💎 𝒕 𝒘 𝒆 𝒍 𝒗 𝒆

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𝐒𝐞𝐮𝐧𝐠𝐦𝐢𝐧

"Wieso hast du uns nichts davon gesagt?", wollte Felix schon zum tausendsten Mal seit der Pause wissen. Genervt seufzte ich und schrieb weiter auf, was die Lehrerin uns sagte. Wir hatten gerade Biologie und da ich in diesem Fach nicht wirklich der Beste war, wollte ich mich auf den ganzen Mist hier konzentrieren und nicht mit meinen Freunden reden. Würden sie endlich mal von mir ablassen und mich nicht mehr so versuchen auszufragen, wäre das sicherlich auch möglich, aber nein, das war ja zu viel verlangt.

"Wie gesagt, es ist nicht von Bedeutung", seufzte ich bloß und verdrehte meine Augen. Auf dem Weg hierher hatte ich den beiden bereits erklärt, dass ich mich nicht mit Hyunjin angefreundet hatte. Wir hatten nur eine Begegnung nach dem Spiel letztens und uns dadurch eben kennengelernt, doch die beiden machten daraus so ein riesiges Drama. Als wäre ich auf einmal auch beliebt geworden.

"Doch, natürlich ist es wichtig! Seungmin, das ist Hwang Hyunjin, der Schulprinz, über den wir gerade sprechen", widersprach mir Jeongin und schaute mich aus großen Augen an. "Hyunjin spricht nicht mit jedem einfach so und erst recht kommt er nicht auf jemanden zu, damit sich seine Freunde entschuldigen! Er ist so ein Engel, so herzensgut und toll", schwärmte er weiter und legte nun seinen Kopf auf dem Tisch ab, um verträumt in die Luft zu starren. Leise seufzte ich und schnipste ihm gegen die Stirn, damit er endlich aufhörte. Ich konnte so etwas nicht leiden.

"Er ist auch nur ein Mensch mit Problemen und Fehlern und er ist ganz bestimmt nicht perfekt", knurrte ich. Es klang harscher, als ich es meinte, weil ich gerade nicht aus Verachtung sprach, sondern weil ich nicht wollte, dass man dieses Bild von Hyunjin mit sich trug. Ich hatte - wahrscheinlich als Einziger - gesehen, welche Lasten er ertragen musste und wie schlecht es ihm ging, wie er wirklich zusammengebrochen war. Das zeigte klar genug, dass er nicht perfekt war und diese Erwartungen, die man in ihn setzte, nur mühevoll erfüllen konnte. "Hört auf, so etwas von ihm zu behaupten. Versteht ihr denn nicht, wie viel Druck das bei ihm auslöst?"

Ungläubig starrten mich meine Freunde an und erst jetzt registrierte ich, was ich soeben gesagt hatte. Ich hatte ihn verteidigt, ich hatte meine Freunde angemotzt, damit sie von ihm abließen und ihm seinen Freiraum ließen, obwohl er nicht einmal hier war. Und ja, ich machte mir sogar ein wenig Sorgen um seinen Zusammenbruch, weil ich - obgleich ich es erst ignorieren wollte - nicht aufhören konnte darüber nachzudenken, was wohl mit ihm los war und aus welchem Grund er die Luft angeschrien hatte.

"Sicher, dass ihr keine Freunde seid?", wollte Felix nun zaghaft wissen und musterte mich unsicher, jedoch schüttelte ich energisch meinen Kopf. Wir waren keine Freunde und das würden wir auch niemals sein. Das würde auch überhaupt nicht möglich sein und ich hatte absolut keine Lust darauf, sein kleines Maskottchen zu werden. Auch wenn ich innerlich wusste, dass mich Hyunjin wahrscheinlich niemals ungerecht behandeln würde. Jedenfalls nicht freiwillig.

"Nein. Und jetzt kriegt euch endlich ein, ich will den Dreck hier lernen und nichts mehr über Hyunjin hören. Zumal ihr beide sowieso für vollkommen andere Personen schwärmt, also fixiert euch mehr auf diese und nicht mehr auf ihn!", verlangte ich streng und warf beiden einen warnenden Blick zu. Sie zogen rasch ihre Köpfe ein und folgten brav meiner Aufforderung, allerdings beugte sich Felix zu Jeongin und ich vernahm leise, wie er ihn fragte, ob ich wohl etwas mit Hyunjin am Laufen hatte. Daraufhin verdrehte ich leicht meine Augen, beschloss aber, die beiden einfach auszublenden und mich stattdessen wieder auf den Unterricht zu konzentrieren, so wie ich es die ganze Zeit schon wollte.

Und dennoch konnte ich nicht aufhören, über Hyunjin und sein merkwürdiges Verhalten nachzudenken.

𝐕𝐨𝐢𝐜𝐞𝐬 ✦ 𝖲𝖤𝖴𝖭𝖦𝖩𝖨𝖭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt