💎 𝒕 𝒘 𝒆 𝒏 𝒕 𝒚

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𝐒𝐞𝐮𝐧𝐠𝐦𝐢𝐧

Noch immer etwas unsicher, was ich von Hyunjins Idee halten sollte, folgte ich ihm durch die Straßen und beobachtete ihn dabei, wie er nach einem geeigneten Platz für Fotos suchte. Wieso er so enthusiastisch und fröhlich war, konnte ich absolut nicht nachvollziehen. Wenn es nach mir ging, hätte er dieses Treffen auch einfach vergessen können und gar nicht auftauchen brauchen. Das wäre für alle Beteiligten besser gewesen.

Dennoch folgte ich ihm, da ich ihm in Einem leider recht geben musste: Ich liebte es, Dinge zu fotografieren. Auch Menschen konnten geeignete Motive für Fotos werden und wenn ich das mal so erwähnen durfte, Hyunjins Auftreten war einfach nur perfekt für die Kamera. Ich glaubte, nein, ich war mir sicher, dass jedes einzelne Bild ein Erfolg werden würde und ich keinen einzigen schlechten Winkel finden können würde.

Aber trotzdem war es Hyunjin, den ich fotografieren würde. Der Junge, von dem ich mein ganzes Leben lang einfach nur hatte Abstand halten wollen.

Ich umgriff meine wertvolle Kamera etwas fester und atmete einmal tief durch, hinterfragte wieder, was in aller Welt mich dazu antrieb, mich mit Hyunjin abzugeben und seine Anwesenheit in meiner Nähe zu akzeptieren. Noch immer hatte ich nicht wirklich Lust auch ihn, wenngleich ich gestehen musste, dass ich womöglich jeden Tag darüber nachdachte, was es mit ihm auf sich hatte. Der Tag seines Zusammenbruchs ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Und noch weniger verstand ich, wieso er ausgerechnet meine Nähe seither suchte und mir zu vertrauen schien.

Was war an mir so besonders?

Leicht schüttelte ich meinen Kopf, um diese Gedanken in eine Ecke meines Gehirns zu verbannen und lehnte mich an eine Mauer, während ich Hyunjin dabei zusah, wie er über ein blühendes Stück Wiese lief und mit großen Augen alles betrachtete. Er schien ganz und gar fasziniert von dieser Gegend zu sein, so als wäre er noch nie zuvor an einer grünen Fläche mit ein paar vereinzelten, kleinen, unscheinbaren Blumen vorbei gelaufen und drehte sich mit einem breiten Lächeln schließlich zu mir.

"Hier möchte ich Fotos machen", verkündete er mir, weshalb meine rechte Augenbraue in die Höhe wanderte und ich ihn einfach stumm musterte. Doch da ich ihm nicht widersprechen wollte, seufzte ich einfach leise und hob meine Kamera an, um sie einzuschalten und geeignete Vorkehrungen zu treffen. Die Bilder sollten perfekt werden, sie sollten ihn umhauen und seine Schönheit zum Vorschein bringen. Das war mein Ziel, welches ich heute erreichen wollte. Darum musste alles stimmen und einfach perfekt sein.

"Wie du willst. Lauf einfach ein wenig herum und such dir ein paar Posen aus. Es muss ungezwungen sein", wies ich ihn mehr oder weniger an und richtete meine Kamera auf ihn. Langsam bewegte ich sie und verfolgte jede einzelne von Hyunjins Bewegungen, achtete darauf, stets die richtige Höhe zu behalten und ihn gut auf den Bildern einzufangen. Gelegentlich drückte ich auf den Auflöser, sobald ich zufrieden mit meinen Einstellungen war, doch je mehr Zeit verging, desto häufiger drückte ich auf den kleinen Knopf und begann sogar wirklich, herumzulaufen und mir neue Positionen zu suchen.

Niemals hätte ich gedacht, dass Hyunjin so viel Modelpotenzial hatte, allerdings gelang es ihm, mich durch die Kamera hindurch umzuhauen, er faszinierte mich mit seiner Schönheit und seiner Ausdrucksweise, mit seinen Posen und seinen Haltungen. Ich konnte nicht aufhören, Bilder zu machen und langsam setzten wir unseren Weg fort, liefen an den Straßenlaternen und den Häusern vorbei zum Park, wobei ich nicht einmal meinen Platz hinter der Kamera verließ. Ich war völlig in meinem Element.

Zumindest, bis mir meine Kamera sagte, dass mein Speicherplatz bald voll war.

Genervt schnalzte ich einmal mit meiner Zunge und drehte mich etwas von Hyunjin weg, ging auf die Galerie und schaute mir die alten Fotos an. Eigentlich sollte ich sie alle bereits irgendwo abgespeichert haben, deshalb würde ich viele von ihnen ohne Bedenken löschen können und tat das auch. Aber noch während ich mich so von Hyunjin abgewandt hatte und nicht ein einziges Wort dabei gesagt, hörte ich auf einmal leise, wie er jemandem etwas zuzischte, was ich beinahe nicht verstand und drehte mich verwundert um. Doch dabei stellte ich fest, dass niemand bei ihm war und er wieder angefangen hatte, mit der Luft zu sprechen.

"Sei endlich still! Ich hab dir bereits gesagt, dass ich heute nicht auf dich hören werde!"

𝐕𝐨𝐢𝐜𝐞𝐬 ✦ 𝖲𝖤𝖴𝖭𝖦𝖩𝖨𝖭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt