Schockzustand

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Alice Cooper war außer sich. Sie hatte Angst, furchtbare Angst, nicht bloß um sich selbst, sondern in erster Linie um ihre Tochter Betty.

FP Jones hatte die Sondermeldung auch im Radio gehört und kam aus seinem Trailer, als er die drei wenige Meter entfernt beisammen stehen sah. Es brauchte einiges an Überredungskunst aber er schaffte es Alice vom Bleiben in Riverdale zu überzeugen.
Ausschlaggebendes Argument war, dass sie außerhalb Freiwild waren und Black Hood sie noch leichter zu fangen bekommen könnte. Er organisierte Polizisten, die rund um die Uhr ihr Haus bewachen sollten und setzte selbst noch einige seiner Serpents ein um ihren Schutz zu sichern.

Betty allerdings brauchte einiges mehr an Überredungskunst um ihre Mutter davon zu überzeugen, bei Jughead und den Serpents zu bleiben. Sie wollte um nichts in der Welt in ihr Haus zurückkehren und Jughead wollte sie auf keinen Fall gehen lassen. Auch wenn die Serpents selbst angegriffen wurden und einen schweren Schlag einstecken mussten, war es immer noch besser als zu zweit in einem Haus zu sein, das der irre Mörder wie seine Westentasche kannte.
Alice stimmte zu und erlaubte Betty den Unterschlupf bei den Southsidern, wenn auch mit einem mulmigen Gefühl.

"Komm rein in meine bescheiden Behausung", scherzte Jughead als er Betty in seine provisorische Unterkunft geleitete. Er hatte die Jungs von Andrews Construction gebeten, neben dem Trailer seiner Familie, eine der provisorischen Hütten aufzubauen. Seit seine Mom und Jellybean wieder zurück waren, wurde es ihm viel zu eng im Trailer. Vo rallem wenn, seine Betty auch noch da war. Er wollte wenigstens ein bisschen Privatsphäre und nicht bei jedem Händchen halten oder bei jedem flüchtigen Kuss beobachtet werden, das galt vor allem für Jellybean. Sie war einfach irre neugierig und konnte ihre Finger nicht von seinen Sachen lassen, das hatte sie wohl von ihrer Mom.

Die Einrichtung war wild zusammengewürfelt. Es gab eine alte, ziemlich mitgenommene Couch gleich neben dem Eingang und einen alten Holztisch. Weiter hinten in der Ecke stand ein Bett und daneben stapelten sich in Kisten seine Habseligkeiten aufeinander. Licht wurde von einer einzelnen Glühbirne gespendet, die trostlos von der Holzdecke hing.

Betty setzte sich auf die Couch. Sie war müde und ausgelaugt. Die Schule verlangte einiges von ihnen zur Zeit, da die Abschlussprüfungen nächste Woche anstanden.
Wie konnte sie bloß jetzt auch noch an die Schule denken? Jetzt wo ihr Leben im Chaos versank?
Die Aufbauarbeiten nahmen ebenfalls jede freie Minute ihrer begrenzten Zeit in Anspruch, doch sie half gerne, vor allem weil sie so noch mehr Zeit mit Jughead verbringen konnte. Und gerade jetzt brauchte sie das mehr denn je.
Wie sollte sie das verkraften?
Ihr psychopathischer Vater, der mehrere Menschen grausam ermordet hat und ihr immer und immer wieder ihre eigene dunkle Seite vorgezeigt hatte, eine Seite, die sie einfach nicht wahrhaben wollte, war auf freiem Fuß und wollte seine Liste der Sünder bestimmt weiter abarbeiten.
Und ganz bestimmt hatte er eine Komplizin, eine die genauso fürchterlich boshaft und voller Rache war wie er selbst. Penny Peabody.

Jughead setzte sich neben Betty auf die Couch. Sie war die letzten eineinhalb Stunden sehr ruhig gewesen und das machte ihm mehr Angst als alles andere. Jetzt da sie endlich allein waren, hoffte er inständig, sie würde sich ihm öffnen. Er wollte ihr beistehen, sie beruhigen, ihr Mut machen und für sie da sein, auch wenn er nicht genau wusste wie er das anstellen sollte. Es war eine scheiß Lage, in der sie sich befanden. Nicht bloß ein Verrückter hatte es auf sie abgesehen, nein gleich zwei. Er war sich absolut sicher das Penny und ihre Ghoulies Black Hood zur Flucht verholfen hatten und er wollte es zwar nicht zugeben aber auch in ihm kroch langsam die Furcht hoch. Aber er durfte seine Angst nicht nach außen tragen, er musste stark sein. Für sie. Seine große Liebe.

Er rückte näher an sie heran und nahm ihre Hand in seine. Er drückte sie sanft.
"Baby, es tut mir alles furchtbar Leid. Die ganze Scheiße die du durchmachen musst, zum Teil auch meinentwegen", er senkte den Blick auf seine Schuhe.
Hätte er Penny nicht aus der Gang geschmissen und sie danach noch aus Riverdale verbannen wollen, wäre sie niemals auf die Idee gekommen seiner Betty etwas anzutun. Er hatte Schuld, das diese Verrückte Psychopathin hinter Betty her war. Wenn sie es nur auf ihn abgesehen hätte, könne er damit umgehen aber so fiel es ihm immer schwerer.
Betty drehte ihren Oberkörper in seine Richtung und entwirrte ihre Hände. Sie nahm sein Gesicht in beide Hände und drückte ihm einen langen Kuss auf die Lippen.
Mit so einer Reaktion hatte er nicht gerechnet. Er spürte etwas Nasses an seiner Wange und öffnete die Augen wieder. Betty weinte. Seine Betty weinte.

Eine Träne nach der anderen kullerte aus ihren wunderschönen blauen Augen. Das zeriß ihm das Herz. Er umarmte sie und drückte sie fest an sich und da begann sie auch schon bitterlich zu schluchzen.
Einige Minuten verstrichen und er streichelte einfach behutsam ihren Rücken. Sollte sie sich ausweinen. Sie brauchte das. Er wusste das sie, genauso wie er selbst, immer nur die starke Seite aufzeigen wollte. Langsam beruhigte sie sich wieder und er löste die Umarmung. Sie fischte in ihrer Hosentasche nach einem Taschentuch.
Natürlich hatte sie eines dabei. Sie war die immer vorbereitete Betty. Nur auf dieses ganze Chaos war sie absolut nicht vorbereitet.
"Jughead, ich denke Penny und mein Dad, ich meine Black Hood haben sich zusammengeschlossen für den finalen Schlag der Vernichtung gegen uns. Und ich meine mit uns nicht nur uns zwei, ich denke dabei an ganz Riverdale. Es gibt so viele Menschen, von denen ich mir sicher bin, sie sind auf Black Hoods dämlicher Liste der Sünder und Penny will sich an dir und den Serpent für ihren Ausschluss rächen. Was sollen wir nur tun? Ich sehen kein Licht mehr am Ende des Tunnels. Ich sehe keine Chance mehr für uns das irgendwie hinzubiegen. Einen der zwei allein kann man besiegen aber beide zusammen sind ein Ausbund des Bösen!", ihre Stimme zitterte und klang rau von all den vergossenen Tränen und des Schluchzens.
"Ich weiß, ich weiß, aber irgendwie müssen wir uns was einfallen lassen. Ich denke wir sollten alle zusammenholen und ein gemeinsames, heimliches Treffen einberufen. Wir müssen Southside und Northside zusammenschließen, denn nur gemeinsam können wir uns einen Plan überlegen, wie wir uns schützen vor dem was kommen wird", erklärte er.

Diese Idee war ihm in den letzten Stunden immer wieder in den Sinn gekommen. Es nützte nichts, wenn sich alle allein wappneten und gegen diese Epidemie der Bösartigkeit anzukämpfen versuchten. In der Einheit liegt die Stärke hieß es in den Gesetzen der Serpents und diese Einheit mussten sie nun bilden, denn so wie er Penny kannte, war der erste Angriff nur die Spitze des Eisbergs. Da komm noch mehr. Noch schlimmeres stand bevor das wusste er mit Sicherheit.
"Komm mit. Es ist schon spät. Wir sollten versuchen wenigstens ein bisschen Schlaf zu bekommen und morgen berufen wir eine Versammlung ein. Mehrere Köpfe sind klüger als einer allein", er tippte sich an seine Stirn und lächelte sie an. Betty nickte und stand von der Couch auf. Sie ging hinüber zum Bett und entledigte sich ihrer Jeans und ihrer Jacke während Jughead die Tür mit einem angebrachten Schloss verriegelte. Es gab zwar wieder Wachposten im Trailerpark aber sicher ist sicher.
Er ging ebenfalls Richtung Bett und sah das Betty in einer seiner Kisten wühlte und eines seiner Shirts rausfischte. Als sie seinen Blick sah, lächelte sie und hob achselzuckend die Arme.
"Hab kein Schlafshirt eingepackt."
"Stört mich nicht, auch wenn du überhaupt nichts anhättest", grinste er frech zurück.
Sie lachte "Das hättest du wohl gerne. Du hast gesagt wir sollen schlafen gehen. Schlafen, verstehst du?"
Er murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und zog seine Hose und sein Shirt aus.
Beide hüpften unter die Bettdecke und kuschelten sich aneinander.
Das war es. Das wollte er einfach immer. Gemeinsam mit seiner Liebsten einschlafen. Er roch an ihrem Haar und küsste ihre Halsbeuge.
"Gute Nacht! Ich liebe dich!", flüsterte er.
Sie kuschelte sich noch enger an ihn und erwiderte:
"Ich liebe dich auch!"
Und so schliefen sie gemeinsam ein.

Am nächsten Tag wurde Betty wie immer früher wach als der Wecker aber diesmal lag es nicht an ihrem Talent als menschliche Uhr. Ihr war schlecht, richtig übel war ihr zumute. Sie blickte zu Jughead, der noch tief im Land der Träume war und schälte sich vorsichtig aus der gemeinsamen Bettdecke heraus.
Am Bettrand sitzend atmete sie tief ein und aus. Die Übelkeit verging nicht, sondern stieg immer mehr und mehr an. Plötzlich überkam der Drang sich zu übergeben und sie lief eilig zur Tür. In dem Moment war es ihr egal, ob sie laut war und Jughead dadurch wecken könnte. Sie musste raus aus der Hütte und in die frische Luft.
Betty werkelte hastig an dem Türschloss und als sie endlich die Tür aufbekam, war es schon fast zu spät. Sie schaffte es gerade noch hinter die seitliche Holzwand, einige Schritte entfernt von der Hütte und musste sich auch schon übergeben.

Es dauerte eine Weile bis sie sich wieder gefangen hatte und gerade als sie sich wieder in eine aufrechte Position bringen wollte spürte sie auch schon eine Hand auf ihrer Schulter.
"Kleines, was hast du bloß gegessen?", Gladys Jones blickte sie ernst an "Oder hat es nichts mit Essen zu tun?"
Ihr besorgter Blick löste Panik in Betty aus.
Scheiße!, dachte sie. Scheiße, scheiße, scheiße!
Sie wischte sich den Mund mit dem T-Shirt ab und blickte starr auf den Boden.
"Welches Datum haben wir heute?", ihre Stimme zitterte.
"Den 25.", Gladys hob eine Augebraue "Mädchen, ich würde jetzt mal ganz genau nachrechnen, wenn ich du wäre". Betty wurde schwindelig. Sie hatte wegen des ganzen Chaos in ihrem Leben eine Sache völlig verdängt.
Eine Sache die normalerweise pünktlich wie ein Uhrwerk war.
Das war das I-tüpfelchen ihres Dramas, das sich ihr Leben nannte. Sie fühlte sich beobachtet und blickte an Gladys vorbei nach hinten.
Dort stand Jughead wie angewurzelt.
Er hatte alles mitangehört.



***

***

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Das Flimmern des Fernsehers drang durch die Zwischenräume des mit Holz verbarikadiertem Fenster nach außen. Von drinnen ertönte gedämpftes Gelächter.
Er sieht sich wirklich die Late Night Show an?, dachte Penny und schüttelte den Kopf.
Sie musste für eine Weile aus dem Haus und stand ans Geländer der Veranda gelehnt.
Die Ghoulies waren im Moment nicht sonderlich gut auf sie zu sprechen seit sie einem geflüchteten Serienkiller ungeschränkte Bewegungsfreiheit in ihrem Quartier erlaubt hatte, aber was hätte sie tun sollen. Sie hatten eine Abmachung und an die sollte sie sich besser halten bevor ihm noch Sachen einfielen, die sie ihr Leben kosten könnten.

Er hatte irre Ideen, irrer als ihre eigenen. Sie schreckte nicht vor Mord oder Gewalt zurück aber bei ihr gab es immer eine gewisse Grenze. Sie hielt nichts von sadistischen Spielchen, er war da aber ganz anderer Ansicht.
Sadismus ließ ihn geradezu aufleben.
Das, was er ihr von seinen Plänen mit den Bewohnern von Riverdale erzählt hatte, war nicht viel, doch das was sie wusste, ekelte sie an.
Zuerst aber wurde ihr eigenes Problem erledigt und da auch die Serpents ein Punkt auf seiner Liste waren, vorallem Jughead Jones, war ihr die Zusammenarbeit recht. Sie benötigte Hilfe, und zwar eine Form von Hilfe, die sie von Malachai und seinen Ghoulies nicht erwarten konnte. Sie waren zwar genauso skrupellos wie sie selbst aber im Grunde waren es doch bloß besser Kleinkriminelle. Black Hood aber war in ganz anderes Kaliber.

Sie atmete einige Male tief durch und ging wieder zurück ins Haus. Als er sie durch die Diele gehen hörte, rief er nach ihr. Sie bekam eine Gänsehaut. Niemand wollte lange mit ihm in einem Zimmer verweilen, deswegen schlossen sich einige in ihren eigenen Räumen ein oder aber sie kamen nur mehr für die allernötigsten Gespräche ins Haus und suchten sich anderswo einen Unterschlupf.
"Was willst du?", bluffte sie ihn an.
"Ach, Penny, sei doch keine Spielverderberin. Komm setzt dich her und sieh dir mit mir die Show an, immerhin sind wir doch Geschäftspartner oder nicht?", grinst Black Hood verschwörerisch.
Sie zögerte kurz, besann sich dann aber Gute Miene zum bösen Spiel zu machen und setzte sich.
"Tja wenn wir schon mal hier sind. Wann geht es in die nächste Runde? Du weißt, ich hab's nicht mit Geduld"
"Ja, das ist so 'ne Frauensache. Ungeduld. Ich denke wir könnten morgen Nacht starten, wenn du deine Bande in den Griff bekommen hast", erwiderte er und sah ihr direkt in die Augen.
Was hieß hier Bande in den Griff bekommen?, fragte sie sich.
"Ich habe meine Gang im Griff, mach dir da mal keine Sorge!", zischte sie.
"Ach wirklich? Bist du dir da sicher? Ich denke ich habe auf meinen langen, einsamen Streifzügen in diesem Haus einiges hinter den Türen flüstern gehört. Und das meiste klang mir nicht nach Loyalität", man merkte ihm seine Genugtuung an.
Penny schluckte. Sie hatte sowas in der Art schon befürchtet und sich einen Plan zurechtgelegt. Diese verräterischen Heuchler würden sie nicht unterkriegen.
"Ich brauche keine Gang um meine Pläne zu verwirklichen, ich brauchte nur jemanden der mir bei deinem Fluchtversuch unter die Arme griff. Sie haben ihre Aufgabe erledigt. Sie sind unwichtig für meine weiteren Vorhaben", Penny ließ sie ihren Frust nicht anmerken.
Sie brauchte die Ghoulies zwar tatsächlich nicht, aber sie war es auch Leid immer ausgeschlossen zu werden und vor allem hatte sie den Verrat satt.
"Gut", bemerkte Black Hood. "Dann sind es nur noch zwei", er starrte wieder auf den Fernseher und Penny erhob sich.
"Mach dich bereit. Morgen Nacht kommt der zweite Streich", rief er ihr hinterher aber Penny ignorierte ihn.
Sie wollte einfach nur noch weg.

Wenn sie das alles hinter sich gebracht hatte, kehrte sie diesem scheiß Kaff den Rücken zu.
Aber zuerst musste sie den Plan befolgen.
Sie musste ihr zweites Opfer finden.

Unsere Seelen sind Gleich 🐍❤ *Bughead*- Fertiggestellt 🏁Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt