Einfluss, Zweifluss...

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Ein ganz wichtiges Thema. Wie beeinflussbar bin ich eigentlich? Völlig egal, ob introvertiert, extrovertiert, weiblich, männlich, dick, dünn, was weiß ich. Wir alle lassen uns von unserer Umwelt, den Eindrücken, die wir aufnehmen, und anderen Menschen beeinflussen. Bei manchen wirkt sich das fast unbemerkt aus. Als Außenstehender meint man, diese Personen seien so bodenständig und stark verwurzelt, dass nichts und niemand auch nur eine Zelle ihres Körpers zu einer anderen Entscheidung überreden könnte als die, die sie gerade getroffen hat. Andere wiederum empfangen äußere Einflüsse als willkommene Abwechslung, lassen sich durch sie inspirieren und manchmal auch ein wenig formen. Das Ganze geschieht aber in einem vollkommen vertretbaren Rahmen, einer Art 'Geben und Nehmen', ein Gleichgewicht, in dem sich die betroffene Person nie zu stark verändert und trotz der neuen Gedanken am Ende sie selbst bleibt. Sie pickt sich sozusagen das Beste heraus. Und dann gibt es mich. Ich bin eine Person der Sorte, die erst einmal alle Menschen in ihrer Umgebung sondiert, ihre Charaktere an ihrem Verhalten und der Kleidung ableitet und unbewusst aufnimmt, wen diese Menschen gerne in ihrem Leben hätten oder bräuchten. Und dann? Ja dann kommt das große Theaterstück, das sich mein Leben nennt. Denn wenn mein Kopf alle nötigen Informationen beisammen hat, mutiere ich plötzlich in genau so eine Persönlichkeit, wie der oder die Betreffende gerne hätte. Jemand, der zu ihm oder ihr passt.  Dann bin ich entweder gnadenlos durchgeknallt und mime die verrückte Freundin oder versuche möglichst wissbegierig und intelligent zu wirken, um mit meinem gefährlichen Halbwissen um mich zu schmeißen, es aber so zu verkaufen, als ob es handfeste Tatsachen wären (oh ja, das kann ich sehr gut). Oder aber ich gebe das ruhige und vollkommen verständnisvolle und verantwortungsbewusste Mädchen, das das Geheimnis des Lebens herausgefunden hat und weiß wie der Hase läuft. Oder oder oder. Und das ist noch nicht einmal mehr das schlimmste. Am schlimmsten finde ich, dass ich dann nicht mehr zu meiner Meinung stehe. Mag ich keine Raucher und bekomme Atemnot neben einer qualmenden Zigarette, stehe aber gerade neben neu kennengelernten Menschen, die mir ihren Rauch ins Gesicht pusten und nebenbei fragen, ob ich Probleme damit habe? Dann sage ich natürlich und vollkommen selbstverständlich... NEIN. Nein, natürlich nicht. Stört mich nicht. Alles gut, macht weiter. Und insgeheim sterbe ich tausend Tode und versuche nicht all zu laut und offensichtlich zu schlucken. Wunderbar - Nicht. Egal, was es ist, egal, was die Anderen neben mir machen. Sie könnten auch jemanden auf die Gleise schubsen (ich weiß, dass das kein lustiges Thema ist) und ich würde nur schockiert schauen und meine Klappe nicht auf bekommen. Herzlich willkommen in meiner Welt. Eine Welt, in der alles möglich ist. 

Wer kennt eigentlich mein wahres Gesicht?

Was kann man dagegen machen, wenn man nicht mehr jedem Depp wie ein treudoofes Hündchen hinterher rennen möchte?

Wie viel ist mir selbst meine eigene Meinung wert?

Wo fängt die Grenze an, bei der selbst ich wach werde und mich gegen meine eigens aufgezwungene Rolle auflehne?

Wann werde ich es lernen einfach ich selbst zu sein anstatt mich hinter tausenden von Masken zu verstecken?

Aus dem Leben einer IntrovertiertenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt