Prolog

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Stille.

Nichts als Stille umhüllt meinen Körper. Ich öffne meine Augen. Es ist relativ hell und blau. Ich sehe alles nur verschwommen. Ich kann nicht atmen. Ich glaube es zumindest. Ich habe es noch nicht ausprobiert. Mein Verstand sagt mir, dass ich weiter den Atem anhalten sollte. Doch warum? Wo bin ich denn? Ich schließe meine Augen wieder, denn ich kann sowieso nichts erkennen.

Dieser Druck auf meiner Brust ist langsam nicht mehr auszuhalten. Mein Kopf, er fühlt sich so leer und gleichzeitig so schwer an. Mein Verstand ist kurz davor abzudriften. Ich verliere das Bewusstsein. Aber ich will bei Bewusstsein bleiben, ich will herausfinden wo ich bin. Mit letzter Kraft reiße ich meine Augen weit auf und versuche Luft zu holen.Meine Lunge brennt. Und nun ist alles schwarz.

Es ist immer noch so ruhig. Doch nun höre ich etwas. Ein piepen. Wo kommt das her? Ich will meine Augen öffnen, doch mein Körper scheint mir nicht mehr zu gehorchen. Ich will meine Finger bewegen, doch nichts passiert. Habe ich überhaupt noch Finger? Und wenn ja, warum spüre ich sie nicht? Bin ich tot? Existiert nur noch meine Seele? Warum ist es dann so dunkel? Ich habe mir den Tod immer anders vorgestellt. Heller, freundlicher und nicht so dunkel und erdrückend. 

Ich höre immer noch dieses piepen. Werde ich dieses Geräusch nun für immer hören? Ich hoffe nicht. Langsam geht mir das Geräusch auf die Nerven.

Ich merke wie ich das Bewusstsein langsam aber sicher wieder verliere. Also bin ich nicht tot. Wäre ich tot, würde ich das Bewusstsein nicht verlieren können, richtig? Meine Gedanken driften ab und ich verliere mein Bewusstsein. 

"Sie haben eine echte Kämpferin als Tochter. Normalerweise überlebt ein Mensch es nicht so lange unter Wasser zu sein. Ihre Lunge war voller Wasser, sie muss versucht haben ziemlich tief einzuatmen unter Wasser. Wir mussten sie mehrmals reanimieren." Ich kenne diese Stimme nicht, sie gehört wohl zu einem Mann. Ich schätze ihn auf Mitte 30. Über wen redet er da? Wer musste reanimiert werden? "Ich glaube das haben wir jetzt verstanden. Das sagen Sie uns nun seit 4 Wochen. Wir wüssten gerne wann sie wieder aufwacht." Die Stimme kenne ich! Mein Papa hört sich traurig und wütend zugleich an. Warum ist er wütend? Doch noch mehr frage ich mich, warum er traurig ist. Warum ist er hier? Und wo zum Teufel ist überhaupt hier?

Angestrengt versuche ich meine Augen zu öffnen. Ein schmaler Spalt öffnet sich unten in meinem Sichtfeld. Verdammt ist das hell. Ich muss meine Augen wieder schließen. 

"Das kann ich Ihnen nicht sagen. Sie könnte jetzt, morgen, in vier Monaten oder nie aufwachen. Wie gesagt wir mussten Ihre Tochter mehrmals reanimieren und..." doch er wird von einer weinerlichen, gebrochenen Frauenstimme unterbrochen. "Was ist wenn sie nie wieder aufwacht  Thomas? Was wenn wir unsere kleine Tochter für immer verlieren?" Mami? Ist das meine Mami? Warum weint sie? Sie soll aufhören zu weinen. Ich will zu ihr und sie trösten. In ihre Arme springen und ihr sagen, dass alles wieder gut wird. Doch ich kann nicht. Ich spüre meinen Körper nicht. Ich versuche noch einmal meine Augen zu öffnen. Ganz langsam, so dass sich meine Augen an das Licht gewöhnen können. Ein paar Mal muss ich trotzdem blinzeln, weil das Licht einfach zu grell ist um etwas sehen zu können. Alles ist weiß. An der Wand gegenüber von mir hängen ein paar Kinderzeichnungen. Ich sehe einen rosanen Elefanten der neben einer Blume steht, die genau so groß ist wie er. Ob es ein Mini-Elefant ist? Oder die Blume ist so groß wie ein Baum. Wo solche Blumen wohl wachsen? Ich sehe mich weiter im Raum um und entdecke einen Sessel in dem eine junge Frau sitzt, sie trägt einen leichten Sommerrock mit Blumen drauf. Ich mag diesen Rock. Ihre langen blonden Haare trägt sie zu einem hohen, lockeren Zopf. Sie hält ein Buch in der Hand. Ich kann nicht erkennen, welches Buch es ist, denn sie ist zu weit weg, aber es scheint keines meiner Bücher zu sein , welche sie mir Abends immer vorliest. Meine Mami ist ganz vertieft in das Buch. Sie bemerkt gar nicht, wie ich sie beobachte. 

Ich drehe meinen Kopf um mir den Rest von diesem unbekannten Raum anzusehen. Ich höre ein knistern, was eindeutig von meinem Kopfkissen stammt, während ich meinen Kopf ganz langsam drehe. 

"MIA! Du bist wach. Oh mein Liebling!" So schnell wie meine Mami bei mir ist und mich in ihre Arme zieht, so schnell kann ich gar nicht meinen Kopf in ihre Richtung drehen. Ist vielleicht auch besser so. So schnell und fest sie meine Wange gegen ihre Schulter drückt, hätte sie mir bestimmt die Nase gebrochen, wenn ich meinen Kopf ein bisschen schneller gedreht hätte.

Nachdem sie mich wieder loslässt gucke ich sie fragend an. Doch sie guckt mich nur böse an. So hat sie mich noch nie angesehen. "Mami was hast du? Habe ich etwas falsch gemacht?" Meine Stimme ist ganz dünn und gebrochen, als hätte ich sie seit Jahren nicht benutzt. Mein Hals ist trocken und meine Zunge belegt. Meine Mama kommt mir näher, doch plötzlich möchte ich ihre Nähe nicht mehr, sie macht mir Angst. Doch ich kann nicht zurückweichen. Dafür reicht meine Kraft noch nicht aus.

"DU!" kreischt meine Mama auf einmal. "DU! DU wolltest uns zurück lassen! Wolltest einfach so weg, was? Tja hat wohl nicht so funktioniert. Du entkommst uns nicht!" ihre Hand greift nach meinem Hals und sie packt feste zu. Ich bekomme keine Luft mehr. Ich sehe ihr in die Augen. Doch das was ich sehe, das kann man nicht mehr Augen nennen. Schwarze Kugeln liegen in ihren Augenhöhlen und drohen herauszufallen. Ich will schreien bei diesem Anblick doch ich kann nicht, ihr Griff ist zu fest.

Mit einem lauten Schrei wache ich schweißgebadet in meinem Bett auf. 

Marry me BabygirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt