2. Kapitel

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                             Er

"Ich lass dich nicht los", waren glaube ich meine letzten Worte.
Ich wusste nicht so genau, wo sie überhaupt herkamen, aber sie waren einfach da gewesen. Sie waren ausgesprochen.
Ehrlich gesagt waren es auch die Worte, die ich die ganze Zeit gedacht hatte, als ich sie festhielt und vor allem davon abhielt, wieder vor mir weg zu laufen.

Ich hatte ziemlich viel vergessen, als ich sie küsste. Ma war es wichtig gewesen, dass ich mich konzentrierte. Ich war hier um meinem Vater einen Brief vom Notar zu geben und ihm von Bruno zu erzählen. Eigentlich waren das keine guten Neuigkeiten, eigentlich hatte ich so gar keinen Bock darauf und eigentlich hasste ich meinen Vater.
Aber das alles vergaß ich durch sie einfach.
Ich war glücklich.
Sie machte mich glücklich.
Ich sah ihr ihn die Augen und sah nur das wunderschöne Blau.
Es strahlte mit ihrem kleinen Lächeln um die Wette.
Es war ein leichter, sanfter Kuss... nichts allzu besonderes theoretisch.
Für mich war es jedoch das Krasseste, was ich seid langem erlebt hatte.
Ich hatte schon mehrere Mädchen geküsst, ich war jemand mit Erfahrung.
Aber Alter! Wenn ich bei ihr war musste ich automatisch lächeln.
Ich musste immer an sie denken. Scheißdreck, ja ich mochte Liv!

Was tat ich hier überhaupt? Ich wusste, dass das perfekte Mädchen von nebenan nie mit jemandem wie mir zusammen sein würde, aber sie...-
Sie hatte den Kuss unterbrochen und sah mich überrascht an. Oder entgeistert... ja ich glaub das traf es besser. Also ich meine sie lächelte noch ein wenig, aber es reichte nicht aus mich davon abzuhalten ein schlechtes Gewissen zu haben.
Ich hatte sie einfach überrumpelt und ohne jede Vorwarnung geküsst.
Wir hatten gestritten und ich könnte schwören sie hasste mich (was ich mal ganz nebenbei auch echt nachvollziehen konnte).
Ich war ein Arschloch der schlimmen Sorte.
Ich würde nie mit ihr zusammen sein können. Ein schlechter Umgang, mehr war ich nicht.
Sie hatte jemanden verdient, der ehrlich ist, der keinen Schuss hat Gefühle zu zeigen, und vor allem jemanden, der für sie da sein kann.
Ich war das alles nicht. Ich sollte wahrscheinlich einfach verschwinden....wäre wohl für uns beide das Beste. 'Obwohl das gerade bestimmt Livs erster Kuss war.'
Dieser Gedanke ließ mich schmunzeln und dieses kranke Grinsen verzog sich einfach nicht aus meinem Gesicht, auch wenn sie mich jetzt offensichtlich für gestört hielt.
Ja, ich sollte vielleicht wirklich besser abhauen, bevor ich noch anfing irgendeinen Schwachsinn zu labern.
Meine Hände lagen noch auf ihren leicht geröteten Wangen und ich nahm sie schnell weg.
'Konzentriert dich doch einfach mal Leon!', schrie ich in Gedanken mein vernebeltes Bewusstsein an.
Vater, Notar, Brief.... Bruno !
Damit war der Moment komplett hin und ich stürzte brutal aus meiner Wolke auf den Boden der Tatsachen. Ich sag sie noch ein letztes Mal an, aber ich lächelte nicht mehr. Sie auch nicht mehr und das nahm mir endgültig den Wind aus den Segeln.
Verabschieden wäre in dem Moment wahrscheinlich keine so schlechte Idee gewesen, aber ich wollte vermeiden vor ihr zu weinen. Genau das wäre nämlich passiert, wenn ich jetzt etwas gesagt hätte.
Wegen Bruno, wegen meines Vaters und weil sie so perfekt war und ich niemals so sein könnte wie sie. Sie schaute völlig entgeistert und total verletzt, aber ich...ich konnte einfach nicht. Hoffentlich sah sie in meinen Augen, dass es mir leid tat.
Und so drehte ich mich um und ließ sie ohne ein Wort vor dem Supermarkt stehen.
Du brauchst es mir nicht zu sagen.
Ich bin ein Arschloch!

ich lass dich nicht los... Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt