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Mit zitternden Händen durchsuchte ich meine Handtasche nach meinem Feuerzeug. Ich erinnerte mich an das Gespräch mit meiner besten Freundin Mai letzten Samstag.

„Mila du hast gesagt du rauchst nicht mehr! Die Dinger bringen dich verdammt nochmal ins Grab!"

Ich  presste die Lippen zusammen. „Tut mir leid.", murmelte ich und steckte mir eines der Dinger in den Mund und gab ihm die Möglichkeit mir zu schaden.

Es nieselte etwas. Ich liebte es wenn es nieselte. Es kitzelte etwas im Gesicht und kühlte meine glühenden Wangen. Eine weitere Träne löste sich. Ich sah von weitem das Auto meines Bruders kommen und warf die Zigarette schnell auf den Boden und wischte mir mit meinem Ärmel über die Wangen. Er wusste, was los war. Dieser Anblick war nicht neu für ihn. Sein alter, dunkelblauer und rostiger Polo hielt vor mir und ich stieg ein.

„Gehts?", fragte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ich nickte und schenkte ihm ein Lächeln. Ich liebte ihn. Er war für mich das wichtigste der Welt und ich wusste, dass ich es auch für ihn war. Dieser Gedanke war es, der mich an allem fest hielt. Ohne meinen Bruder wäre ich jetzt vermutlich nicht, wo ich bin. Vielleicht wäre ich in einer Psychiatrie oder sogar tot.  Ich beobachtete die Regentropfen an der Fensterscheibe, wie sie ein erstklassiges Wettrennen lieferten.

Als der Wagen vor unserem Wohnhaus stoppte musste ich schmunzeln. Geschafft. Das 67. mal. Naja vielleicht eher das 66,5. mal, wenn man es genau betrachtete. „Mila, ich muss noch schnell was erledigen", riss Fynn mich aus meinen Gedanken. „Was denn?", fragte ich nur. Er zuckte mit den Schultern und hielt das Lenkrad fest und starrte nach vorne. „Fynn was ist los?", fragte ich erneut, etwas lauter. „Es ist alles gut, vertrau mir.", gab er zurück. Mein Blick verharrte noch einige Sekunden auf Fynn, ehe ich die Autotür öffnete und ausstieg.

Es hatte aufgehört zu nieseln. Ich kramte in meiner Jackentasche nach dem Haustürschlüssel. Unsere Wohnung war nicht besonders groß oder schön, doch es war alles was wir uns leisten konnten, ich ging noch zur Schule und versuchte am Wochenende zu jobben um etwas einzutreiben und mein Bruder hatte seinen Traum, Mathematik zu studieren fallen gelassen und hatte einen Job als Barkeeper. Die Tür fiel ins Schloss und ich begann mich die Treppen hochzuschwingen.

310. Unsere Wohnung.

Seufzend schmiss ich meine Tasche auf den Boden. Es war immer das gleiche. Mein Blick viel auf den Spiegel der neben der Küchentür hing. Ich betrachtete meine roten Augenlider und meine rote Nasenspitze. Gott wieso konnte ich nicht einfach normal sein. Wieso konnte ich nicht nachhause kommen und meine Mutter hatte frische Pfannkuchen gemacht und die ganze Familie wäre da. Es müssten nicht mal frische Pfannkuchen sein. Nein ich wäre sogar mit einer Tiefkühlpizza oder Toast zufrieden. Mein Handy vibrierte.

Mai: Kommst du morgen wieder in die Schule?

Diese Woche war ich noch nicht und wollte es eigentlich auch nicht.

Ja, denke schon.

Ich ging in mein Zimmer. Mein Bruder schlief in unserem Wohnzimmer auf der Couch. Er wusste wie glücklich es mich machte, ein eigenes Zimmer zu haben. Es gab mir das Gefühl von Sicherheit. Seufzend lies ich mich auf das Bett fallen und bemerkte erst jetzt wie müde ich wirklich war. Meine Augen schlossen sich und es fühlte sich so gut an. Nur 5 Minuten.

„Mila?", jemand zog an meinem Bein. „Mila, willst du heute nochmal zuhause bleiben?", kam es erneut. Alles was ich herausbrachte war ein genervtes Brummen. Langsam rappelte ich mich auf und nickte meinem Bruder zu. Ich blickte auf meinen Wecker. Hatte ich wirklich solange geschlafen? Verdutzt schaute ich Fynn an, welcher lachte. „Sorry Mi aber du siehst echt kacke aus.", kicherte er. Ich verpasste ihn einen Tritt mit meinen Fuß gegen seinen Arm und lachte ebenfalls. Spielerisch fing er an beleidigt mein Zimmer zu verlassen.

Ich zog die Schranktüren meines wunderschönen Vintage Schrankes auf, welcher einmal meiner Mutter gehört hatte. Was wollte ich denn heute anziehen? Mein Blick wanderte zu einer weinroten Bluse die bestimmt sehr gut an mir aussehen würde, entschied mich jedoch für einen schlichten schwarzen Pulli und eine Jeans.

„Tschüss, bis nachher.", rief ich und schnappte mir noch schnell eine Scheibe Brot.

Wie immer war ich viel zu spät dran und sprintete die Treppenstufen runter. Viel zu schnell für jemand, der im Schulsport auf einer drei stand. Eine Stufe hatte ich wohl nicht richtig erwischt und rutschte etwas und knickte um. „Fuck!", entfuhr es mir und knallte auf den kalten Fließboden. „Aua scheiße!", fluchte ich und sah, wie sich ein Blutfleck auf meiner Jeans bildete. „Erstklassige Landung.", kam es plötzlich ein paar Stufen über mir. Erschrocken schaute ich auf. Vor mir stand ein Mann, den ich hier noch nie gesehen hatte. Er grinste mich schadenfroh an. Ich runzelte die Stirn und rappelte mich auf. „Freak.", zischte ich, griff nach meiner Schultasche und fuhr meinen Weg fort.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 04, 2019 ⏰

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