Laurenne, die Krankenschwester- oder wie ich neue Bekanntschaften mache.

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Ich schaue nachdenklich meine immer noch heißen Spaggethi Napoli an. Nehme die Gabel in die Hand, wickele die Nudeln auf diese und nehme sie in den Mund. Verzweifelt genieße ich die heiße Köstlichkeit. Sie sind einfach immer noch heiß! Wie gerne würde ich auch solche Sprüche kennen und hexen können! Verärgert esse ich weiter und höre nicht, wie sich die Tür wieder öffnet, zu sehr bin ich dem Geschmack dieser Speise erlegen.

,,Ach, du bist immer noch hier?" Erschrocken schaue ich von meinem Teller auf. Vor mir steht Laurenne, in einer lockeren Mom-Jeans und einer weißen Bluse an der ihr Namensschild hängt. Die Robe muss sie wohl ausgezogen haben. Ihre blauen Augen blitzen amüsiert auf, als sie meinen verdutzen Blick bemerkt, leuchten aber heller, als sie mein Essen bemerkt. ,,Och, ich liebe Spaggethi Napoli!", seufzend sieht sie mit einem gierigen Blick auf meinen Teller, ihr kurzen kastanienbraunen Haare wippen hin und her, während sie unruhig auf und ab hüpft. Ich muss lächeln. Normalerweise teile ich nicht gerne meine Lieblingsspeisen, aber sie hat Luna und mich gerettet, also...

Ich räuspere mich und sie schaut mir endlich in die Augen. ,,Willst... wollen Sie etwas davon abhaben?" Auf ihrem Gesicht macht sich ein entzückendes Lächeln breit. ,,Eigentlich habe ich schon gegessen, aber ich liebe Spaggethi einfach...", murmelt sie vor sich hin und blickt verträumt auf meinen Teller. Dann richtet sich ihr Blick auf mich. ,,Gerne! Aber erzähl nicht rum, dass ich während meiner Schicht esse, okay?", kichert sie, führt eine schnelle Bewegung mit ihrer Hand aus, die wie eine waagerechte Acht aussieht, und erneut erfüllt ein türkises Leuchten den Raum. In ihrer Hand befindet sich nun eine Gabel und sie lässt sich lächelnd neben mich auf den Boden fallen, sticht mit dieser in meine Nudeln und dreht die Gabel. ,,Du'z mich übrigens ruhig, sonst fühle ich mich so alt!", kichert sie wieder und steckt sich die Nudeln in den Mund. Ich merke, dass ich breit grinsen muss bei dem Anblick dieser Frau. Sie ist wie eine kleine Sonne. ,,Gerne. Ich bin übrigens-" ,,Morgaine Voodoo, ich weiß. Dass du heute hier anfängst weiß jeder der Kollegen." Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. Warum das denn? Sie sticht wieder in meine Nudeln und verzieht konzentriert ihr Gesicht, während sie diese wieder auf die Gabel dreht. ,,Deine Mutter ist eine echt große Nummer in der Welt der Hexen,", kurz sieht sie auf, ihre Augen funkeln leicht und sie hat einen verträumten Ausdruck im Gesicht, ,,ich wusste immer, dass sie zu Großem bestimmt ist." Diese Info wirft mich völlig aus der Bahn. ,,Du kennst meine Mom?" Laurenne runzelt leicht die Stirn und sieht mich blinzelnd an. ,,Ähm, ich meine ja, irgendwie schon. Aber nicht so richtig." Was soll das denn heißen? ,,Woher kanntest du sie denn?" Sie runzelt die Stirn und schiebt sich eine volle Gabel in den Mund. Sie kaut und schluckt dann nach einiger Zeit, fährt sich mit ihrer freien Hand durch die braunen Haare. Erwartungsvoll schaue ich sie an. ,,Ich kannte sie von früher.", ist die kurze Antwort, die ich mit einem leichtem Schulterzucken serviert bekomme. Unzufrieden beiße ich mir in meine Wange. Eine schlechte Angewohnheit meinerseits, aber wenigstens hält sie mich meist davon ab, Unpassendes zu sagen.

Während ich Laurenne beobachte, wie sie weiter isst und sich dabei die Haare aus dem Gesicht streicht, befällt mich wieder dieses unangenehme Gefühl, meine Mutter nicht so gut zu kennen, wie ich geglaubt habe. ,,Wie fühlst du dich eigentlich?", fragt Laurenne und sieht zum ersten Mal, seit dem sie den Raum erneut betreten hat, ernst und älter aus. Sie sieht sich schnell um und nickt, als ob sie durch den kurzen Blick die ganze Lage durschaut hat. ,,Besser, danke nochmal." Doch die plötzliche Autorität, die sie jetzt ausstrahlt, ist immer noch nicht verschwunden. Ihre Augen scheinen mehr zu sehen, als ich eigentlich preisgeben will. ,,Ich verstehe.", sagt sie freundlich und legt vorsichtig eine Hand auf meinen Arm. Sie ist angenehm warm.

,,Es ist vollkommen normal nach so einem Ereignis noch nicht ganz fit zu sein. Ich habe mit der Direktorin gesprochen und wenn du dich noch nicht stark genug fühlst, um dem Unterricht morgen beizuwohnen, kannst du noch einen Tag frei bekommen. Ich verstehe, wie du dich fühlst.", ihre Pupillen weiten sich unwillkürlich und ihre Stimme bricht leicht, ehe sie sich wieder fasst und mir ihr gewohnt freundliches und verständnisvolles Lächeln zeigt, ,,Wirklich." Hat sie etwa auch so etwas durchgemacht...? Ich betrachte sie eingehend, aber wenn dem so ist, zeigt sie nichts davon. Aber etwas an dem, wie sie es erzählt hat, verleitet mich dazu ihr zu glauben. Trotzdem schüttele ich den Kopf. ,,Mir geht es gut. Ich schaffe das schon." Sie sieht mich zweifelnd an, doch ich lächele bloß. ,,Trotzdem danke." ,,Wenn was ist, kannst du gerne vorbeikommen. Oder auch einfach so mal. Ich mag dich.", grinsend schiebt sie sich wieder eine Portion Nudeln in den Mund und lehnt sich danach glücklich seufzend zurück. ,,Das war echt lecker. Aber du solltest jetzt zu deinem Zimmer gehen. Bald ist Ausgangssperre und davor solltest du dich in deinem Zimmer befinden." Ich blicke überrascht nach draußen und sie hat recht- inzwischen ist es dunkel geworden. Dann schaue ich auf meinen leeren Teller und wieder zu der jetzt schuldbewusst dreinblickenden Laurenne. ,,Wenn du das nächste mal vorbeikommst, kriegst du eine neue Portion, nur für dich, versprochen!", meint sie und lächelt vorsichtig. Ich seufze auf. Das hat man davon, wenn man teilt.

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