13

7.4K 381 79
                                    

Remus P.o.V
Hier stand ich nun also.
In einem schwarzen Anzug, in dem ich mehr als deplatziert und lächerlich wirkte, die Haare mehr schlecht als recht gestylt. Ich war bereit, mit meinen besten Freunden, von denen einer zufällig auch mein fester Freund war(ich konnte es nach all den Wochen immer noch nicht glauben) zu der Feier zu gehen, auf der wir unseren Abschluss in die Hand gedrückt bekommen würden.
Danach waren wir frei. Irgendwie ein beängstigender Gedanke.
Sieben Jahre hatte ich an diesem Ort verbracht; gelernt, gezaubert, gelacht und geweint. Und übermorgen würde ich das letzte Mal mit dem Hogwarts Zug fahren. Vermutlich würde ich für eine sehr lange Zeit diesen Ort, an dem ich so viel erlebt hatte, nicht mehr betreten. Ich würde nicht mehr durch die Gänge gehen, nicht mehr mit den Rumtreibern neue Geheimgänge suchen und auch nicht mehr in der großen Halle mit allen allen Anderen essen.
Die Bibliothek würde ich auch nie wieder betreten.
Ich holte tief Luft, um dieses Gefühl der vagen Verzweiflung zu unterdrücken. Schließlich bedeutete all das auch neue Chancen und neue Erlebnisse.
Das größte Problem war wohl die Frage, wie meine zukünftigen Vollmonde aussehen würden. Darüber musste ich noch mit Dumbledore reden.
Jedoch war das nichts, woran ich im Moment denken wollte, weshalb ich auch dieses Thema von mir schob.
Jemand klopfte laut an der Tür und rief:"Beweg deinen Arsch aus dem Bad und komm endlich! Wir warten schon seit Ewigkeiten."
Das klang ganz nach James.
Ich drehte mich um und ging, ohne einen weiteren Blick in den Spiegel zu werfen, aus dem Bad, meinen Freunden entgegen, die sich alle rotzfrech auf meinem Bett niedergelassen hatten und mir jetzt ein breites Grinsen zeigten.
Ich verdrehte die Augen und ließ sie mit einem Schnipsen meines Zauberstabes vom Bett auf den Boden fliegen. Wir hatten vor drei Wochen stumme Zauber gelernt und ich hatte festgestellt, dass mir das offensichtlich lag. Außerdem war es echt praktisch, wenn mein Gegenüber nicht wusste, was ich tun würde.
Ich war damals einer der Besten der Klasse, als wir stumme Zauber übten, nur Schniefelus war noch besser gewesen.
Nur wusste ich nicht so recht was er mit diesen Fähigkeiten anstellen würde. Es ging das Gerücht um, dass er nach der Schule sofort bei Voldemort quasi Vollzeit anfangen wollte, wenn man das so sagen konnte, doch ich hoffte wirklich, dass an diesem Gerücht nichts dran war.
Voldemort wurde immer mächtiger und ich wusste, dass die Rumtreiber sich bald dem Orden des Phönix anschließen würden,der Widerstandsgruppe, die extra dafür gegründet wurde. Mit Snape hätte Voldemort einen weiteren, sehr begabten Mitstreiter gewonnen, außerdem würde er damit Lily das Herz brechen. Auch wenn sie nicht mehr befreundet waren, würde er immer einen besonderen Platz in ihrem Herzen einnehmen.
Doch das Schlimmste war wirklich die Vorstellung, dass er seine Kräfte dafür nutzen würde, das zu zerstören, was mir am meisten am Herzen lag. Hätte es Voldemort schon zu meiner Schulzeit gegeben, hätte ich gar nicht erst die Möglichkeit gehabt, auf Hogwarts zu gehen und zu sehen, wie wunderschön Freundschaft sein konnte. Allein der Gedanke reichte aus, um mir eine Gänsehaut zu verpassen. Dagegen mussten wir in der Zukunft dringend etwas unternehmen.
Jetzt jedoch war es erstmal an der Zeit zu gehen, die Jungs hatten sich aufgerappelt und zu viert marschierten wir aus dem Schlafsaal, bereit unsere Zeugnisse entgegen zu nehmen und der Schule einen Abschlussstreich zu bescheren, wie es ihn noch nie gegeben hatte.
Allein beim Gedanken daran musste ich breit grinsen.
Sirius neben mir bemerkte das, rumpelte mich leicht an und nahm, ebenfalls lächelnd, meine Hand.
Hier waren wir nun also. Ich konnte kaum glauben, dass meine sieben Jahre in Hogwarts schon vorbei waren.
Es schien mir, als sei es gestern gewesen, als ich mit elf Jahren staunend zum ersten Mal die große Halle gesehen hatte. Alles strahlte nur so vor Magie und an jeder Ecke gab es etwas neues zu entdecken. Es kam mir damals wie ein verrückter Traum vor, aus dem ich jeden Moment aufwachen würde.
Es schien mir, als sei  es gestern gewesen, als in Gryffindor eingeteilt wurde und ich die Entscheidung des sprechenden Huts anzweifelte, sobald ich hörte, dass Gryffindors mutig und tapfer seien. Im Nachhinein hätte ich mir kein besseres Haus wünschen können.
Oberflächlich betrachtet war die Zeit wie im Flug vergangen, doch wenn ich genauer an all die Details dachte war eher das Gegenteil der Fall.
Ich erinnerte mich noch bildhaft an den Moment in der fünften Klasse als wir Peters Kopf ausversehen auf doppelte Größe anschwellen ließen und zwei Tage lang keinen Gegenzauber fanden.
Ich erinnerte mich daran, wie James und Lily wochenlang umeinander herumtänzelten und nicht zugeben wollten, dass sie offensichtlich ineinader verliebt waren, bis James sie eines Abends unverhofft küsste.
Und ich erinnerte mich daran, wie ich wieder und wieder festgestellt hatte, dass ich in Sirius Black verliebt war.
Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr kam mir meine Schulzeit wie drei Ewigkeiten vor.
Wie konnte einem etwas kurz wie ein Atemzug und dennoch so lang wie drei Lebensspannen vorkommen?
Schließlich kamen wir am See an. Das Gras kam mir noch viel grüner und saftiger vor, die untergehende Sonne spiegelte sich im Wasser und es schien mir, als wären unglaublich viele Menschen da. Von überall drangen die verschiedensten Geräusche auf mich ein, es summte wie in einem Bienenstock.
Ich schluckte und straffte die Schultern.
Sirius bemerkte dies natürlich und blickte mich besorgt an.
"Sicher, dass du das machen willst?"
"Irgendjemand von uns muss es tun, sonst fällt der ganze Streich ins Wasser. Und ganz ehrlich? Ich bin überrascht, dass ihr drei so begabte Zauberer seid, weil ich ab und zu wirklich das Gefühl habe, dass ihr nicht mal zwei ordentliche Sätze hintereinander bilden könnt. "
Sirius lachte laut und die Menschen in unserer Umgebung blickten uns leicht entfremdet an, woraufhin er ihnen die Zunge herausstreckte.
Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
"Warum Sirius, warum bist du so?", murmelte ich durch meine Hände.
James, Sirius und Peter gingen lachend weiter, während ich immer noch vor Scham sterben wollte.
Wir setzten uns, wie es sich für die Schüler der Abschluss Klasse gehörte, in die erste Reihe und langsam machten sich auch alle anderen auf den Weg zu ihren Plätzen. Als alle saßen, stand Dumbledore, ein wenig theatralisch, auf und bewegte sich mit fließenden Schritten und gewohnt extravagantem Gewand nach vorne.
Er hielt eine Rede über Verantwortung und die Liebe zum Lernen von neuen Dingen, doch schon ab der Hälfte war ich nicht mehr fähig zuzuhören.
Mein Kopf war vollauf damit beschäftigt, nochmal die Rede durchzugehen, die wir geplant hatten.
Zugegeben, wir waren alle überrascht, als McGonagall ausgerechnet auf uns zukam und uns die doch recht wichtige Aufgabe übertrug, die Abschlussrede zu halten, doch es passte perfekt in unseren Plan.
Ein stoß in die Rippen weckte mich aus meiner Apathie.
Alle blickten mich erwartungsvoll an, sogar Dumbledore und ich spürte, wie ich rot wurde. Da hatte ich wohl meinen großen Auftritt verpasst.
Ich rappelte mich auf und lief nach vorne, mir war immer noch unangenehm warm und meine Wangen waren sicherlich immer noch knallrot.
Dumbledore machte mir lächelnd Platz, ich trat auf das Redner Podest und das Erste was ich sah, waren Menschen.
Unglaublich.
Viele.
Menschen.
Meine Kehle wurde eng, ich spürte wie meine Hände schwitzig wurden und mein Magen sich umdrehte.
Ich hatte ganz vergessen wie sehr ich es hasste, vor vielen Menschen zu reden.
Ich wagte einen Blick zu den Rumtreibern und sah, wie alle vier, einschließlich Lily mich erwartungsvoll grinsend anstarrten und die Daumen hochhielten.
Ein Lächeln bahnte sich auf mein Gesicht und ich atmete tief durch. Wenn ich jetzt nicht redete, würde dieser gesamte Streich schief gehen, und das wollte ich niemanden antun.
Also redete ich.
"Ich kann gar nicht glauben, dass ich jetzt tatsächlich hier stehe, und nächstes Jahr nicht mehr hier her fahren werde. Wenn ich an meine Schulzeit denke, bin ich... Vor allem Dankbar für alle Erfahrungen, die ich machen durfte. Ich habe Hogwarts so viel zu verdanken. Die Lehrer haben mich gelehrt, die Gabe die ich habe wertzuschätzen und für Gutes zu nutzen. Sie haben mir beigebracht, Magie wirklich zu lieben, und nicht nur als Mittel zum Zweck anzusehen. Hogwarts... Oh gott wo fange ich an, dieses Schloss ist wunderbar und ich weiß ich würde es nie leid werden, hier für immer zu bleiben und für immer alle Geheimnisse zu entdecken. Doch das Wichtigste", ich musste unwillkürlich lächeln. "Das Wichtigste sind wohl meine Freunde. Diese Schule hat mir die besten Freunde geschenkt, die ich mir nur wünschen konnte. Ich kann es kaum erwarten, zu sehen wo unsere Wege uns hinführen, und ich hoffe wir bleiben alle beisammen. Ihr macht das Leben so viel lebenswerter. Und ich kann mir nicht vorstellen eure Gesichter irgendwann nicht mehr jeden verdammten Tag zu sehen."
Ich blickte sie an, meine Kehle zugeschnürt und mit Tränen in den Augen. James, Sirius, Peter sahen seltsam bedrückt aus und Lily weinte sturzbäche. Schnell blickte ich weg, ansonsten müsste ich auch noch weinen.
Ich schloss die Augen und holte zittrig Luft, dann lächelte ich.
"Die Gefühle, die ich habe wenn ich hier oben stehe kann ich nicht wirklich beschreiben. Deswegen haben meine Freunde und ich etwas vorbereitet."
Ich drehte mich um, schwenkte meinen Zauberstab und murmelte die Worte, die ich die Nacht vorher sorgfältig geübt hatte. Wir hatten stundenlang an diesem Zauberspruch gearbeitet und die Grundformel so lange verändert, bis sie unseren Wünschen entsprach, dabei machten wir auch nicht halt, als James nahe an einem Nervenzusammenbruch stand.
Doch ich wusste, dass es all die Mühe wert war, als ich die ersten überraschten Ausrufe vom Publikum hörte.
Stück für Stück erleuchtete jeder einzelne Ziegelstein des Schlosses in unterschiedlichen Farben, bis man schließlich einen überdimensional großen Drachen sah. Dieser war Rot, jedoch ließen ihn kleine, goldene Lichtreflexe wirken, als wäre er aus Feuer gemacht, direkt aus der Glut auferstanden. Dann bewegte er zum ersten Mal seine Flügel und ich wusste, dass wir alles richtig gemacht hatten. Es sah so dermaßen realistisch aus, dass ich fast schon enttäuscht war, dass er nicht aus dem Bild gesprungen kam, sondern aus dem Rahmen, in diesem Fall das Schloss flog.
Das Schulmotto "Kitzele nie einen schlafenden Drachen" flammte kurz auf, ehe die Farben wechselten und eine Art Diashow zu Hogwarts folgte. Es wurden die schönsten Plätze gezeigt, die besten Lehrer hatten kurze Auftritte, sogar ein paar Schüler waren dabei, die von ihren liebsten Sachen an Hogwarts und ihrer Schulzeit erzählten. All das wurde von dem Geisterorchester unterlegt, für welches Pevees (AN: wird der so geschrieben?) gesorgt hatte. All das war so ziemlich das schönste was ich je gesehen hatte, mal abgesehen von Sirius in diesem verdammten Anzug.
Während alle mit der Vorstellung beschäftigt waren und immer wieder auf die Bilder und Videos zeigten, wenn sie jemanden entdeckten, den man kannte, schlich ich mich zurück zu meinem Platz und quetschte mich zwischen Sirius und Lily.
Diese weinte immernoch hemmungslos, ich hörte in regelmäßigen Abständen ihr schniefen und als ich mich zu Sirius umdrehte, sah ich, dass auch er Tränen in den Augen schwimmen hatte,die er energisch wegblinzelte.
Vielleicht lag es daran, dass ich grundsätzlich ein sogenannter Solidaritätsweiner war, der aus Prinzip mitheulte, doch als ich sah, wie alle meine besten Freunde so emotional wurden und mit rosaroter Brille auf ihre Vergangenheit zurückblickten, war es auch um mich geschehen.
Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und atmete zittrig ein und aus. Ich hasste es, vor anderen zu weinen. Natürlich bemerkte es Sirius, er schob meine Hände zur Seite, hielt mein Gesicht in seinen Händen und lachte leise, als er meine tränennassen Wangen sah. Dann küsste er sie und blickte mich aus diesen treuherzigen, wunderschönen braunen Augen an. Ich schloss die Augen und lehte mich nach vorne um ihn einen Kuss zu geben, leicht wie eine Feder.
Als ich die Augen wieder öffnete und sah, dass Sirius grinste wie ein Honigkuchenpfert, musste auch ich lachen. Schließlich lehnte ich mich an seine Schulter und wendete mich wieder nach vorne um den Rest der Show zu sehen und unsere Finger verschränkten sich wie von alleine.
Den Schmerz des Abschieds den ich gerade fühlte, war real und er tat nicht weniger weh als jeder andere Schmerz und doch hatte er eine süße Unternote, die ich einfach nicht zu fassen bekam. Das war wohl das, was man als "bittersüß" bezeichnete. Trotz allem wa der Momen perfekt so wie er war, die Luft hatte diesen ganz bestimmten Geruch von unvergesslichen Sommerabenden und ich wusste, ich würde diesen Tag für immer in Erinnerung behalten und mit ganz bestimmten Liedern verbinden.




Ich bin wirklich, wirklich schlecht im schnell und regelmäßig schreiben.

When I realized, that I loved him  (Wolfstar ff) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt