Es stank fürchterlich nach Tabak. So fürchterlich, dass mir alleine von dem beißenden Geruch Tränen in die Augen traten.
Wie ich ihn hasste.
Er erinnerte mich an diese grässlichen Hauspartys, die ich eigentlich meiden wollte, es aber nie wirklich schaffte. Er erinnerte mich an Bushaltestellen, an denen mehr Dreizehnjährige wussten, wie rum man eine Kippe hält, als Mütter mit Kinderwägen herumstanden. Er erinnerte mich an die Abende, an denen ich auf unserem Balkon saß, ein Buch lesen wollte und vom Qualm, der von unserem Nachbar herüber geweht wurde, husten musste. Und er erinnerte mich an diese eine bestimmte Ecke auf unserem Schulgelände, um die jeder, der nicht in zwielichtige Drogengeschäfte verwickelt werden wollte, einen großen Bogen machte.
Ich hustete, kniff die Augen zusammen und schaute wieder auf.
An der Wand sah ich ein Bild. Ein dunkelbrauner Holzrahmen, das Foto war mal schwarz-weiß. Hässlich. Es war nicht wirklich zu erkennen was darauf abgebildet war, so vergilbt kam es mir vor. Ansonsten war die Wand leer. Weiß und leer.
Mein Kopf schwirrte. Meine Sicht war wie benebelt.
Ich sah mich weiter um. Ein verzweifelter Versuch bei Bewusstsein zu bleiben.
Kleiderstangen. Mit unzähligen quietsch-bunten Röcken und Blusen auf winzigen Metallkleiderbügeln. Fast so, als hätte dieser Wandschrank eher zu einem Clown gepasst und nicht zu meiner Mum, die gerade um ihr Leben kämpfte. Es ist, als gehörte das rote Hemd auf dem Boden nicht meinem Dad, der im Moment versuchte, seine Familie zu beschützen, sondern einem Zirkusdirektor, der im Begriff war, die nächste Nummer anzukündigen. Das Ganze erschien so lächerlich.
Ich kriegte keine Luft mehr.
Sie werden es nicht schaffen. Sie werden sie nicht am Leben lassen. Sie werden sie erschießen. Genauso wie sie denken, dass sie mich erschossen haben.Ich zitterte am ganzen Körper, rieb meine Finger aneinander und versuchte, die schrecklichen Bilder aus meinem Kopf zu verdrängen. Der Drang, mich zu übergeben, wurde plötzlich überwältigend groß. Ich würgte und atmete heftig, als sich der säuerliche Geschmack in meinem Mund ausbreitete. Wieder nahm ich den brennenden Geruch durch die Ritzen der Schranktüren wahr.
All das geriet aber in den Hintergrund, als Warren mir sein verschwitztes T-Shirt auf den Bauch drückte. Ich schrie auf. Panisch presste er seine Hand auf meinen Mund.
„Sei still Skyla!", fuhr er mich an. Rasend schnell tränkte sich das schwarze Stück Stoff mit meinem Blut.
„Fuck!", stöhnte Warren.
Es brannte. Meine Atmung beschleunigte sich, meine Haut war nass. Ich starrte mit aufgerissenen Augen gegen die Wand, wehrte mich nicht, als er grob nach meinem Handgelenk griff, um meinen Puls zu fühlen.
Er ging rasend schnell, das merkte ich auch ohne hinzufassen, doch auf einmal wurde mein Arm ganz schwach. Warren legte ihn vorsichtig auf seinen Schenkel. Es schien, als würde ich vor Schmerzen fast ohnmächtig werden.
Warren beugte sich zu mir hinunter, um schweißnasse Haarsträhnen aus meinem Gesicht zu befördern. Es war widerlich. Die Kleidung klebte uns am Körper, unsere Gesichter waren mit Staub und Dreck verschmiert.
„Halte durch Sky. Ich bin bei dir.", flüsterte Warren gegen meine Stirn.
Mit einem Mal sah sein ganzer Körper schwach und müde aus, verbraucht von den letzten zwei Stunden.
Ich schlug die Hände vor mein Gesicht und atmete ein und aus. Ich sagte mir, dass ich ruhig bleiben muss, dass alles gut werden würde, dass ich nicht in dieser seltsamen Art von Kleiderschrank verbluten werde, dass sie uns hier nicht finden können. Dass meine Eltern noch am Leben sind wenn ich hier raus komme.
„Tief ein und aus atmen. Komm schon, wir müssen deinen Puls senken.", sagte er mir so ruhig wie es geht und atmete selbst langsamer. Mein Herz schlug immer noch unglaublich schnell, doch jetzt sah er mir in die Augen und ich versuchte gegen den Atemreflex anzukämpfen. Ich bemühte mich, ihn klar anzuschauen und schluckte, um meine Tränen zurück zu halten. „Warren, bitte bleib bei mir.", schluchzte ich und konnte nicht verhindern, dass mir doch eine Träne über die Wange lief. Mit letzter Kraft zog ich ihn zu mir herunter und drückte meine Lippen unter seine feuchten Augen. „Immer.", flüsterte er in mein Ohr und nahm meine Hand. „Solange mein Herz schlägt."
Plötzliche hörte ich Schritte und ein paar gedämpfte Stimmen, die immer lauter wurden. Warren presste sein Shirt stärker auf meine Wunde und zischte leise.
Dann ging alles ganz schnell. Die Tür öffnete sich. Ein Maskierter richtete seine Waffe auf mich. Ich blickte direkt in den schwarzen Lauf.
Es war, als könnte ich in ihm bis in die Hölle blicken, so dunkel schien es dort zu sein.
Im Bruchteil der nächsten Sekunde, wurde die Waffe von mir weggedreht und direkt neben mich gerichtet.
Ein Finger drückte den Abzug, es ertönte ein Knall.
Warrens Kopf landete auf meinem Bauch.
Ein gellender Schmerz durchfuhr mich, ließ mich nur kurz zucken, denn dann wurde mir schlagartig schwarz vor Augen.
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Black and White ||
Teen Fiction„Herein trat ein Wunder der Natur, eine Kopie des Calvin Klein Unterwäsche Models von Seite Zwei des Fashion Magazins, ein perfekt proportionierter Körper steckte in noch perfekteren ausgewählten Kleidungsstücken.Schwarze Sneaker, dazu schwarze, zer...