Ein ganz normales, langweiliges Teenagerleben

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Das kennt doch jeder, oder? Man lebt vor sich hin, bemerkt gar nicht wie die Tage an einem vorüber ziehen, Wochen werden, und man in seinem eigenen Trott versinkt. Das war schon in der Schule so und seitdem ich mein Abitur in der Tasche hatte und auf die Straße gesetzt worden war, hatte sich dieses Phänomen noch verstärkt. "Alltag" nennen es die 'Erwachsenen'. Die, die ja schon ach so viel Lebenserfahrungen und Wiederholungen von Tagen, Wochen, Monaten hinter sich haben, dass man glauben könnte, sie müssen doch schon längst verrückt geworden sein. Sind sie aber nicht, irgendwie, und ich auch nicht. Gut, ich bin auch erst blutige 19 und lebe ein und denselben Tag erst zum 365. Mal. Okay, ein bisschen weniger. Vielleicht 320. Also. Ich bin 19, habe zwar mein Abitur in der Tasche aber keinen Plan von meiner Zukunft und bin (noch viel schlimmer) introvertiert. Das ist die schlimmste Mischung aller Zeiten! Nicht Bier auf Wein oder Wodka auf Rum oder was weiß ich. Nein nein. Keine Ahnung, ungenutzte Zeit und verfluchte Schüchternheit schießen jeden Vogel ab. Warum? Stellt euch vor, ihr seid eine absolute Niete darin neue Menschen kennenzulernen, euer wunderbar abgesteckter und geregelter Alltag ist urplötzlich vorbei und auf einmal erwartet man von euch, dass ihr euch ganz allein und SELBSTÄNDIG um euer Leben und eure Zukunft kümmert. Geht's noch? Das ist DIE Einladung für jemanden wie mich sich in seinem Zimmer zu verschanzen, den ganzen Tag vor dem Laptop zu versauern und niemanden mehr zu Gesicht zu bekommen, abgesehen von der eigenen Familie. 

Drei Mal dürft ihr raten, was ich das letzte Jahr getan habe. Gut, ich habe zwischendurch ein Studium angefangen und nach einem Semester wieder aufgehört, weil ich mich dazu mit Menschen auseinander setzen musste, hab gleich danach fast einen Arbeitsvertrag unterschrieben, der mich in die Sklaverei verkauft hätte (und das auch noch von einem christlichen Verein!) und bin jetzt bei einer Supermarktkette an der Kasse gelandet, wo ich zwei Mal die Woche mit viieelen Menschen zu tun habe! Aber abgesehen davon verbrachte ich 99% meiner Lebenszeit im Internet, auf einer Online-RPG-Seite (für alle, die nicht wissen, was das ist: Role Play Game), auf der ich den extrovertierten Obermacker mimte und mir einen Haufen Freunde anlachte. Onlinefreunde, wohlgemerkt. Keiner von denen lebt im schönen Süden Deutschlands, in dem ich Zuhause bin, 99,9% habe ich noch kein einziges Mal wirklich getroffen und von vielen kenne ich noch nicht einmal mehr ihren richtigen Namen. Was mit meinen richtigen Freunden ist? Hatte ich überhaupt welche? Ja, welch unbeschreibliches Wunder, ich hatte einige gute Freunde in der Schule. Okay, ob sie 'gut' waren, kann ich bis heute nicht ganz beantworten aber das ist eine andere Geschichte. Mit ihnen ist gar nichts passiert. Bedeutet, dass sie sich nicht mehr bei mir gemeldet haben, ich mich nicht mehr bei ihnen, bis der Geburtstag von Irgendjemandem anstand und ich plötzlich eine WhatsApp-Einladung auf meinem Handy hatte. Dann sah man sich wieder, ich bekam Sprüche um die Ohren gehauen, dass ich eine "treulose Tomate" war und mich mal wieder melden sollte, man verbrachte einen schönen Nachmittag zusammen und danach verfielen alle wieder in ihr altes, angewöhntes Muster. Keine Nachrichten, keine Anrufe, keine Treffen, nichts. So schnell kann es gehen, dass aus 'besten' Freunde Bekannte werden, an die man nur noch selten denkt, während man sich die Nächte vor dem Flimmerbildschirm um die Ohren haut und glaubt, völlig zufrieden mit seinem Leben zu sein, auch wenn man keine Sozialkontakte mehr hatte. 

Wer kennt es nicht?

Was fängt man mit seinem Leben an, wenn man keinen Plan hat?

Wie verliert man nicht all seine Freunde und hat dabei das Gefühl, dass es einem scheißegal ist?

Wo lernt man leicht und ohne Probleme coole neue Leute kennen, wenn man Komplexe und innere Peiniger mit sich herumschleppt?

Wann kommt man aus dieser 'Phase' wieder raus, in der man gar nichts mit seinem Leben anfangen möchte?

Aus dem Leben einer IntrovertiertenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt