Als ich am nächsten Tag in den Geschichtsunterricht ging, schaute Herr Tanner mich erwartungsvoll an. „Und? Gibt's was neues?", fragte er mit hochgezogenen Brauen. Ich setzte eine enttäuschte Miene auf und schüttelte leicht den Kopf. Dann wandte er sich wieder seinem Heft zu und ich setzte mich auf meinen Platz. Leon kam durch die Tür, zwinkerte mir zu und setzte sich auf den Platz vor mir. „Na Flammenwerfer.", sagte er, während er sich umdrehte. Ich verdrehte gespielt dramatisch die Augen und lächelte ihn an. Unsere Augen trafen aufeinander und ich konnte die kleinen hellen Sprenkel in seiner Iris sehen. Seine waren so glasklar und wunderschön, dass man sich darin verlieren konnte. Als ich bemerkte, wie ich ihn anstarrte, räusperte ich mich und wandte meinen Blick ab, um meine Schulsachen auszupacken. Als ich aufschaute, sah ich, dass auch Leon sich umgedreht hatte. Angespannt atmete ich aus.
Als mich auf einmal jemand von hinten umarmte erschreckte ich mich und stieß einen kurzen Schrei aus. „Was ist denn mit dir los? Erschreckst du dich schon vor deiner besten Freundin?", lachte sie mich an. Als ich erkannt hatte, wer mich da umarmt hatte, erwiderte ich die Umarmung. so gut es ging. „Sorry, ich war gerade total in Gedanken.", sagte ich lächelnd. Sie kniff mir in die Seite. „Hoffentlich hast du dabei an meinen Geburtstag am Freitag gedacht.", sagte sie und streckte dabei die Zunge heraus. Gespielt erschreckt schaute ich sie an. „Dein Geburtstag ist am Freitag?", fragte ich sie ironisch und kniff ihr ebenfalls in die Seite.
Nun drehte sich auch Leon um. „Hey, Marie. Wie geht's?", fragte er sie. Warum klang er so nervös? Hatten sich die beiden gestritten? Er wirkte so distanziert. Marie schien sich von seinem Verhalten nicht verunsichern zu lassen. „Alles super, und bei dir?", entgegnete sie. „Auch.", erwiderte Leon und drehte sich wieder um. Merkwürdig. Wir kannten uns alle seit Ewigkeiten und auf einmal behandeln sie sich wie Fremde?
Ich beschloss, das Thema vorerst zu vergessen und konzentrierte mich auf den Unterricht.
Heute behandelten wir die Entwicklung des englischen Königshaus. Herr Tanner erklärte uns, dass dies ein ungewöhnliches Thema im Geschichtsunterricht sei, er sich aber durch seine Herkunft schon immer für die britischen Inseln interessiert habe.
Die Stunde war sehr interessant und ich erkannte, dass ich mehr über das Thema wusste, als ich vorher vermutet hatte. Herr Tanner war am Ende sehr beeindruckt von meinem Wissen über die Rivalität zwischen der schottischen Königin Maria und der englischen Königin Elisabeth. Was er nicht wusste, war, dass ich mir bereits etliche Filme und Serien zu dem Thema angeschaut hatte.
Die Stunde war so interessant, dass sie wie im Flug verging. Als die Klingel ertönte, packten alle ihre Sachen jedoch so schnell ein, als wollten sie fliehen. Ich ließ mir Zeit und ging anschließend noch zu Herr Tanner. Er schaute von seinem Heft, voller Notizen, auf. „Die Stunde war wirklich interessant. Werden wir in der nächsten noch einmal dieses Thema durchnehmen?", fragte ich hoffnungsvoll. Er räusperte sich. „Danke Scarlet, ich..", fing er an doch ich unterbrach ihn.
„Callie, bitte. Ich hasse es Scarlet genannt zu werden.". Er musste schmunzeln. „Okay Callie, ich fürchte, wir müssen nächstes Mal mit einem anderen Thema beginnen. Leider.", antwortete er.
Dann fragte er mich erneut: „Und du hast nichts neues über deine Urgroßmutter herausgefunden?". Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich muss noch mit meinen Eltern darüber reden, jedoch...", setzte ich an, beendete den Satz jedoch unvermittelt. Fragend zog er eine Braue nach oben. Ich atmete tief durch. „Also, ich hatte diesen Traum.".
Ich fühlte mich ziemlich merkwürdig, als ich meinem Geschichtslehrer von meinem Traum erzählte.
Ständig erwartete ich, dass er anfing mich auszulachen, doch er hörte mir geduldig zu und nickte ab und zu. Warum hatte ich ihm das erzählt? Er war mein Lehrer doch gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass ich ihm vertrauen konnte. Als er jedoch weiterhin nichts sagte, begann ich nervös zu werden. „Aber ist egal, das war nur ein Traum.", sagte ich noch schnell hinterher. Er hörte gar nicht mehr hin, sondern sah aus, als ob er grübelte. Ich fühlte mich mittlerweile so dämlich, dass ich davon erzählt hatte. Ich meine, das war nur ein Traum, dazu wahrscheinlich ein ziemlich unbedeutender. Das einzige was mich verunsicherte, war, wie real es sich angefühlt hatte.
„Callie, halte mich jetzt nicht für verrückt, aber ich glaube es war kein Zufall, dass du das geträumt hast.".
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Wer bin Ich?
FantasyEs waren nur ein paar Worte. Ein paar Worte, die mein gesamtes Leben auf den Kopf stellen sollten. Scarlet lebt mit ihrer Familie in einer stinknormalen Stadt, geht auf eine stinknormale Schule und ist auch sonst so ziemlich stinknormal. Nun ja, au...