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Während Lavender in ein Zimmer gebracht wurde, trennte ich mich von ihr. Ich wollte testen, wie weit ich von ihr weg konnte. Nicht im schlimmen Sinne, doch konnte ich so die Grenzen testen. Außerdem wollte ich mich im Schloss umsehen.

Sanft glitten meine Finger über die Wände und manchmal über den Boden, wenn ich mich hin kniete. Es fühlte sich so heimisch an, all dies berühren zu können, auch wenn ich sowas wie ein Geist war. Eine nicht existierende Person.

»Komm schon, können wir nicht die Nachtschicht tauschen?"«, ertönte eine Stimme, die mir unglaublich bekannt vorkam. Langsam folgte ich der Stimme, nur um herauszufinden, wer dort sprach. »Wir haben erst vor kurzen die Schichten getauscht.«, antwortete eine andere, bekannte Stimme grummelnd.

Und dann erblickte ich die zwei Männer. Die bekannten grünen Augen, passend zu den blonden Haaren und die blauen Augen zu den braunen Haaren. Zwei Männer die mehr als nur bloße Männer für mich waren. Zwei Brüder, die mir stets zur Seite standen.

»Aber Nael, ich bitte dich. Ich möchte gerne mit dem einen Mädchen ausgehen! Ich habe sie vor kurzem erst kennengelernt.«, meckerte Caecilius und packte Nael an den Schultern, um ihn zu schütteln. Augenverdrehend schob Nael Lius Hände von sich und sah den Braunhaarigen mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

»Ich will mir nicht vorstellen was ihr treibt, vor allem wenn du Nachtschicht hast. Außerdem habe ich heute schon etwas mit Ren geplant und das geht ganz genau in diese Richtung, denn wir versuchen, im Gegensatz zu dir, eine Familie aufzubauen.«

Erstaunt schossen meine Augenbrauen in die Höhe. Nael und Ren versuchten eine eigene Familie zu gründen?

»Weih mich doch nicht in solche Dinge ein!«, rief Lius und schlug sich seine Hände auf die Ohren. »Und wenn wir ein Mädchen bekommen, wollen wir sie Yuki nennen. Sollte es ein Junge werden, soll er Yukito heißen, was die männliche Form von Yukis Namen ist.«, schoss Nael noch nach und fixierte Caecilius genau.

Tränen stiegen mir in die Augen. Er und Ren wollten ihr Kind nach mir benennen. Schniefend wischte ich mir über meine Augen und ging auf beide zu. Zögernd griff ich nach Naels Hand, wollte sie zum Dank drücken. Doch glitten meine Finger einfach durch ihn hindurch. Erneut wirbelten goldene Funken auf und erloschen erst, als ich keinen Kontakt mehr mit ihm hatte.

Traurig sah ich in die grünen Augen und seufzte. Sehen, doch nicht berühren. Genügte mir das? Nein...Ich wollte sie anfassen und zum Abschied in meine Arme ziehen. Dennoch konnte ich neben ihnen stehen und sie sehen. Es genügte mir nicht, doch vorerst konnte ich mich damit zufrieden geben.

Was mir erst jetzt auffiel, dass beide Männer einen blauen Umhang und ein Schwert an der Hüfte. Wurden sie nach meinem Tod zu Rittern geschlagen? Eigentlich konnte ich mir diese Frage sparen, denn ich sah die Antwort schon. Die beiden waren Ritter, wohlbemerkt keine sehr hochgestellten. Sonst würden sie sich nun nicht, über die Nachtschicht streiten.

»Na schön...«, gab Caecilius nach. Seufzend fuhr er sich durch seine Haare und blickte zu Boden. »Wieso tut es noch immer so weh, wenn ich daran denke, dass sie weg ist?«, flüsterte er leise und schaute wieder auf. Verräterisch glitzerten die Tränen in seinen Augen, die er hastig davon blinzelte. »Weil sie auch deine Schwester war. Ein solcher Schmerz vergeht nicht einfach so. Er wird ewig bleiben, genauso wie Narben bleiben von Kämpfen. Yuki hat eine Narbe in unserem Herzen hinterlassen, doch ist sie nicht schlimm. Sie erinnert uns an sie, auch wenn sie noch manchmal weh tut.«

Sanft blickte ich zwischen den beiden Männern her. Sie beide waren unglaublich. Ich vermisste sie so sehr. Auch wenn Caecilius nicht immer ganz vernünftig war, so vermisste ich auch das. Ja, ich vermisste seine Späße. Einfach alles.

Yuki - Die Göttin des SchneesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt