On the way to wonderland?

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"Willkommen an Bord von Flug AY2852 von Hamburg nach Helsinki..." Charlie hörte der Stewardess nicht wirklich zu. Sie guckte gedankenverloren aus dem Fenster und spielte nervös mit der Kaugummipackung in ihrer Hand. Immer wieder schaute sie auf die Uhr. Es war jetzt 8:00. Sie las noch einmal die Email die der Mann von der Plattenfirma ihr geschickt hatte, sicherheitshalber. "12:30 Uhr" stand da, sogar fettgedruckt. In dreieinhalb Stunden würde sie mit mehreren völlig Fremden in einem Studio in der Nähe von Helsinki Musik schreiben. Die Musik, die möglicherweise über die Zukunft der Band entschied.

Wenn wenigstens Tobi dabei wäre. Zu zweit wäre die Situation nicht halb so beängstigend. Er wollte eigentlich mitkommen doch der lag jetzt mit einer dicken Lungenentzündung im Bett. Und überhaupt. Was, wenn die anderen ihre Ideen nicht mögen würden. Oder wenn ihr nichts einfiel. Bisher hatte sie ihre Songs immer spontan aus einem Gefühl heraus geschrieben, und nicht mit Fremden und quasi "auf Knopfdruck". Vielleicht würden sie sich überhaupt nicht verstehen, oder...

"Nicht drüber nachdenken!" murmelte sie leise und versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken, indem sie in einer Zeitschrift blätterte. Doch so richtig konzentrieren konnte sie sich nicht, immer wieder drifteten ihre Gedanken ab und kreisten um die nächsten sieben Tage. 

Als ihr damals sieben Tage Songwriting mit Samu Haber angeboten waren worden, hatte sie die Idee toll gefunden. Klar, ein bisschen gekränkt war sie schon gewesen, darüber das die Plattenfirma offensichtlich der Meinung war, ihre eigenen Songs wären nicht gut genug. Aber es war einfach so eine tolle Möglichkeit und eine riesige Ehre für sie als so unbekannte Newcomer-Band mit solchen Stars wie Samu Haber zusammenzuarbeiten. Doch je näher die Woche rückte, um so nervöser wurde sie und ihre Zweifel wurden immer größer. Als Tobi dann auch noch drei Tage vor ihrem Abflug krank wurde, hatte sie überhaupt keine Lust mehr auf die Songwriting-Woche gehabt. Aber es gab kein zurück mehr. 

„Wir landen in wenigen Minuten in Helsinki, bitte schnallen Sie sich wieder an, stellen sie die Rückenlehne...“ Die Stimme der Stewardess riss Charlie aus ihren Gedanken. Sie schaute aus dem Fenster (es war bewölkt) und dann auf die Uhr (10:30, also 11:30, sie hatte die Uhr noch nicht umgestellt). Das Flugzeug setzte eher unsanft auf. Als es angehalten hatte stand Charlie auf, nahm ihre Handtasche und ihre Gitarre aus dem Gepäckfach und zog ihre Jacke an. Als sie nach draußen kam, nieselte es ein bisschen, und war kühl, aber nicht kalt. Sie ging schnellen Schrittes zum Flughafengebäude. 

Im Gebäude wartete sie eine Weile vor dem Gepäckband, bis ihr Koffer kam. Dann wartete sie eine gefühlte Ewigkeit an der Passkontrolle.  Vor dem Flughafen stieg sie in ein Taxi und gab dem Fahrer die Adresse, die in der Email stand, und er fuhr los.

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