Es blieben nur noch wir drei, Mia, Andre, Tim, Lisa und zwei andere übrig. Die Schreie aus dem Klassenzimmer verschwanden nach und nach komplett. Wir waren zwar alle geschockt, jedoch zwang uns das Adrenalin und unsere Instinkte, wach und aktiv zu bleiben. Bevor wir uns etwas überlegen konnten, sprach der Mann wieder durch die Lautsprecher: "Als der Sterne Speer herab, Tränen unserm Himmel gab, hat er Lamm und Dich gemacht. Nicht bedacht, hat er des Speeres Macht." Der Lautsprecher schaltete sich wieder aus. Alle schauten sich gegenseitig mit verwirrten Blicken an. Emma schien auch sichtlich aufgewühlt zu sein. Unsere Gedanken und Spekulationen über die Bedeutung der Worte wurden von einem Alarm unterbrochen. Alle schreckten auf, daraufhin begann die Tür am anderen Ende des Flurs sich langsam zu schließen. Mit etwas Verzögerung fingen alle an zur Tür zu sprinten. Ich hielt Emma am Arm fest, um sie mit mir zu ziehen, da sie nicht die schnellste war. Während wir liefen, sahen wir, wie der Spalt der Tür immer kleiner wurde. Der laute Alarm übertönte unser Stöhnen, das durch die Anstrengung verursacht wurde. Zwei Jungen kamen schnell an der Tür an und versuchten sie abzubremsen, was jedoch nicht viel zu helfen schien. Ich vermutete, dass Emma und ich die letzten waren. Svenya kam bald darauf auch zusammen mit Mia an und streckte ihre Hand nach uns aus, während sie versuchte nach uns zu rufen. Wir erreichten die Tür und Svenya konnte uns knapp, durch den kleinen Spalt, in das Treppenhaus ziehen. Mir fiel ein Stein vom Herzen, alle hatten es geschafft.
Doch plötzlich hörte man Klopfen an der Tür. "Da sind noch welche drin!" schrie Andre. Tatsächlich waren noch Lisa und zwei andere in dem Flur gefangen. "Wieso habt ihr ihnen nicht geholfen! Ihr ward doch eh viel zu früh da! Wir hätten es alle schaffen können!" schrie Svenya die beiden Jungs an. "Warum wir? Wieso hast du es nicht getan?" hackte einer von ihnen nach. "Ich hab Mia geholfen ihr Deppen! Und Alexis hat Emma mit sich gezogen!" antwortete sie wütend. "Bitte! Hört alle auf, jetzt ist nicht die Zeit zum diskutieren. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, um sie zu retten. Wir dürfen ihn nicht gewinnen lassen." erwiderte ich ernst. Ich fühlte wie mir immer schlechter wurde und die negativen Emotionen mich langsam überkamen. Emma zitterte am ganzen Leib und Svenya hab ich noch nie so schreckhaft erlebt. "Das muss doch ein Albtraum sein?" dachte ich.
Ich sah in den Flur, von dem wir gekommen sind. Die drei die noch darin waren, drehten sich plötzlich um, darauf öffnete sich die Tür unseres Klassenzimmers. Was auch immer die anderen im Klassenraum zum Schreien und Keuchen gebracht hatte, breitet sich nun auch in dem Flur aus. Die drei blickten uns mit Tränen erfüllten Augen an. Langsam entfernten wir uns von ihnen, worauf sie anfingen massig Tränen zu vergießen. Es tat weh, sie so zu sehen, auch wenn ich nicht besonders viel mit ihnen zu tun hatte. Ich würde nie diesen Schmerz vergessen, dieses Stechen in meiner Brust. Es war anders als alles andere was ich bisher verspürt hatte. Alle meine Probleme schienen so klein zu sein. Ich hoffte, dass ich bald meinen Vater wiedersehen könnte. Svenya richtet ihren Blick nun weg von dem Flur. "Alle anderen Flure sind versperrt und abgedeckt. Wir müssen runter." berichtete sie entschlossen. Zusammen gingen wir vorsichtig die Treppen herunter, während wir hörten, wie die Schreie immer leiser und schwacher wurden.
Es war Stockdunkel draußen. Nur der Mond schien schwach durch die vielen Wolken am Himmel. Wir kamen einen Stock tiefer an, als auf einmal Andre und Tim anfingen rasch die Treppen hinunter zu laufen. Geschockt blieben wir stehen und Svenya schrie ihnen hinterher: "Seid ihr komplett verrückt geworden?"
"Das sind die." dachte ich mir. "Wir werden zuerst da sein!" schrie einer zurück. Svenya wollte wieder etwas sagen, doch Emma unterbrach sie. "Lass es sein. In solchen Momenten können manche nicht klar denken, die Angst hat in ihnen anscheinend große Unruhe und Ungeduld verursacht." behauptete sie. "Das stimmt. Man muss sich der Situation anpassen, wenn es nicht von uns gefordert wird, sollten wir nur vorsichtig voranschreiten." ergänzte ich. Sofort nachdem ich dies gesagt hatte, hörte man ein lautes Krachen. Es war wie ein Teppich, der von einer großen Entfernung auf den Boden fiel. Wir blieben kurz stehen und horchten auf, doch es war nichts mehr zu hören."Ich will da nicht runter." sagte Mia. Ich hatte fast vergessen, dass sie auch noch hier war. "Es wird alles gut, wir kommen hier lebend raus." erwiderte Svenya unsicher. Svenya nahm Mias Hand und wir begannen wieder langsam weiter zu gehen. Emma nahm auch meine Hand und schaute mir in die Augen. Unter dem Licht funkelten ihre hellblauen Augen noch mehr als sonst und reflektierten jeden Mondschimmer, der seinen Weg durch die Fenster machte. "Falls wir es nicht schaffen werden, dann musst du wissen, dass ich dich sehr lieb hab." teilte mir Emma mit. Ich kriegte es hin ein schwaches Lächeln zu zeigen. "Ich hab dich auch Lieb." antwortete ich ihr.
"Meine Mutter wird nicht erfreut von meiner schmutzigen Kleidung sein." fügte sie hinzu. Ich lächelte wieder, aber tief in mir drin wusste ich, dass wir das nicht überleben würden.
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The man behind the speaker
HorrorEine Klasse übernachtet in der Schule, als plötzlich alle Türen verschlossen werden und eine Stimme aus dem Lautsprecher ertönt. Das Spiel hat begonnen.