Gegen alle Erwartungen war Mr. Oakleys Reaktion milder als erwartet, er murrte zwar total herum, dass sich die interessante Geschichte offenbar als Fake herausstellte, er explodierte jedoch nicht, was Jess ungemein beruhigte. "Was jetzt? Soll ich nach was anderem suchen?" fragte Jess mit einem erwartungsvollen Blick an Mr. Oakley gewandt. Dieser überlegte kurz und zuckte dann nur mit den Schultern. "Wenn es um etwas interessantes geht, das die Leute interessiert, lasse ich Ihnen freie Hand..." sagte er mit einem unangenehmen Unterton. Jess nickte diese Aussage ab und verließ die Redaktion in Richtung ihres Autos. Eine neue Story interessierte sie nicht sonderlich. Sie musste wissen, was in dieser Nacht mit Henrys Schwester passiert war. Hatte sie vielleicht einen psychischen Anfall? Ist sie vielleicht sogar psychisch krank? Oder...vielleicht waren es ja wirklich..."Nein! Ganz bestimmt nicht!", Jess dachte diesen Gedanken gar nicht erst zu Ende, so absurd war er! Doch irgendetwas in ihr sagte ihr, dass mit Sue etwas nicht stimmte. Sie fuhr auf den Highway und ans andere Ende der Stadt nach Palm Springs. Als sie in die Straße einbog, in der Henry lebte, bemerkte Jess, dass vor seinem Haus ein Streifenwagen der Polizei stand. 'Vielleicht ein Kollege von Henry.' dachte sich Jess und parkte das Auto direkt hinter dem Streifenwagen. Als sie ausstieg und die Stufen zur Tür hinaufstieg, fiel ihr auf, dass die Tür offen stand. Sie öffnete diese komplett und trat ein. "Hallo? Jemand zuhause?" Stille. Jess lief ins Wohnzimmer und sah sich um. Es war, als wäre das Haus verlassen. Plötzlich hörte Jess ein Klicken hinter sich. Sie drehte sich um und plötzlich stand ein Polizist mit gezückter Pistole vor ihr. "Wer sind Sie und was machen Sie hier?" Jess nahm vorsichtig die Hände hoch und versuchte ruhig zu bleiben. Wo war Henry? Und was zum Henker machte dieser Polizist hier? Sie sah den Polizisten unbeeindruckt an, "Ich suche Henry. Ist er hier?" Der Polizist hielt seine Waffe weiter auf Jess. "Ist er nicht! Wir sind auf der Suche nach ihm! In welcher Beziehung stehen Sie zu ihm?" Jess überlegte kurz. "Ich bin seine Freundin. Ich könnte versuchen, ihn anzurufen, wenn das helfen würde." Langsam senkte der Polizist seine Pistole, sah Jess jedoch immernoch misstrauisch an. "Also schön, aber stellen sie das Gespräch laut." Jess ließ sich nichts anmerken, war innerlich aber total aufgewühlt. Sie zückte ihr Handy und wählte Henrys Nummer. Sie stellte das Gespräch auf laut. Es wählte, jedoch ging am anderen Ende niemand ran. "Wieso geht er nicht ran? Er hat Urlaub, also kann er nicht auf der Arbeit sein...", ratlos schaute Jess auf ihr Handy. Der Polizist seufzte und murmelte etwas vor sich hin. Dann ging er in den Flur und funkte offenbar die Zentrale an, in der er arbeitete. Ein Satz traf Jess wie ein Schlag. "Henry ist nicht hier, gebt eine Vermisstenanzeige auf!" Nachdem der Funkspruch getätigt war, kam der Polizist zurück und kratzte sich am Kopf. Jess sah ihn nun mit offensichtlicher Verwirrung an. "Ist etwas passiert? Hat Henry etwas angestellt?" Der Polizist schüttelte nur den Kopf, "Keine Sorge, er hat nichts verbrochen. Er hatte lediglich vor ein paar Stunden bei uns in der Zentrale angerufen und meinte, er wolle einer Spur im Falle seiner Schwester nachgehen, die ja vor ein paar Tagen eine Frau angefallen hatte. Aber nach diesem Anruf haben wir nichts mehr von ihm gehört oder gesehen und wir haben ihn auch nicht auf dem Diensthandy erreicht, daher dachte ich, er würde vielleicht an sein privates Handy gehen." Jess wurde unruhig, "Was meinen Sie mit 'Er wollte einer Spur nachgehen'? Hat er nicht nach Verstärkung gefragt?" Der Polizist schüttelte den Kopf. Jess atmete schwer aus und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. "Wissen Sie zumindest, wo er hinwollte?" Der Polizist zuckte mit den Schultern, "Er meinte außerhalb der Stadt, bei den verlassenen Kais..." Ohne ein weiteres Wort ging Jess zur Tür und hinaus! Der Polizist rief ihr nocht etwas hinterher, was sie aber nicht mehr verstand und was ihr ehrlich gesagt auch herzlich egal war. Sie setzte sich in ihr Auto und fuhr mit quietschenden Reifen los in Richtung der Kais außerhalb der Stadt.

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Seine andere Seite
HorrorDer perfekte Mann? Dass es den gibt, ist für Jess unvorstellbar. Bis sie Henry kennenlernt und sich mit ihm trifft. Es könnte nicht besser laufen. Doch durch ihre Arbeit entdeckt sie einige seltsame Dinge in seiner Familie und bei Henry selbst. Ist...