Mira

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"Wann verstehst du endlich, dass ich nichts von dir will?"
Irritiert starrte ich auf das Display meines Handys. Ookay, ich wollte ihm bloß ein frohes neues Jahr wünschen. Ich war nur höflich gewesen. Da musste er nicht gleich solche Schlüsse ziehen. Ich wollte noch lange nichts von ihm nur weil ich freundlich war. Manchmal verstand ich Jungs einfach nicht. Und das obwohl ich drei große Brüder hatte. Aber ich hatte schon öfters festgestellt das manche Menschen mit meiner Art einfach nicht zurecht kamen. Und Daniel war eben einer dieser Menschen. Aber wenn ich ehrlich war, ich kam mit seiner Art auch nicht zurecht. Er war arrogant. Und reich. Was ja eigentlich nichts schlimmes war aber er gab eben überall mit seinem Geld an. Und solche Menschen konnte ich eben nicht ausstehen. Naja man musste ja nicht jeden mögen.
Empört hielt ich Jenny mein Handy unter die Nase, die neben mir auf dem Bett lag. Jenny war meine beste Freundin und immer für mich da. Ihr konnte ich alles erzählen und obwohl sie manchmal schon etwas kompliziert war hatte ich sie lieb. Sie war immer schrecklich schnell beleidigt und eingeschnappt aber wenn man sie brauchte konnte man sich auf sie verlassen. Die Beine in die Luft gestreckt und den Kopf über die Kante hängend lag sie auf meinem Bett und tippte Nachrichten in ihr Smartphone. Diese Position war ihrem roten Kopf nach zu urteilen nicht besonders gesund und bequem sah sie auch nicht aus, aber sie schien dass gar nicht zu bemerken so sehr war sie darauf konzentriert ihrem Freund Nachrichten zu schicken. Mit einem Auge schielte sie auf das Handy dass ich ihr hinhielt und verdrehte die Augen: "Das ist echt unmöglich! Daniel ist so ein Arschloch!". Sie setzte sich auf und sah mich mitleidig an. In der achten Klasse war ich mal ziemlich in Daniel verschossen gewesen. Und das hatte er wohl mitgekriegt. Aber das war mittlerweile über drei Jahre her und ich war eindeutig darüber hinweg. Außerdem war zwischen uns nie etwas gewesen. In dem Typ steckte einfach zu viel Arschloch. Sein Ego schien außerdem so groß zu sein, dass er dachte ich würde immer noch auf ihn stehen, was aber eindeutig nicht der Fall war.
Neugierig legte ich mich neben meine beste Freundin und versuchte einen Blick auf ihr Telefon zu erhaschen, da ich keine Lust mehr hatte über Daniel nachzudenken. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich sie grinsend von der Seite an.
"Mit wem schreibst du denn schon wieder?"
"Mit wem wohl?" War ja klar. Jenny fester Freund Matheo konnte die Finger nicht von ihr lassen und wenn sie sich einmal nicht sehen konnten, dann waren sie auch zu nichts zu gebrauchen, weil sie sich ständig Nachrichten schickten. Nicht, dass ich mich nicht für meine beste Freundin
freute. Die beiden waren ein echt süßes Paar. Aber manchmal wurde ich schon ein bisschen neidisch. Ich hatte mit meinen sechzehn Jahren noch nie eine Beziehung gehabt geschweige denn jemanden geküsst. Schon gar keine wie Jenny und Matheo sie hatten. Die beiden waren nach Monaten immer noch so schrecklicj verliebt wie am ersten Tag und Matheo legte ihr die Welt zu Füßen. Und selbst wenn sie sich einmal stritten folgte heißer Versöhnungssex, von dem Jenny mir leider nur zu gerne erzählte. Ich war eben anders. Nicht nur in dieser Hinsicht. Auch mein Kleidungsstil glich eher dem einer Büroangestellten und nicht dem einer sechzehnjährigen Schülerin, wie meine Brüder gerne betonten. Aber das war eben ich. Meine Mutter sagte immer, es ist egal wenn du anders bist. Hauptsache du bist glücklich.
Und ich war glücklich. Naja fast zumindest. Dachte ich.

