20.2 Kapitel - Männer von unzweifelhafter Ehre

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Edric lächelte. Ein Lächeln, dass dem Shinejey die Nackenhaare aufstellte. Mit ausladender Geste griff der Wolf sich in sein Revers und zupfte selbstzufrieden an seinem königsblauen Jackett.

„Einen richtigen Anführer. Einen wahren Alpha. Und keine Sorge, den gebe ich dir! Mich, Edric vom Schwarzbach." Es war immer wieder komisch wie sein Vorname zusammen mit dem Familiennamen des Alphas klang. Irgendwie anstößig. Irgendwie falsch. Der Blick des Beschwörers war ihm Ansporn genug fortzufahren. „Wie jeder, der nicht absolut dämlich ist, weiß, ist Esparias nur noch wegen drei Personen nicht abgebrannt. Und keine davon ist Darian! Gudrun, Amalrich und du, ihr seid die einzigen, die die Scherben dieser Regentschaft noch zusammenhalten. Aber du Meo! Du bist etwas Besonderes!" Oh ja. Die Masche kannte er. „Du bist nicht wie die anderen Shinejey. Nicht wie diese Zwillinge, deren Eltern so reich und religiös waren, dass sie sie in aller Großzügigkeit den Okkura geschenkt haben. Nicht wie Juan Ruiz, den sie halbtot in irgendeiner Gasse gefunden haben, seine Haut gesprenkelt von den schrecklichen Dingen, die ihm angetan wurden." Edric blickte zu Celine. „Und deine Eltern haben damals so viel Geld für dich bekommen, wie schon lange niemand mehr vor ihnen."

Celine versteifte sich. „Ich freue mich für sie! Damit konnten sie eine ganze Zeit lang überleben und meine Geschwister satt bekommen." Meo spürte den Zorn, der von ihr ausstrahlte, heiß wie ein Feuersturm zu Edrics kühler Berechnung. Besorgt sah er zu ihr, am liebsten hätte er ihre Hand ergriffen, um sie zu beruhigen.

„Aber du, Meo, du nicht. Du wurdest nicht verkauft oder gefunden. Eines Tages bist du vor einer der Ausbildungsstätten der Stillen Gnade aufgetaucht und hast dich ihnen angeschlossen. Freiwillig." Edric betonte das letzte Wort dramatisch und Stille legte sich über die verlassene Kirche. Dieses Mal war es Meo der ihn stumm anlächelte, weil er genau wusste wie sehr es einen Mann wie ihn stören musste, es nicht zu wissen. Wie lange der Werwolf wohl gesucht hatte, um etwas über seine Vergangenheit herauszufinden? Wie viele Leute er wohl bestochen hatte? Wie viele er erpresst hatte? Wie lange er wohl zum Bersten gefüllte Akten gewälzt hatte? Und das alles nur für frustrierende Leere. Sein kleiner Triumpf schmeckte bereits nach einer Sekunde schal, als er sah wie Edric seine Augenbrauen nach oben zog.

„Du bist Heinrich gefolgt. Einem großen Mann, einem versierten Anführer, einem wahren Alpha." Meo fragte sich was der junge Mann so sehr an diesem Wortkonstrukt fand. Jedes Mal wenn er es sagte, fuhr ein brennender Schmerz in seine Eingeweide, aber äußerlich blieb er ungerührt. „Und nun sitzt Darian, diese kleine, unwürdige Töle auf seinem Thron. Dieser verzogene Köter, der nicht einmal eine Herde Schafe leiten könnte ohne sie alle aus Frustration zu fressen! Das muss dich doch wirklich ärgern, oder?"

Edric beugte sich zu ihm vor, so nah, dass Celine sich anspannte. Doch der Wolf wollte nur sehen wie er reagierte, wollte nicht die kleinste Regung eines Muskels, das leiseste Glitzern in seinen Augen verpassen.

„Was. Willst. Du?", wiederholte Meo erneut seine Frage, aber es graute ihm vor der Antwort.

Flink wie ein Fisch war Edric vor ihm zurückgewichen und auf den Sockel zu seiner Göttin gesprungen, die Arme ausgebreitet.

„Schließe dich mir an Meo! Komm und diene mir, dem wahren Alpha von Esparias!" Meo holte bereits Luft für eine Antwort, doch der Anführer des Königsblauen Bundes fuhr fort, mit einer Stimme so laut, dass sie die ganze Kirche ausfüllte. Seine Worte ein Gebet allein gesprochen für ihn selbst. „Ich habe Anhänger aus allen Teilen des Landes gesammelt, Meo! Abtrünnige Shinejey, die vor ihrer Ausbildung geflohen sind. Blockierer, die zu schwach waren, um der Ersten Inquisitio zu dienen, doch auch nicht so schwach, dass man sie hätte am Leben lassen wollen!" Er deutete vage in die Dunkelheit und Meo erkannte seine Glaubensteiler daran, wie nervös sie plötzlich wirkten. Ob das wohl überhaupt das richtige Wort für sie war? Waren sie vor ihrer Ausbildung geflohen, weil sie Angst bekommen, oder weil sie den Glauben an ihre Göttin verloren hatten? Er könnte es ihnen nicht einmal verübeln. Beides nicht. „Ich habe Werwölfe, die mir treu bis in den Tod folgen! Junge, Alte, Beamte, Krieger. Direkt aus der Gosse und auch aus alten, ehrwürdigen Häusern. Sie sind alle gekommen und haben sich mir angeschlossen. Ich habe sogar Viiljo auf meiner Seite!" Mit großer Geste deutete er auf den tätowierten Mann neben sich. „Er sagt von sich selbst er sei ein Fluchbrecher! Ich weiß nicht einmal was das bedeutet!" Er begann zu lachen und es hallte von den seelenlosen Steinen wider. „Ich habe so viele Anhänger um mich gescharrt, dass Esparias, das größte aller Werwolfländer, vor meiner Macht erzittert, dass sogar ein wahrer Alpha vor mir erzittern würde!" Es war klar, dass er Darian nicht dazu zählte. „Dir muss doch bewusst sein, Meo, dass Darian die Felle davon schwimmen! Hast du es nicht in Enrhym gesehen, auf dieser kleinen Parade? Selbst die habe ich manipuliert, allein weil ich es konnte!"

Die Königin der BestienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt