Natürlich stellte sich abends für Selina nur wieder die eine Frage, ob wir beide mit Ben und dem Rest feiern gehen. Ich passte, erzählte Selina aber nicht, was ich am Abend vorhatte. Ich hatte nicht sonderlich Lust ihr davon zu erzählen, weil sie sonst vermutlich mit Ben mitgekommen wäre. In diesem Urlaub hatte ich das Gefühl, dass sie das Wort „Anstand" nicht kennt, darum hielt ich diese Entscheidung für die Richtige. Auch Selina merkte wohl so langsam die dicke Luft zwischen uns, denn sie nickte mir kurz zu und wir beide machten uns stillschweigend fertig. Selina verließ ohne noch etwas zu sagen das Hotelzimmer und ich betrachtete mich im Spiegel. Ich war eigentlich echt stolz auf das Endergebnis, normalerweise schminkte ich mich nicht selber, weil Selina es übernahm. Ich guckte im Schrank nach dem richtigen Outfit und wurde schnell fündig. Ich nahm ein kurzes rotes Kleid heraus, das einzige aus meinem Schrank, was zum feiern irgendwie geeignet wäre. Gott sei dank hatte Selina mich zuhause überredet es noch einzupacken, sonst hätte ich jetzt definitiv nicht so hübsch ausgesehen, ohne jetzt selbstverliebt zu klingen.
Ich nahm meine Tasche und verließ das Zimmer. Angekommen in der Hotellobby musste ich feststellen, dass Jan schon längst da war. Ich musste schlucken, er sah verdammt gut aus. Sein schwarzes Hemd und die zurückgekämmten Haare standen im und wieder einmal musste ich anzweifeln, dass er ein gutes Sehvermögen hat, denn sonst würde er sich mit Sicherheit nicht so eine wie mich aussuchen. Ich fand mich nicht hässlich, aber ich war einfach der Meinung, dass andere mehr zu bieten hätten.
„Wow du siehst wirklich gut aus. Das Kleid steht dir echt gut."
Ich musste schmunzeln und wurde rot. Jan musste über meine Reaktion grinsen.
Wir machten uns auf den Weg in ein kleines Restaurant an der Strandpromenade. Jan war ein echter Gentleman und er ließ beim Essen keinen Wunsch offen. Wir redeten den ganzen Abend und ich wunderte mich mehr und mehr wie ähnlich wir uns waren. Es war alles so perfekt und ich sollte wohl einfach den Abend genießen und aufhören mir Gedanken zu machen.
Später am Abend verließen wir das Restaurant, um noch ein wenig am Strand zu bummeln. Wir setzten uns an den Strand und betrachteten zusammen den Sonnenuntergang. Er rutschte näher und schaute mir in die Augen, während er meine Hand nahm. Er war so vorsichtig und so bedacht nichts falsches zu tuen. Wir hätten uns vermutlich geküsst, wenn sich nicht im letzten Moment noch Lucía zwischen uns gedrückt hätte. Ich musste lachen und fand es ehrlich gesagt nicht so schlimm, es ist wohl besser noch etwas zu warten. Jan hingegen wirkte enttäuscht, war aber bemüht es zu verstecken.Lucía stellte sich Jan vor und setzte sich zu uns. Wir verbrachten den Abend zu dritt und ich hatte das Gefühl ich wäre am Höhepunkt meines Urlaubs angelangt, doch der Urlaub war noch lang und es sollte sich alles ändern.