Wann war nochmal der Moment gewesen, an dem ich mich selbst aufgegeben hatte?
Ganz ehrlich, was hat mir denn eigentlich gefehlt? Ich hatte doch alles. Schlecht behandelt wurde ich auch nie. Familie und Freunde hatte ich auch. Vielleicht nicht viele, aber ich konnte mich immer auf jeden von ihnen verlassen. Besonders auf Jarick.
Er hatte heute morgen gleich bemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmte. Ob es daran lag, dass wir uns schon so lange kannten oder er schon immer sensibel die Gefühle der anderen wahrnahm, spielte dabei keine Rolle.
Heute Morgen war es aber auch besonders schlimm gewesen. Vielleicht hätte man es mir, mit ein bisschen Wissen, ansehen können. Diese Leere in mir, die sich seit Monaten in jedem Winkel meines Körpers festgebissen hatte, hatte sich zu furchtbaren Gedanken geformt.Ich wollte sterben.
Nein, ich musste sterben, hatten diese Gedanken, wie ein Mantra geflüstert. Ich musste von dieser Welt verschwinden, um meinem Leiden endlich ein Ende zu setzen. Aber...welches Leiden eigentlich? Heute morgen waren mir tausende von Gründe eingefallen, warum ich täglich zu leiden hatte. Jetzt wollte mir allerdings nicht einer einfallen.
Was, zum Teufel, war bei mir schief gelaufen, dass ich nicht einfach glücklich war.Warum, Gott verdammt, war ich nicht einfach glücklich gewesen?
Andere Menschen erlitten Schmerzen, wurden missbraucht, gequält, gemobbt und hatten niemanden an den sie sich in diesen Zeiten hätten klammern können! Und ich? Ich hatte nichts! Nichts, was mir dieses beschissene Gefühl, dass sich immer weiter in mich hinein fraß, hätte auslösen können.
Trotzdem war ich heute Nachmittag wieder in Selbstmitleid versunken und hatte mich bei strömenden Regen zur Steilküste aufgemacht. Mir war mein Leben, in diesem Moment, so sinnlos vorgekommen. Jetzt könnte ich mich, für diese dämlichen Gedanken, selbst auslachen.
Auf dem Weg zu den Klippen war ich immer tiefer in diesen depressiven Gedanken versunken. So tief, dass kein Geräusch wirklich zu mir durchgedrungen war. Nicht das Geräusch des prasselnden Regens und auch nicht das Geräusch der Schritte hinter mir.
Das einzige, was ich bemerkt hatte, war dass der Regen immer stärker wurde. Darüber war ich, zu diesem Zeitpunkt, sogar noch froh gewesen.
Denn auch wenn meine Gedanken nach meinem Tod riefen, konnten sie eine Sache in mir nicht einfach überspielen. Meine endlose Feigheit. Der Grund warum keine Klinge, kein Strick und auch keine Tabletten mein Tod sein sollten. Riesengroße Angst. Vor Schmerzen. Davor, dass etwas schief gehen könnte und ich danach psychologische Betreuung bekam. Dabei war das doch nichtmal etwas schlimmes. Warum hatte ich solche Angst davor gehabt? Vielleicht hätte mir diese Hilfe gut getan. Hätte ich sie mir bei Zeiten gesucht.
Denn bei Regen war die Wahrscheinlichkeit, das die Klippen brachen, nicht mehr abzustreiten. Davor hatte mich mein Vater immer wieder gewarnt. ,Geh nicht zu den Klippen. Besonders bei Regen nicht. Genug Menschen haben dort schon ihr Leben lassen müssen', hatte er immer wieder gesagt. Heute war mir dieser Umstand allerdings willkommen gewesen. Dieser Umstand würde mir jegliche Entscheidung abnehmen, hatte ich gedacht. Und diese Gewissheit nahm mir meine Angst. Ich würde mich einfach an den Rand der Klippen stellen und auf das unausweichliche warten.So war es geplant gewesen.
Ich war auch schon nahe am Abgrund gewesen. Konnte die donnernden Wellen hören, wie sie gegen die Klippen knallten. Das Meerwasser spüren, dass sich mit dem Regen auf meiner Haut vermischte. Doch dann hörte ich endlich die Schritte hinter mir. Spürte Jaricks Hand die nach meiner griff und sie festhielt. Als ich mich umdrehte konnte ich das traurige Lächeln auf seinem Gesicht sehen, dass er mir schenkte. Er war schon immer für mich da gewesen. Tränen kämpften sich hoch und brachen ungehalten durch. Er konnte meinen Zwiespalt nachvollziehen. Er hatte mich nie gedrängt, mir Hilfe zu suchen, aber mir immer seine angeboten. Und vor allem...hatte er mich trotzdem immer geliebt.
„Das willst du nicht.", hatte er ruhig gesagt, doch laut genug damit es im Regen nicht unterging.
Erst dann hatte ich das Zittern meines Körpers wahrgenommen. Die riesige Angst gespürt, die meinen Körper von seinem Tun abhalten wollte. Wenn Jarick da war, wurden diese fürchterlichen Gedanken leiser. Er hatte recht gehabt. Das wollte ich nicht tun. Doch mehr, als ein Nicken, brachte ich nicht fertig. Das war ihm mehr als genug. Ich konnte die Erleichterung in seinen Augen sehen und sein Lächeln war sanft und warm geworden.
„Komm, wir gehen.", hatte er mich dann aufgefordert, meine Hand losgelassen und den ersten Schritt nach Hause gemacht.Und dann war da dieses unheilvolle Knacken.
Das letzte was ich sah, war Jaricks Gesicht. Vor Panik und innerlichen Schmerzen verzerrt. Mein lautes Schluchzen hatte sicherlich auch ihn da oben erreicht, als ich fiel.
Ich werde mir nie verzeihen können, ihn leidend alleine zurückgelassen zu haben.
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So...die erste Geschichte in BrokenTales ist geschafft. Sollten sich jetzt schon welche finden die mitmachen möchten:
Denkt daran uns zu informieren, damit wir euch erwähnen können!
Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen.Die nächsten Themen sind:
Zwillinge und MafiaDer Veröffentlichungstermin wird 3 Tage vorher auf Wattpad und Instagram bekannt gegeben. Er wird aber in ca. 4-6 Wochen sein. Also genug Zeit. Ich wünsch euch viel Spaß.

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BrokenTales
Proză scurtăDie BrokenTales sind ein Gemeinschaftsprojekt von @MioThunderFlash und mir. Wir fügen hierbei monatlich zufällig zwei Begriffe zu einem Titel zusammen und schreiben dazu eine Kurzgeschichte. Wir laden herzlich zum mitmachen ein und freuen uns über e...