Kapitel 7: Nach Strich und Faden

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Am nächsten Morgen erwachte er mit schmerzenden Knochen und einem vernebelten Geist. Es fühlte sich an, als wäre er von einem Laster überfahren worden.
Murrend kämpfte er sich auf. Der kleine, graue Wecker auf seinem Nachttisch verriet ihm die Uhrzeit. Es war acht Uhr morgens.
Verdammt, schon so spät, murrte Graham verspannt und ließ die Schultern kreisen.
Die vormittägliche Sonne bestrahlte sein Gesicht und drückte ihn zurück ins Bett. Er war einfach noch so müde.
Das war ungewöhnlich für ihn. Er war der sprichwörtliche 'frühe Vogel' von dem die Menschheit immer sprach.
Er krabbelte aus dem Bett und kam langsam auf die Beine. Heute fühlte er sich nicht wie ein früher Vogel. Eher wie ein toter Vogel.

Graham schlenderte ins Badezimmer. Möglicherweise würde eine erfrischende Dusche ihm helfen.
Als er das Badezimmer jedoch betreten hatte, überdachte er sein Vorhaben.
Es sah aus wie ein Kriegsgebiet. Handtücher, Kleidung und leere Papierrollen waren über dem Boden verteilt. Die Duschkabine war voller bunter Haare, eine Spur von Haarfärbemittel zog sich durch das ganze Badezimmer.
Der Spüle erging es kaum besser. Ein Stück Kernseife hatte sich untrennbar mit dem Keramik verbunden, Die Armatur war voller Wasserflecken und an einigen Stellen bildete sich bereits Rost.
Graham verzog das Gesicht. Hier würde er nicht duschen können, zumindest nicht, bevor er alles gründlich gereinigt und desinfiziert hatte.
Er schloss die Tür hinter sich und erschauerte kurz. Wie kann man ein Badezimmer derart verkommen lassen?!, fragte er sich angewidert, während er in die Küche lief.
Er brauchte erstmal einen Tee. Das Wasser wurde aufgesetzt, der Teebeutel vorbereitet. Er spülte die Tasse vom Vorabend und benutzte sie erneut, denn so wusste er wenigstens, das sie sauber war.

Im Pyjama saß er vor einem dampfenden Earl Grey. Müde ließ er den Teebeutel auf und ab hüpfen. Er würde heute definitiv ein paar Putzmittel und -utensilien kaufen müssen, doch vorher musste er noch im Café vorbeischauen, wie er es sich gestern vorgenommen hatte.
Nach dem Kampf gegen die Oneiroi war er zu geschafft gewesen um noch ein anständiges Gespräch mit Flavio führen zu können. Heute fühlte er sich zwar kaum besser, doch ihm blieb keine Wahl. Er konnte das nicht aufschieben.

Sobald er seinen Tee geleert und die Tasse weggeräumt hatte, begab er sich in sein Zimmer, warf sich in - für ihn - lockere Kleidung und verließ das Haus.
Dann kehrte er sofort wieder um und schloss die Tür hinter sich. Er hatte etwas vergessen.
Schnurstracks begab er sich in die Küche und begann, die Leberwurstbrote für Levy zu schmieren. Er hatte ihm versprochen, ihn fortan regelmäßig zu füttern.
Graham vermutete, dass Levy ohnehin nachtaktiv war und daher noch eine Weile auf sich warten lassen würde, doch so hatte er es zumindest hinter sich gebracht und lief nicht Gefahr, ihn erneut zu vergessen.
Die Brote wurden in die nordöstliche Ecke des Wohnzimmers gestellt. Natürlich wieder gevierteilt.
Im Anschluss nahm er sich die Gießkanne und füllte sie bis zum Rand mit Wasser. Rasch lief er von einer Pflanze zur nächsten und bewässerte sie. Das ging deutlich zügiger, wenn man es bereits einmal gemacht hatte, denn er wusste nun genau, wo sie sich befanden.
Nach einer Weile konnte er die Gießkanne verstauen, Er griff die halbvolle Whiskyflasche aus dem Kühlschrank und begab sich auf den Dachboden.
Als er die Tür öffnete, konnte er wieder den Schrei vernehmen, der von Flo ausging. Eilig kämpfte er sich durch den Schrei und entleerte die Whiskyflasche in der Blumenerde.
Wie bereits zuvor verstummte die Pflanze langsam, schmatzte laut und grinste.

"Graham. Wie schön dich wieder zu sehen, mann!", begrüßte er ihn freundlich und Graham lächelte leicht.
"Ganz meinerseits, Flo", grüßte er zurück. "Du hast wieder geschrien. Wie lange hält der Rausch einer halben Flasche bei dir an?"
Flo schmatzte und grübelte laut. "Schwer zu sagen. Zwischen vier und sechs Stunden?"
"Sechs Stunden? Dann muss man dich ja vier mal täglich begießen!", stellte Graham fest und runzelte die Stirn. Flo nickte eifrig.
"Ach, wenn ich mal 'ne Stunde leide, macht das nichts. Ich war schon Wochen nüchtern.", erinnerte er sich voller Bedauern.
Graham schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme. "Nein, das ist keine optimale Lösung. Ich werde mir etwas für dich einfallen lassen."
Flo zeigte ein zahnbewehrtes Lächeln. "Alles klar, Mann. Ich bin jetzt schon gespannt."
Graham nickte zufrieden. "Nun, ich muss dann bald los."
"Lass dich nicht aufhalten, Bruder. Erledige deine Aufgaben."
Graham verließ den Dachboden, hüpfte hastig die Treppe hinab und begab sich endlich aus dem Haus. Die Tür schloss er gewissenhaft ab.

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