Zwischen Tod und Teufel

5 1 0
                                    

"Das sieht irgendwie nicht so stabil aus." John betrachtete das seltsame Gebilde aus Holz, das eine Truppe Torbens gebaut hatte. "Das ist mehr als stabil, keine Sorge", behauptete einer von ihnen. John stupste das Ding vorsichtig mit dem Stil seiner Sense an, woraufhin es gefährlich zu schwanken begann. "Es ist noch nicht ganz fertig", murmelte ein Torben missmutig. John nickte und machte sich auf den Weg, den Rest der Befestigungen zu besichtigen. Die meisten Arbeiten waren relativ schnell erlahmt, da die Tode wenig Motivation besaßen, große Arbeiten zu verrichten. Ab und zu waren einzelne Späher aus dem Himmel wie auch aus der Hölle gekommen, um ihre Baumaßnahmen zu begutachten. John war das fast schon peinlich. "Wieso genau kämpfen wir nochmal?", fragte ein Torben in die Runde eines Bautrupps. Er bekam keine Antwort. John hielt ihre Erfolgschancen gegen zwei Armeen auch irgendwie für unwahrscheinlich. Er blickte in die Ferne und machte ein rotes Leuchten aus, das nichts Gutes verhieß. Er beschleunigte seinen Schritt und unterwegs schlossen sich ihm weitere schaulustige Tode an, die vermutlich auch mitgingen, um die Arbeit liegen zu lassen.
Das rote Leuchten rührte von einem geöffneten Portal her, vor dem ein gepanzerter und bewaffneter Dämon stand, der den Auflauf an gelangweilten Toden eingehend betrachtete. "Mein Herr will euch sprechen", verkündete der scheinbar besondere Dämon und direkt danach flammte das Portal auf und ein großes, geflügeltes Wesen mit verkohltem Leib, brennenden Flügeln und zwei großen schwarzen Hörnern trat daraus hervor - Lucifer. "Meine Freunde", stimmte Lucifer an und wartete kurz eine Reaktion ab. Als keine kam räusperte er sich. "Also, ich schätze ihr habt erkannt, dass ihr diese Stadt nicht halten werdet." Spontan brach eine Welle der Empörung los. "Was, wer sagt das?!" "Was willst du denn?" "Dann mach's doch besser!" "Was glaubst du wer du bist?!" Lucifer blickte irritiert in die Runde. Er ließ einen kleinen Blitz aus seinen Augen zucken, der die Tode zum Verstummen brachte und eins ihrer Gebilde zur Verteidigung vernichtete. "Das war noch nicht fertig", hörte man jemanden murmeln. "Also, ich biete euch meine Hilfe bei der Verteidigung eures kleinen Städtchens an", fuhr Lucifer fort, was die Tode erneut aufschrien ließ. "Für wen hält er sich denn?!" "Wir machen das hier schön alleine." "Wir brauchen dein Mitleid nicht!" Der Teufel stöhnte auf und klatsche in die Hände. "Hallo! Konzentration bitte! Wir sind hier doch nicht im Kindergarten." "Ich war noch nie in einem Kindergarten, zu meiner Zeit gab's das noch nicht", merkte ein Tod an. John empfand diese ganze Aktion als ziemlich anstrengend. Und er hasste alles, was ihn anstrengte. "Wieso willst du uns denn überhaupt helfen?", fragte er also. "Danke!", rief Lucifer erleichtert. "Eine sinnvolle Frage!" Dann räusperte er sich erneut, um in gemäßigterem Tonfall weiter zu reden. "Also, ich möchte euch helfen, weil ihr keine Chance gegen meinen alten Freund da oben habt." Er wartete gespannt ab, doch die Tode hatten wohl keine Motivation mehr sich beleidigt zu fühlen. "Aber mit mir und meinen Truppen an eurer Seite werdet ihr euch nicht nur verteidigen können, nein, ihr werdet auch angreifen können!" "Also eigentlich würden wir uns ja lieber aus dem ganzen Kriegszeug raushalten", schaltete John sich stellvertretend für alle ein, die sich gerade mit etwas anderem beschäftigten als mit dem Teufel. Einer spielte mit seiner Sense rum, ein anderer zupfte seine Robe zurecht und einige andere kicherten immer wieder, weil sie einen Tod anstupsten und dieser nicht in der Lage war den Stupser ausfindig zu machen. "Und warum gebt ihr dann nicht einfach auf?", fragte Lucifer, der sich scheinbar nur noch mit John unterhielt. "Weil wir Eglasia haben und Petrus nicht verdient hat es zurück zu bekommen." "Ihr habt Egalsia?", fragte der Teufel überrascht. John nickte. "Das... ist erstaunlich." John zuckte mit den Schultern. Hinter ihm begannen die ersten mit Klatschspielen. "Und was gedenkt ihr jetzt zu tun?", führte Lucifer das Gespräch weiter. John seufzte. "Was weiß ich, ich hab keine Lust mehr mich mit dir zu unterhalten." "Aargh!" Der Teufel trat mit einem Fuß auf und eine kleine Feuerexplosion entstand neben ihm. "Jetzt Pass mal auf, ich bin einer der beiden mächtigsten Instanzen mit denen ihr mickrigen Tode es jemals zu tun bekommen werdet und wenn ihr nicht wollt, dass ich die gesamte Hölle gegen euch entfessele, dann tut ihr jetzt was ich euch sage!" Die Tode starrten ihn schweigend an. "Ich geb dir gleich mickrig", zischte einer. "Für wen hält der sich eigentlich?!", meldete sich eine weitere empörte Stimme. "Jetzt reichts! Vernichtet sie!", schrie der Teufel außer sich und aus dem Portal hinter ihm ergoss sich ein Strom aus Dämonen, die zähnefletschend auf die Ansammlung der Tode zurasten. Instinktiv hob John seine Sense und begann sie wie wild zu wirbeln, was ihm die anderen prompt nachmachten. Die dümmsten Dämonen rannten wie wahnsinnig in die Sensen und fanden auf brutale Weise ein endgültiges Ende. Die anderen verlangsamten ihre Schritte und kamen vor den rasenden Sensen zum Stehen. Sie beobachteten die Tode, schienen aber keinen Weg zu finden sie anzugreifen ohne selber draufzugehen. Vorsichtige Vorstöße wurden sofort bestraft und nur wenige Dämonen kamen jaulend noch einmal mit schweren Wunden davon. John sah die Meute vor ihm herausfordernd an, was bei denen allerdings mangels Johns fehlendem Gesicht nicht ankam. Er gewahrte aus dem Augenwinkel etwas auf sich zufliegen, zog kurz seine Sense nach oben und blockte das Geschütz ab. Das Geschoss war ein Stein gewesen, der nun mit tödlicher Geschwindigkeit auf die Dämonen zu flog und einen lauten Aufschrei zur Folge hatte. "Verflucht, seid ihr denn zu wirklich gar nichts zu gebrauchen?!", regte sich der Herr der Hölle derweil auf. Die Steinewerfer wagten einen erneuten Vorstoß, diesmal rabiater. Ein kleiner Hagel aus Steinen prallte klackernd von den herumwirbelnden Sensen ab und gut die Hälfte kam mit Spitzengeschwindigkeit auch wieder zurück. Ein paar wenige gingen allerdings durch, was kurze, verwirrte Kopfschüttler bei den getroffenen Toden auslöste. "Aua! Welcher Vollidiot hat hier mit Steinen geschmissen!?", hallte die die Stimme von Lucifer über die Menge. "Ich hab einen abbekommen, jetzt reichts aber!" Mit diesen Worten bildete sich ein Schneise in den Reihen der Dämonen und ein wutschnaubender Teufel marschierte mit vor dunkler Energie triefender Klinge direkt in Johns Richtung. "Oh oh." Die Tode bewegten sich langsam rückwärts, was die Dämonen hinter ihnen nervös zu machen schien. "Ihr inkompetenten, nutzlosen, nervigen...", Lucifer holte aus und John sah sich panisch in seiner näheren Umgebung um. "...faulen, vorlauten...", John erblickte etwas und folgte einer spontanen Eingebung, "...dreckigen Möchtegern-" Ein lautes PLONK unterbrach seine Schimpftirade. "Ok, damit hab ich nicht gerechnet", sagte der Teufel mehr als überrascht und schaute John an. Der wiederum sah mehr als überrascht auf Eglasia, das dem Hieb von Lucifers Waffe standgehalten hatte. "Ha!", rief er triumphierend. Lucifer schnaubte und trat mit seinem Fuß nach John. Er machte einen Satz nach hinten und konnte sich somit noch knapp retten. "Äh... Waffenstillstand?", schlug ein Tod neben ihm vorsichtig vor. Der Teufel ließ seine Waffe sinken. "Aber zu meinen Bedingungen." Einige zuckten mit den Schultern, die anderen äußerten sich überhaupt nicht. "Was wären denn deine Bedingungen?", führte der Tod neben John die Verhandlungen weiter. "Ihr überstellt mir einen Teil eurer Armee und dafür verteidige ich euch gegen die himmlischen Heerscharen. Und ihr übergebt mit Eglasia." Die Tode zögerten. "Also Egalsia würden wir schon ganz gerne behalten", merkte John an. "Das dachte ich mir schon" erwiederte der Teufel. "Dann würde ich mich damit zufrieden geben, wenn jeder Tod mir den Treueeid schwört und für mich kämpft." "Ja was das angeht..." Der Teufel hob eine seiner versenkten Brauen. "Wir sind hier doch nur knapp 70 Tode, also so eine große Armee bilden wir jetzt auch nicht." "Na und?", meinte Lucifer. "Es gibt doch noch wesentlich mehr Tode als nur euch." John dachte nach. "Stimmt, wenn wir hier schon 70 sind, dann muss es auf der ganzen Welt ja jede Menge von uns geben." Der Teufel nickte. "Man könnte sogar sagen, wir könnten eine ganze Heerschar bilden", überlegte John weiter. "Wir könnten sogar so viele sein, dass wir stark genug wären, uns gegen alles und jeden zu verteidigen." John blickte den Tod neben sich an, der Tod blickte ihn an. Dann wandte sich John wieder zu Lucifer um. "Wir lehnen dankend ab, aber du kannst meinetwegen Eglasia haben wenn du uns dafür in Frieden ziehen lässt."
"Nicht so schnell!", rief eine alt bekannte Stimme über John. Der bewölkte Himmel brach auf und Petrus flog langsam mit einer ganzen Fliegerstaffel zu ihnen hinab.
"Hier gibt niemand irgendwem irgendwas!" "Was willst du denn?", lachte Lucifer los, scheinbar nicht wirklich eingeschüchtert. "Ich stehe hier als Vertreter Gottes und ich befehle euch, mir das heilige Schwert zu überreichen!" "Hm", hörte man unbeeindruckte Reaktionen aus den Reihen der Tode wie aus denen der Dämonen. "Wir haben doch gar kein heiliges Schwert", meldete sich ein kleiner Dämon nachdenklich an Petrus. "Mit euch hab ich auch nicht geredet, elende Schmeißfliegen!", schimpfte Petrus zurück. "Oh", kam es von Dämon, der sich fortan ruhig verhielt. "Sag mal, wie redest du eigentlich mit meinen Untergebenen?", schaltete sich Lucifer empört ein. "Seit wann kümmerst du dich um deine Untergebenen?" Lucifer zuckte die Schultern. "Naja, jedenfalls gehört das Schwert mir und wenn du es dir holen willst: komm und hol's dir!" "'Wen du es haben willst' hätte besser geklungen", merkte ein Tod an, was ein genervtes Fauchen nach sich zog. Petrus stand über ihnen und schien abzuwägen, wie hoch seine Erfolgschancen sein könnten, als John sich zu seiner eigenen Überraschung selbst meldete. "Also noch gehört dir das Schwert ja nicht." Der Teufel warf ihm kurz einen abschätzigen Blick zu, konzentrierte sich aber weiterhin auf Petrus und seine Anhänger. "Und deswegen", fuhr John unbeirrt fort sich einzumischen, "müsste Petrus ja eigentlich zu uns kommen und das Schwert holen, wenn er es haben wollte." Ein Tod stupste ihn an. "Ja bitte?" "Halt die Klappe." John drehte sich schweigend zu Lucifer und Petrus um, die ihn beide ansahen. Lucifer sah ihn irritiert an, während Petrus entschieden wirkte mit einem Hauch an Belustigung. "So, also wollt ihr euch uns in den Weg stellen, ja?", fragte er und die Engel neben und hinter und über ihm zogen ihre Klingen. "Was soll denn der Unterton?", kam eine scheinbar ernstgemeinte Frage aus den Reihen der Tode. "Ja echt mal", stimmte ein Anderer zu. "Was glaubst du eigentlich, wer du bist?!" "Das geht schon den ganzen Tag so", stöhnte Lucifer. "Dann werden wir dem jetzt ein Ende bereiten", sagte Petrus und zog ein deutlich weniger prachtvolles Schwert als Eglasia. John besah sich Eglasia, das sich immer noch in seiner Hand befand, und blickte dann hinter sich. Die Tode schienen nicht gewillt, gegen zwei Armeen anzukämpfen und einige weiter hinten verließen bereits das Feld. "Nun, ähhhh", sagte John uneindrucksvoll und redete ein wenig vor sich hin, bis ihm etwas einfiel. "...und außerdem war ich früher mal Agrarwissenschaftler, was den Schluss zulässt, dass AHA!". Alle, die noch halbwegs aufgepasst hatten, schauten ihn verwirrt an. "Du willst dein Schwert haben?" Petrus nickte gelangweilt. "Ja, soweit waren wir schon" "Dann probiers doch!", rief John und warf das Schwert in die Höhe. Petrus reagierte schnell, doch Johns Sense war schneller. Er schnitt einmal quer durch die Klinge und glitt hindurch. Petrus erreichte Eglasia und fing es auf, nur um in plötzliche Qualen aufzuschreien und es wieder fallen zu lassen. "Was hast du gemacht?!", schrie er John an. John rückte seine Kapuze zurecht und stellte seine Sense neben sich. "Ich habe Egalsia getötet." "Du kannst das nicht töten!", rief Petrus außer sich. "Wieso?" "Es ist ein Schwert!" "Ja und? Schwerter sind auch nur Menschen. Ne warte, das passt hier nicht." John überlegte. "DAS IST EIN SCHWERT!", tobte Petrus. Lucifer lachte. "Ohhhh, hat der arme kleine Engel sein Spielzeug verloren? Ohhhh, armer kleiner Engel!" Der Angesprochene fuhr herum und blitze den Teufel an. Dann drehte er sich langsam wieder zu John um. Dem fiel gerade auf, dass er statt alles zu beobachten auch einfach hätte fliehen können. "John, töte sein Schwert." Der Tod sah zum Teufel rüber. Lucifer lachte und sah John herausfordernd an. "Töte sein Schwert!", schrie Petrus ihn beinahe an. John wog seine Sense in der Hand und beäugte Lucifer argwöhnisch. Dann drehte er auf dem Absatz um und hörte noch, wie Lucifer und Petrus in einen spontanen Streit ausbrachen. Er kicherte. Petrus war zu einer Null geworden. Nullen-Petrus. Nein, das war nicht gut. Es musste was mit P sein... Pversager-Petrus! Nein, das war bescheuert und albern. Der Petrus-Prostituierte! Nett, aber nicht das Richtige. John stieß beim Überlegen gegen einen kleinen Holzstab, der über mehrere seltsame Dinge aus Holz mit einem Gerüst verbunden war. Das Gebilde schwankte bedrohlich und machte schließlich einen Abgang. John seufzte und betrachtete die Torbens, die aus den Überresten rauskletterten und leise vor sich hin murrten. "Manno, das war so gut wie fertig", schimpfte einer gedämpft.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 30, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Ein Tag im Leben eines Todes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt