Minuten später eine rote Ampel, die just in dem Moment grün wurde, überquerte, fiel mir ein Mann auf, der in dichtem Abstand hinter mir lief, was bis dato nichts Ungewöhnliches war, jedoch war es sein Blick, der ihn mir so unheimlich erscheinen ließ. Dunkle dichte Wimpern umrahmten stahlgraue Augen aus denen er mich anstarrte, als wäre er ein Löwe auf der Jagd und ich die nichtsahnende Gazelle, derer er sich bemächtigen wollte. Dieser gierig lauernde Blick war es, welcher mich dazu veranlasste mein Tempo zu erhöhen, ohne ins Laufen zu verfallen und zu hoffen, ich wäre lediglich paranoid. Wenig später erreichte ich völlig verschwitzt das vermeintliche Café und hetzte hinein, meinen Kopf noch immer wild um mich wendend, in der Hoffnung, mich geirrt zu haben und den gruseligen Mann nicht erneut zu erblicken. Die Gäste, wie auch Mitarbeiter bedachten mich mit seltsamen Blicken, als sei ich verrückt, jedoch hatte ich mich in der Zwischenzeit wieder einigermaßen gefangen und konnte mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Erst jetzt fiel mir auf, wie schräg das gerade rübergekommen sein musste. Ich setzte also lediglich ein nettes Lächeln auf und ging zum Tresen, wo ich die nette junge Mitarbeiterin nach dem Chef fragte. Sie stellte sich mir als Sophie vor und führte mich durch eine Tür, die zur Küche führte bis in das Büro ihres Chefs. Die porzellanartige Haut und das lange dunkle Haar zog Blicke wie magisch an und machten ihre Trägerin zu dem wohl schönsten Mädchen, dass ich je gesehen hatte. Ich dankte ihr und konzentrierte mich wieder vollkommen auf das Vorstellungsgespräch, welches mir nun unmittelbar bevor stand. Zaghaft klopfte ich und trat ein, nachdem ich das freundliche „Herein!" gehört hatte.
Etwa ein Dutzend „Aha, das ist aber interessant!" 's und ebenso viele „Erzählen sie mir mehr darüber!" 's später, konnte ich mich als Mitarbeiterin des Cafés auszeichnen und mein überaus netter, etwa 50 jähriger Chef versicherte mir, ich würde genügend Geld bekommen, um meine Unterhaltskosten zu decken und mich am Ende einer Schicht gern an dem Kuchenbuffet bedienen konnte. Gleichzeitig hatte er mir bereits eine Arbeitsschürze mit dem Logo des Café darauf gegeben und freudestrahlend gemeint, wenn ich sofort anfangen könne, meiner eigenen Aussage folgend, könnte ich auch JETZT eingearbeitet werden.
Ich war so glücklich, dass ich jubelnd im Kreis hüpfte, sobald die sich schließende Tür das Gesicht meines neuen Arbeitgebers bedeckte. Ich hatte wohl etwas zu laut „Ja!" gerufen, sodass er es noch gehört hatte, denn sein Lachen drang durch die Tür zu mir. Aber nicht nur er schien es gehört zu haben, denn Sophie kam angelaufen, mit einem Grinsen im Gesicht, dass ich fürchtete ihre Mundwinkel würden einreißen, wenn es noch größer würde. Sie stürzte sich in meine Arme und fing sofort an zu Plappern. „Hast du den Job? Dann habe ich endlich jemanden zum Reden! Die anderen Kollegen sind so langweilig, wollen nicht quatschen, denn das wäre unhöflich den Gästen gegenüber. Unhöflich! Den Gästen gegenüber! Wenn kein einziger Kunde im Laden ist oder man gemeinsam im Lager steht! Das verstehe ich nicht!" Je mehr sie redete, desto größer wurde mein Lächeln. Wir würden uns sehr gut verstehen, das wusste ich jetzt schon.Trotz der guten Neuigkeiten konnte ich diesen unheimlichen Mann mit den stahlgrauen Augen nicht aus meinen Gedanken verdrängen. Der große stählerne Körper, den ich unter den dicken Klamotten nur hatte erahnen können, machte ihn zwar nicht weniger gruselig, wenn ich daran dachte, wie leicht er mit diesen Armen, meine Knochen entzweibrechen könnte. Jedoch musste ich mir eingestehen, dass es ihn auch nicht minder attraktiv machte. Seine furchteinflößenden Augen, die so gewirkt hatten, als könnte er durch mich hindurch auf meine Seele schauen, all ihre verletzlichen Stellen ausfindig machen und sie gegen mich verwenden, verfolgten mich. Meine Gedanken drehten sich um seine Augen, sowie seine düstere Gestalt, die mit jedem Gedanken immer dunkler und geheimnisvoller, aber auch auf eine paradoxe Art und Weise immer anziehender wurde. Er ließ meine Gedanken einfach nicht los.
Sophie hatte sich bereiterklärt mich einzuarbeiten und so standen wir nun im Lager, damit sie mir zeigen konnte, wo wir was aufzubewahren hatten.
"Weißt du, das Wichtigste ist, dass du immer pünktlich hier bist, das Obst und Gemüse richtig einsortierst und freundlich bist. Du wirst sehen, das ist garnicht so schwer. Rechts ist das Regal für Obst, und Gemüse bewahren wir hier im Kühlschrank auf, da wir davon meist nicht so viel verwenden. Die wenigsten Gäste essen etwas Herzhaftes, würde ich ja auch nicht, kann man also gut verstehen. Brötchen bekommen wir immer frisch geliefert, jeden Morgen, die kommen dann in diese Körbe. Es wird wahrscheinlich eher weniger deine Aufgabe werden die zu schmieren, aber falls du es doch mal musst, hängen im Nebenraum die verschiedenen Sorten der belegten Brötchen, die wir anbieten, mit allem was da draufgehört." Da ich sowieso keine Chance hatte, etwas zu sagen, ließ ich es bleiben und hörte der jungen Brünetten einfach zu, während ich manchmal nickte, um ihr zu zeigen, dass ich verstanden hatte. "Achso und Jeff wird dich sicher immer fragen, ob du noch etwas Kuchen mitnehmen willst, nach deiner Schicht. Das ist sein Tick." Sie wollte noch weitererzählen, doch ich unterbrach sie mit einem verwirrten: "Wer ist Jeff?" Kurz schaute sie mich ebenso verwirrt an, wie ich sie, doch dann brach sie in Gelächter aus. "Wer Jeff ist? Du bewirbst dich hier und kennst nicht mal den Namen des Chefs?" brachte sie nun zwischen erstickten Lachern heraus. "Oh! ... Äh. Ich dachte er heißt Jeffrey Johnson. ... UPS. Spitzname, alles klar." gab ich nur peinlich berührt von mir. "Er wird es auch bald leid sein, von dir Mr Johnson genannt zu werden, glaube mir." lachte sie nur unbeirrt weiter, während sie mich in den Verkaufsraum schob, um mir dort die Auslage zu erklären.Das ist meine zweite Geschichte und ich wollte einfach mal sehen, wie sie bei euch ankommt.
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Verfolgt vom Glück
Mystery / ThrillerTatjana ist 20 Jahre alt und studiert. Sie führt ein ganz normales Leben, hat einen kleinen gutbezahlten Nebenjob mit einem tollen Chef und eine beste Freundin mit der sie sehr viel Zeit verbringt. Und bald einen neuen Mann in ihrem Leben. Es gibt n...