Als am Montag die Schule wieder begann war alles wie immer. Ich unterhielt mich mit Jenny und Andy, unserem besten Freund. Andy war wiederum mit unserer Freundin Sophie zusammen. Jennys und meine beste Freundin aus dem Kindergarten. Und dann gab es da noch Sam. Schwul und wunderbar. Mehr musste man nicht sagen um unseren wundervollen besten Freund zu beschreiben. Er war einfach zum knuddeln. Matheo, Jennys Freund ging auf eine andere Schule, weshalb wir ihn nur selten trafen. Aber das waren meine Freunde. Unglaublich tolle Freunde mit denen man Pferde stehlen konnte.
Im Moment waren Jenny, Andy und ich alleine, da Sophie und Sam einen anderen Kurs belegt hatten. Sie hatten eindeutig besser gewählt als wir drei, denn Französisch war nun wirklich nicht die beste Wahl gewesen.
"Boah, es ist viel zu früh für Französischunterricht", beschwerte sich Andy.
"Du armer Kerl! Musst du etwa deine kleinen wenigen Gehirnzellen aktivieren?", Jenny tätschelte ihm den Kopf.
Ich lachte und stieß ihn mit der Schulter an. "Du wirst es überleben", fügte ich Jennys Feststellung hinzu als Andy mit Schmollmund nickte. So faul wie Andy war keiner aus unserer Clique. Er war das Faultier unter uns. Sam das Mädchen, obwohl eigentlich Junge, Sophie die brave Jenny die Schönheit und meine Rolle kannte ich nicht so genau. Ich war einfach der Kleber der Alle zusammenhielt. Wir waren schon ein ziemlich bunter Haufen aber ich hatte sie alle verdammt gerne.
"Du schaffst das schon. Wir glauben an dich", beteuerte ich Andy augenzwinkernd.
"Genau wir drehen uns einfach ganz oft zu dir um und immer, wenn du einschläfst hau ich dir auf den Kopf damit du wieder wach wirst", schlug Jenny diabolisch grinsend vor.
Ich warf den Kopf zurück und lachte. Andy verdrehte die Augen: "Danke Mädels. Was würde ich nur ohne euch machen?!". Wir lachten wieder. Jeder wusste, dass Andy nie die Hausaufgaben hätte, wenn ich ihn nicht abschreiben lassen würde.
"Ich würde sagen, du wärst vollkommen aufgeschmissen", neckte ich ihn, als die Tür aufging und Mr. Fred den Raum betrat. Wir begaben uns auf unsere Plätze und ich ließ das Geschwader über mich ergehen. Er konnte unglaublich schlecht unterrichten und es war echt langweilig. Ich gähnte verstohlen. Andy tippte Jenny von hinten auf die Schulter: "Ich glaub du musst eher Mira auf den Kopf hauen die schläft vor mir ein aber ich nehm dein Angebot, den Wecker zu spielen, gerne an. Ich kicherte, als plötzlich die Tür aufgestoßen wurde und mit einem lauten Rumms gegen die Wand knallte. Erschrocken fuhren alle hoch und schauten zur Tür. Normalerweise klopfte man bevor man den Unterricht störte. Stand sogar in der Hausordnung, die ich als Streberin natürlich als Einzige gelesen hatte. Doch den ziemlich gut aussehenden jungen Mann, der jetzt im Türrahmen auftauchte, schien diese Regel nicht zu interessieren. Er trug Jeans und ein einfaches schwarzes T-Shirt, dass sich um seine Schultern und Oberarme spannte. Ein Tattoo zog sich seinen ganzen Arm entlang und verschwand unter dem Ärmel des Shirts. Seine hellbraunen Haare waren perfekt zerzaust und seine blauen Augen waren der Hammer. Ein richtiger Bad Boy wie aus dem Bilderbuch. Ich hatte noch nie jemanden getroffen, der mich alleine mit seiner Anwesenheit derart aus der Fassung brachte. Mein puls raste und in meinem Magen flatterte es. Erst als Jenny mir mit einem wissenden Lächeln gegen das Kinn tippte, merkte ich, dass ich ihn mit offenem Mund angestarrt hatte. Schnell schloss ich ihn und wurde wahrscheinlich schon wieder knallrot. Mit meiner Gesichtsfarbe hatte ich sowieso ständig ein Problem. Ich wurde wegen jeder Kleinigkeit rot, wofür ich nur zu gerne von meinen Brüdern aufgezogen wurde. Als der Typ lässig in den Raum schlenderte, sah er mich die ganze Zeit an. Als er näher kam versuchte ich seinen etwas finsteren Blick zu ignorieren und die Schrift, die für immer auf seiner Haut stehen würde zu entziffern, was mir leider nicht gelang. Obwohl es mich brennend interessierte, was jemand wie er sich auf den Oberarm tätowieren ließ.
"Guten Tag", begrüßte ihn Mr. Fred. "Wollen Sie sich nicht vorstellen?"

Only your heart ~ Mira und FelixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt