Eine neue Freundin?

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Leise versuchte ich die Türe zu öffnen, so dass mich nicht gleich alle bemerkten. Tja, hoffnungslos. Mein Klassenlehrer, Herr Meier blickte direkt zu mir. Der merkte aber auch alles! Er schnaubte verärgert. Schon blickte mich die ganze Klasse an."Rose. Das ist jetzt schon das zweite Mal in dieser Woche. Ich gebe dir noch eine letzte Verwarnung!"

Ja, ich war schon oft zu spät gekommen. Das war aber auch typisch für mich. Ich kam immer zu spät und vergass so oft irgendwelche Dinge. Oft fing ich auch an zu träumen und merkte gar nicht, was um mich herum passierte.

"Rose, setz dich jetzt! Unser Schulstoff ist momentan interessanter, du brauchst nicht hier vorne zu stehen." Mein Klassenlehrer war nicht gerade die Freundlichkeit in Person. Aber damit kam ich klar, ich war das meistens auch nicht. Ich verkniff mir eine schlagfertige Antwort und setzte mich in Bewegung. Langsam drehte ich mich um und steuerte auf meinen Platz zu.

Normalerweise war der Platz neben mir leer. Ich hatte hier nun mal keine richtigen Freunde, alle anderen Mädchen waren nur auf Jungs aus und waren nie für einen da. Denen ging es nur um Aufmerksamkeit und Beliebtheit.

Doch jetzt sass jemand neben meinem Platz am Pult. Ein Mädchen mit braun-blonden Haaren. Die Sonne schien auf ihre Haare, weshalb sie leicht golden glänzten. Ich setzte mich neben sie und packte meine Schulsachen aus, während das Mädchen mich neugierig ansah. Unser Lehrer war damit beschäftigt, irgendwelche langweiligen Infos zu Schulchor-Auftritten zu erzählen.

Als das Mädchen neben mir sah, dass er nicht in unsere Richtung schaute, blickte sie zu mir. "Hi, ich bin ich Giulia. Ich bin eine der neuen Schülern. Wie heisst du?", fragte sie mich leise. "Hi", flüsterte ich zurück, "Ich bin Rose."

Jetzt, als sie ihr Gesicht mir zugewandt hatte, fielen mir kleine über ihre Nase verteilte Sommersprossen auf, die ihr etwas kindliches verliehen. Ihre Augen waren grün-braun und leuchten. Sie war nicht geschminkt, ihm Gegensatz zu den anderen, oberflächlichen Mädchen in meiner Klasse, und sah trotzdem hübsch aus.

"Ist der Unterricht hier immer so langweilig?" Sie war mir direkt symphatisch. Ich musste grinsen. "Fast immer, ja." Sie legte ihren Kopf auf ihre Arme und gähnte demonstrativ. Ich musste kichern. "Warum bist du eigentlich hierher gezogen?", fragte ich sie. "Lange Geschichte." Sie schüttelte leicht den Kopf. "Ich erzähl dir sie schon mal, aber sie ist zu lange für den Unterricht." Ich nickte und versuchte, mich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren.

Herr Meier erklärte uns gerade die kompliziertesten Formeln. "Sag mal, verstehst du das?", fragte Giulia mich wieder. "Nö. Aber ich tu so. So fragt Herr Meier mich nichts, weil er denkt ich könne es." Giulia lachte leise. "Kannst du mir nachher das Schulhaus zeigen?", fragte sie mich. "Klar", antwortete ich ihr lächelnd.

Ich freute mich, denn ich hatte in meinem Schulhaus bis jetzt ja keine Freunde, vielleicht könnte ich mich nun mit Giulia anfreunden. Nett war sie auf jeden Fall.

Ich hatte einen kleineren Bruder, der aber im Gegensatz zu mir ziemlich beliebt war. Er fand überall schnell neue Freunde. Und anscheinend auch echte. Ich wurde mit der Zeit eine Einzelgängerin, da ich lieber keine Freunde hatte als falsche.

"Rose, komm mal nach vorn und erklär mir diese Aufgabe.", unterbrach Herr Meier meine Gedanken mit seelenruhiger Stimme.
Ich schrak auf und blickte an die Wandtafel. Alles voller Formeln und Rechnungen. Ich verstand gar nichts, auch nicht eine Rechnung.
Was sollte ich jetzt tun?

Ich wollte schon zögernd aufstehen, da kam mir eine Idee. Ich lehnte mich im Stuhl zurück und verschränkte meine Arme.

"Warum? Verstehen Sie sie auch nicht?", fragte ich ihn mit einer zuckersüssen Stimme. Schon wechselte der Blick meines Lehrers von selbstsicher zu wütend. "Rose, du möchtest sicher keinen Eintrag wegen Respektlosigkeit bekommen, oder?"

"Nein, ich möchte keinen, vielen Dank", antwortete ich laut. "Aber fragen Sie doch die Klasse, dort gibt es sicher jemanden, der noch einen ihrer Einträge nimmt."

Leise fingen die Schüler meiner Klasse an, zu kichern und zu tuscheln. "Das hat die Schüchterne gesagt?", fragte ein Junge seinen Pultnachbarn.
"Die ist doch sonst immer so still?"

Tja, die wussten noch so einiges nicht von mir. Ich war nicht schüchtern oder still, ich hatte einfach keine Lust, Energie zu verbrauchen, indem ich mit dummen Menschen sprechen musste.

"Rose", flüsterte Giulia neben mir, "das hast du jetzt nicht wirklich getan, oder?" Ich blickte sie verwirrt an. "Was denn?" "Die Antwort!" Ich grinste und nickte ihr zu. "Doch, habe ich."

"Rose, jetzt reicht es mir! Du bleibst nach der Schule! Solch ein Verhalten dulde ich nicht!"

Und damit war das Thema für meinen Lehrer abgeschlossen. Vielleicht wollte er auch einfach nicht mit mir diskutieren. Er wusste ja, dass er verlieren würde. Während sich ein Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete, hörte ich, wie er schon weiter sprach.

"...und jetzt können sich die neuen Schüler schnell vorstellen. Kommt jetzt nach vorne und stellt euch der Reihe nach vor." Er winkte die neuen Schüler zu sich. Also ich persönlich würde da jetzt nicht freiwillig zu ihm vor die Klasse stehen.

Giulia stand zögerlich auf, schob ihren Stuhl beiseite und ging nach vorn. Mit ihr standen noch zwei andere Schüler auf, die sich auch nach vorn begaben. Ein Junge und ein weiteres Mädchen. Sie stellten sich nebeneinander und sahen einander an.

"Giulia, fang du an", bestimmte mein Lehrer und blickte sie wartend an.

Zaghaft fing sie an, zu sprechen. "Naja, also ich bin Giulia Clara Leone. Ich tanze sehr gerne und liebe es, zu fotografieren. Wenn ich ein Ziel habe, arbeite ich, bis ich es erreicht habe. Denke ich mal."

"Hat jemand noch Fragen an Giulia?", meinte Herr Meier. Als keiner reagierte wandte er sich ihr zu und fragte sie selber: "Warum seid ihr hierhergezogen?" Giulia sah unsicher zu mir und zögerte kurz. "Ich... das... das möchte ich nicht erzählen."

Ich lächelte ihr aufmunternd zu. Auch wenn ich sie erst sehr kurz kannte, war sie mir symphatisch und ich mochte sie irgendwie.

"Ah, na gut. Also, dann setz dich. Dann kannst du weiterfahren." Herr Meier zeigte auf das nächste Mädchen.
Giulia atmete erleichtert aus und setzte sich wieder neben mich. "Du wirst schon noch erfahren, warum ich das nicht erzählen wollte. Ich habe Herrn Meier schon am Anfang gesagt, dass ich nicht möchte, dass jemand etwas über meine Vergangenheit erfährt. Warum lässt er es dann nicht einfach?", wisperte sie mir zu.

Ich zuckte mit den Schultern und schüttelte verständnislos meinen Kopf. "Er ist wirklich komisch. Zum Glück haben wir noch andere Lehrer."

Währenddessen war das zweite Mädchen einen Schritt hervor getreten. Sie schaute selbstsicher in die Klasse und warf ihre dunkelbraunen, geglätteten Haare nach hinten, sodass sie ihr nun über die Schulter hingen. Sie trug ein dunkelblaues T-Shirt und kurze Jeanshosen.

Das Mädchen verschränkte ihre Arme und fing mit einem abfälligen Blick an, sich vorzustellen.

Ich schreibe das Alter der Schüler bewusst nicht hin, damit ihr euch selber vorstellen könnt, ob sie gleich alt oder älter als ihr sind. Ich persönlich mag es nicht, wenn genau geschrieben wird, wie alt die Hauptpersonen sind.

Schönes Wochenende, falls dieses Buch jemand liest😅.

ButterflyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt