Kapitel 4

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Michel POV:

Ausnahmsweise mal relativ entspannt, fahren Milan und ich zur Schule. Das ich bald 15 Minuten auf ihn gewartet habe ignoriere ich. Es war fast schon ein normaler Zustand. Er kommt halt immer, wirklich absolut immer, zu spät. Was auch der Grund dafür war, dass wir heute wieder einmal nur zu zweit fahren, da, außer mir, keiner Lust hat so lange zu warten. Verständlich. Aber naja, man gewöhnt sich daran. Auch, wenn es keine gute Eigenschaft ist. Mal sehen, wie das nächstes Jahr wird, wenn er bis nach Brinkum fahren muss. Ich wette darauf, dass er es nicht mehr an seinen beiden Händen abzählen können wird, wie oft er zu spät gekommen ist. Und das alleine im ersten Halbjahr. Dass wir keine Probleme mit langsamen Kindern hatten, lag daran, dass wir die erste Stunde frei hatten. Es gab nichts über das ich mich mehr freue. Außer natürlich Aufmerksamkeit meiner Geliebten. Wenn sie doch nur das selbe empfinden würde. Ich ließ meinen Kopf hängen. Als ob mir Milan in den Kopf sehen könnte sagte er ,,Guck mal nach vorne!" Verwirrt sah ich erst zu ihm und dann nach vorne. Doch was ich sah, war noch verwirrender als alles andere.

Ich sah Bonny. Das Mädchen, an das ich eben noch gedacht habe und durch das mein Herz meinte zu reagieren, als würde ich einen Marathon laufen. Aber das war nicht das Verwirrende, nein. Mich verwirrte, was sie da tat. Sie fuhr auf ihrem Fahrrad, freihändig. An sich ja ganz normal, aber es schien, als würde sie Musik hören und dazu rumhampeln. Auf dem Fahrrad! Naja, ergibt Sinn, sie trägt ja auch Kopfhörer. Zu meinem Glück war ihre Musik anscheinend ziemlich laut gestellt, da sie nicht auf den Ruf von Milan reagiert. ,,Was machst du da?" zischte ich ihn an ,,Spinnst du denn komplett? Lass den Quatsch!" Er grinste mich nur an und rufte erneut ihren Namen. Dieses mal jedoch lauter und somit lies mein Glück von eben nach. Sie nahm ihre Kopfhörer halb ab, sah sich aber nicht um. Da sie keine weiteren Rufe hörte, setzte sie sie erneut auf und ließ ihr Umfeld somit verschwinden. Aus Wut auf Milan beschleunigte ich mein Tempo, sodass auch er nicht mehr mithalten konnte, fuhr auf die Straße, natürlich erst nachdem ich mich versichert hatte, dass kein Auto kommt, und zischte an Milan und Bonny vorbei. Hätte ich mich umgeguckt, hätte ich noch ihr geschocktes Gesicht gesehen und wie mein Kumpel sich abrackerte. In letzter Zeit hatte er aber auch echt nachgelassen.

Es dauerte nicht lange, bis ich an der Schule ankam und mein Fahrrad abschloss. Jetzt erneut auf Milan zu warten, darauf konnte ich verzichten. Zu meinem Pech war er aber schneller da als ich erwartet habe. Mit ihm Bonny. Ob ich mich nun freuen sollte wusste ich nicht. Kurz gab es Blickkontakt zwischen uns, aber innerhalb des Bruchteils einer Sekunde sah sie weg und es schien, als würde sie leicht rosé anlaufen. ,,Musstest du so Gas geben?" motzte mich nun Milan an und sorgte somit dafür, dass ich aufhörte Bonny anzustarren. ,,Pff, du bist einfach nur fett und faul geworden. Mehr nicht." Und schon begann es. Er fing an mir eine Schimpftirade vorzutragen. Da ich ihm eh nicht zuhörte, konnte ich sehen, wie Bonny mit gesenktem Kopf schnell an uns vorbei ging, anstatt uns, wie sonst, neugierige Blicke zuzuwerfen. War es ihr etwa peinlich, dass wir sie beim "Tanzen" erwischt hatten? Wie automatisch begannen meine Füße sich in ihre Richtung zu bewegen. So oder so wollte ich Milan nicht weiter zuhören und schnappte mir einfach seinen Arm um ihn hinter mir her zu ziehen, da wir ja eh zum Klassenraum mussten. In mir kommt Freude auf. Zwar nicht auf den Unterricht aber auf den gesamten Tag. Auch wenn es mich leicht runter zog, dass Bonny so schien, als würde sie mir so schnell nicht mehr in die Augen sehen.

Ich verdrängte diesen Gedanken schnell wieder und lief zum Raum, welcher ausnahmsweise mal offen war. Ein paar meiner Klassenkameraden saßen auch schon auf ihren Plätzen oder unterhielten sich noch miteinander. Ich begab mich nun schnell zu meinem Platz und sah, dass Tyler auch schon da war. Emilia war noch nicht da, puh, das hätte sonst ganz schön anstrengend werden können. ,,Hey Michel, du siehst ja mal wieder wundervoll aus. Ne im ernst, was ist dir denn bitte über die Leber gelaufen?" Nette Begrüßung, dachte ich, während ich mich neben den Größeren setze und mit ,,Nichts wichtiges" antwortete. ,,Seine Liebste hat ihn ignoriert" kam es nun von der anderen Seite. ,,Halt's Maul!" Die Beiden brachen in schallendes Gelächter aus. Dieser Tag wurde ja immer besser. ,,Du hast eine Freundin?" Oh Gott, bitte nicht. Nicht die schon wieder. Emilia stand vor meinem Tisch und sah mich leicht vorwurfsvoll an. ,,Ich dachte, wir hätten da was." Die Verzweiflung, welche in mir aufstieg, unterdrückend, versuchte ich mir etwas einfallen zu lassen, um mich rauszureden. Da hatte ich aber auch schon verloren. Sie war nämlich um die Tische herum gelaufen und hatte nun ihre Arme von hinten um mich gelegt. Die kleinen Kreise, die sie mit ihren Fingern auf meiner Brust malte, sorgten dafür, dass sich eine Gänsehaut über meinen kompletten Körper zog und ich mich am liebsten geschütelt hätte. Und dennoch war es für jeden Fluchtversuch jetzt zu spät. Die einzige Person die mich retten konnte, war mein Lehrer. Zu meinem Pech war das heute mein Klassenlehrer, welcher so oder so zu jeder Stunde zu spät kam. Mich meinem Schicksal ergebend hoffte ich nur darauf, dass Bonny das nicht sah. Auch wenn sie vielleicht nichts für mich empfand, würde ich trotzdem das Gefühl haben, mich dafür rechtfertigen zu müssen. Selbst wenn ich für die Situation nichts konnte und wir keine Beziehung zu einander hatten. Nicht mal eine freundschaftliche. Okay, das zieht mich jetzt irgendwie wieder runter.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 02, 2021 ⏰

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Der Kampf um ihre LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt