Kapitel 3

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Der plötzliche Geruch von Aftershave weckte mich. Ich hielt meine Augen geschlossen, da ich kein Licht durch die Gardinen meines Zimmers schimmern sah. Es musste also mitten in der Nacht sein. Aber irgendjemand musste in meinem Zimmer sein, denn ich kannte diesen Duft nicht. War es ein Einbrecher, der in meinem Zimmer nach wertvollen Sachen suchte? Bei dem Gedanken packte mich die Angst. Ich wollte schreien, doch ich konnte nicht. Ich öffnete zwar meinen Mund, aber ich brachte keinen Ton heraus. Also entschloss ich mich dazu, meinen Mund wieder zu schließen und den Einbrecher einfach seine Arbeit machen zu lassen. Wenn er etwas Brauchbares fand, dann konnte er es gerne haben. Solange er mich nicht anrühren würde. Ich lauschte, doch ich hörte keine Schritte. Wo war der Einbrecher? In Mariellas Zimmer? Oh bitte, entführe sie, lieber Einbrecher.  Neben mir erklang ein Kichern. Kicherten Einbrecher? Langsam wurde ich ein wenig neugierig. Vielleicht träumte ich auch nur. Leicht zwickte ich mir in den Oberschenkel.

"Autsch!"

Ich träumte also nicht. Das Kichern neben mir ging langsam in ein leises angenehmes Lachen über. Dieser blöde Einbrecher! Ich musste ihm wohl oder übel die Meinung geigen. Wenn er mich schon beklauen wollte, dann sollte er das gefälligst leise tun!

Als ich meine Augen öffnete, traf mich fast der Schlag. Ich war gar nicht in meinem Zimmer! Ich lag auf dem Rücken und schaute zur Decke. Und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich schlug mir mit der Hand gegen den Kopf. Als ich das tat, fing jemand neben mir laut an zu Lachen. Und es war nicht Nancy - das stand fest. Langsam, wirklich ganz langsam, drehte ich meinen Kopf in die Richtung aus der das Lachen kam.

"Aahh..!"

Mein Schrei wurde in einer Hand erstickt. 

"Pssst."

Ich sah in das Gesicht - nun gut, ich sah das Gesicht nicht, weil dieses von einer Halbmaske verdeckt wurde.

"Kann ich meine Hand von deinem Mund nehmen? Oder muss ich Angst haben, dass du gleich wieder anfängst zu schreien?"

Ich schüttelte den Kopf. Er lachte. Was zur Hölle nahmen die ganzen Menschen hier, dass sie ständig am Lachen waren? Außer Roger natürlich. Der benötigte unbedingt eine extra Portion von dem Zeug!

"Was? Okay, ich frage anders. Kann ich meine Hand wegnehmen?"

Ich nickte. Er nahm seine Hand von meinem Mund und ich blieb mucksmäuschenstill. Auch wenn ich gewollt hätte, hätte ich nicht schreien können. Ich wartete, dass er etwas sagte. Ganz langsam zogen sich seine Mundwinkel hoch und er entblößte eine Reihe strahlend weißer Zähne. 

"Guten Morgen", sagte er mit der Stimme eines Radiomoderatoren, "hast du gut geschlafen?"

Ich nickte. Sprechen konnte ich nicht. Ich wollte den Klang seiner Stimme nicht zerstören. Ich wusste nicht, ob er die Stirn runzelte, doch so wie seine Stimme klang, musste es so sein.

"Kannst du nur schreien oder sprichst du auch?"

Mir blieb die Luft weg. Ich versuchte einen klugen Satz zu formulieren. Ich wollte ihm schlagfertig antworten, ihm sein doofes Grinsen aus dem Gesicht wischen und die Maske am liebsten gleich mit. Doch alles was ich herausbrachte war: "Ähh..."

Äh? Wie hohl klang das bitte? Was war nur mit mir los? Es konnte nicht sein, dass ein mysteriöser Maskenträger, der mich dazu noch beim Schlafen beobachtete, mich sprachlos machte. Aber anscheinend war es genau das.

"Das wird noch schwierig mit dir", sagte er lachend.

Mir kam weiterhin kein Wort über die Lippen. Vielleicht lag es an der Faszination, die ich verspürte, wenn ich ihn ansah. Irgendetwas an meinem Gesichtsausdruck brachte ihn wieder zum Lachen. In meinen Ohren klang sein Lachen wie eine Melodie. Er blickte an mir herunter.

"Meine Kleider scheinen dir ja schon mal zu gefallen."

Schmunzelnd fügte er hinzu: "Steht dir, wenn ich ehrlich bin, sogar besser als mir."

Wieder musterte er mich, doch dieses Mal war ich schneller. Ich nahm die Decke, die neben mir lag und warf sie über mich.

"LUCAS!"

Das war eindeutig Nancy. Der Maskenträger - Lucas - grinste.

"Wenn die Chefin ruft, muss ich wohl gehen."

Er stand auf und ging zur Tür. Kurz bevor er hinausging, drehte er sich noch einmal um. 

"Wir sehen uns."

Mit einem breiten Grinsen schloss er die Tür.


Lucas. Irgendwie passte der Name zu ihm. Ich wusste nicht, was mit mir los war und ich wusste auch nicht, warum ich an ihn dachte. Seine Augen, welche man durch die Maske sah, waren blau. So blau wie das Meer. Seine strahlenden Zähne. Und sein Lachen. Sein Lachen war einfach...

"Mist!"

Ich erschrak. Mist? Nein, sein Lachen war wundervoll.

"Hallo? Erde an Mayte?"

Benommen schaute ich Nancy an.

"Ist alles in Ordnung?"

Besorgnis lag in ihrer Stimme. Ich lächelte.

"Ja, alles bestens."

"Na dann. Kannst du vielleicht auch deine Sauerei wegmachen?"

Sie zeigte auf einen Punkt genau vor mir. Ups! Ich wollte mir nur ein Sandwich machen. Dabei hatte ich völlig vergessen mir einen Teller zu holen. Und Brot. Der ganze Tisch war voller Mayonnaise. 

"Mist!", rief ich, "tut mir leid, Nancy. Ich war in Gedanken."

Nancy lachte: "Schon okay. Ich wollte nur nicht, dass du in den Tisch beißt. Das hätte ich dir glatt zu getraut", stirnrunzelnd musterte sie mich, "aber wo warst du denn? Mit deinen Gedanken, meine ich?"

Mist! Was sollte ich ihr sagen? Ich konnte doch nicht sagen, dass ich in Gedanken bei Lucas war! Sie würde denken, ich wäre verrückt. Oder dass ich einen fetisch hätte. Oder beides. Als ich gerade dabei war mir eine Antwort zurechtzulegen, ging die Tür des Wohnwagens auf. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 14, 2019 ⏰

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Mit anderen Augen - Laurella de CarmaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt