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Meine Antwort ging in einem ohrenbetäubenden Krachen unter, welches uns beiden zu meinem Entsetzen ziemlich nah war. Wir blickten wie zur Salzsäule erstarrt zu meiner Zimmertür, die das einzige Hindernis zwischen uns und der Ursache des Lärms darstellte. Elias kam zuerst wieder zu sich und schob seinen Körper langsam vor meinen - wahrscheinlich, um im Falle eines Angriffs eine Art Schutzschild für mich zu sein. Beinahe hätte ich gelacht, denn was auch immer das Krachen verursacht hatte, war, den dröhnenden Schritten nach zu urteilen, ziemlich schwer - ganz im Gegensatz zu ihm. Vorsichtig rückte Elias näher an mich heran und griff mit ruhigen Fingern nach meiner Hand, drückte sie kurz und hielt dann still. Mehrere Herzschläge verstrichen in vollkommener Stille. Ich bemühte mich, meine hektischen Atemzüge unter Kontrolle zu bekommen, doch da splitterte die hölzerne Zimmertür unterhalb der Klinke und gab den Blick auf eine krallenbesetzte, massige, schwarze Pranke frei. Mit einem heiseren Knurren wurde sie zurückgezogen und kurz darauf rammte ein massiver Körper die Tür, welche wie ein Zahnstocher unter dem Gewicht nachgab. Zum Vorschein kam eine unförmige Gestalt, die ein wenig an die Wasserspeier, welche an manchen Kirchen angebracht wurden, erinnerte. Sie besaß einen humanoiden Körperbau, doch bewegte sich gänzlich anders als wir. Wie gelähmt ließ ich meinen Blick weiterschweifen. Über den knochigen Rücken, der, uns zugewandt, in einem langen Schweif endete. Über die Rippen, die unter der ledrigen Haut wie eine kantige Hügellandschaft herausstachen. Hinauf zum sehnigen Hals, auf dem ein seltsam geformter Kopf saß. Die gesamte Wirbelsäule war mit spitzen, gebogenen Stacheln überzogen. Bevor ich einen ansatzweise klaren Gedanken fassen konnte, packte Elias jedoch meinen Arm, rannte zum Fenster und schleuderte einen Ball auf das Monster. Einen Ball aus...Licht? Allerdings hatte ich auch hier nicht viel Zeit, all diese Eindrücke wirklich wahrzunehmen, da ich kurz vor dem besagten Fenster mit einem Ruck zum Anhalten gezwungen wurde.

"Spring da raus!", brüllte Elias über das laute Geschrei des Monsters hinweg und stellte sich in einer beschützerischen Haltung vor mich. Als ich jedoch nicht reagierte, drehte er sich wieder um, öffnete geübt das Fenster, umfasste meine Hüfte mit einem Arm und sprang mit mir zusammen ins Freie. Welches sich in einer Höhe von drei Metern befand. Schon öffnete ich den Mund, um zu schreien, doch da fing auch schon ein zu einer Rampe geformter Erdhügel unseren Fall ab und wir rollten bis auf die Wiese hinab. Ehe ich wirklich verarbeiten konnte, was soeben geschehen war, griff Elias erneut nach meiner Hand und zog mich weiter nach vorne.

"Warte!", rief ich entrüstet. "Meine Familie ist da noch drin!"

"Erstens: Bestimmt nicht." Ruckartig zog er mich zur Seite, nur um darauf selbst einen Hechtsprung nach vorne zu machen. Keuchend kam er wieder auf die Beine und schubste mich weiter. Auf der Stelle, auf der wir uns befunden hatten, prangte ein ziemlich tiefes, dunkel qualmendes Loch. "Zweitens: Ich weiß ja nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich will diesen Tag gerne noch überleben!"

Ehe ich noch weiter widersprechen konnte, rief er mir weitere Anweisungen zu, von denen ich allerdings nur die Hälfte verstand, da mein eigener Herzschlag und meine keuchende Lunge beinahe alle äußeren Geräusche übertönten. Dies schien er zu merken und deutete dann auf einen kleinen Erdhügel in ungefähr dreihundert Metern Entfernung. Das musste unser Ziel sein. Allerdings hatten wir schon jetzt eine - zumindest für mich - beträchtliche Strecke zurückgelegt und ich merkte, wie langsam, aber sicher meine Muskeln verkrampften. Auch meine Lunge meldete sich erneut zu Wort und mir wurde schlecht. Hätte ich gewusst, dass wir knapp sechshundert Meter sprintend zurücklegen würden, hätte ich schon vor Monaten an meiner Kondition gearbeitet, statt jeden Tag in meinem kuscheligen Bett zu liegen und zu lesen. Außerdem gab Elias eine Geschwindigkeit vor, bei der ich selbst in einer guten Phase nicht lange mithalten konnte. Schlussendlich blieb ich auf dem halben Weg stehen und presste eine Hand gegen meinen Bauch. Mir war schlecht und schwindelig und ich hatte das Gefühl, meine Lunge würde gleich kollabieren. Keine guten Voraussetzungen für eine überstürzte Flucht. Die natürliche Selektion würde dann wohl den Rest erledigen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 28, 2023 ⏰

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